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Die Kugel und das Opium

Die Kugel und das Opium

Titel: Die Kugel und das Opium Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liao Yiwu
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»Die wundersame Wechselwirkung von Parfüm und Gefühl« – ich kam aus dem Stöhnen gar nicht mehr heraus. Wenn ich in diesem rasanten Tempo jeden Tag drei Texte auswerfen würde, müsste ich doch nach drei Jahren ein gemachter Mann sein!
    Aber die Begeisterung für diesen Pfusch hielt nur ein paar Monate, dann hielt ich es nicht mehr aus. Aber das Geld kam schnell, die drittklassigen Zeitschriften zahlten das Drei- bis Vierfache reiner Literaturzeitschriften; ich konnte in einem Monat sieben-, achttausend Yuan verdienen. Sieben-, achttausend Yuan von 1993 wären heute zehn-, zwanzigtausend.
    LIAO YIWU:
    Na, dann ging es ja deiner kleinen Familie gar nicht so schlecht.
    LI QI:
    Xiao Xiaos Verhalten mir gegenüber hat sich auch verändert, außerdem hat sie immer wieder betont, dass ich mein Potential bei weitem noch nicht ausgeschöpft hätte. Ich hätte so viele Bücher gelesen, ich könnte das, was in diesen Büchern stehe, doch einfach ein bisschen abändern und umfrisieren, es mit ein paar modischen Zutaten würzen und so aus einem Manuskript nicht drei, sondern zehn, zwanzig Veröffentlichungen machen. Ich erinnere mich, als Ende 1992 das Postamt um Subskriptionen für Zeitschriften warb, ist sie eigens hingelaufen, um ein Verzeichnis der ganzen Zeitschriften zu kaufen und sie eine ganze Nacht lang durchzugehen und anzustreichen.
    LIAO YIWU:
    Dann hast du es nach der etablierten Methode gemacht, wie es heißt, hat der »Herzensfreund« in Wuhan und »Der Hausarzt« in Guangzhou pro Zeichen einen Kuai eingebracht.
    LI QI:
    Ich bin doch keine Maschine, ich habe es satt, verdammt. Damals war ich wie du, da hatte ich noch so etwas wie Geist in mir. Wie viele Jahre habe ich die reine Literatur gesucht, wie viele berühmte Werke der Weltliteratur habe ich gelesen, wie habe ich mit van Gogh und Gauguin um ihre Kunst gelitten! Ich weiß, was Müll ist und was nicht. Was ich zu Papier bringe, ist Müll, ich kann mich selbst nicht mehr ausdrücken.
    LIAO YIWU:
    Mach keine Witze.
    LI QI:
    Glaubst du mir etwa nicht?
    LIAO YIWU:
    Ich glaube kein Wort, du schaust jetzt auch nicht mehr an das andere Ufer zurück. Genau wie XXX , ein herausragender Lyriker, aber jetzt macht er ihnen schon seit über zehn Jahren den Schreiberling, hat sich in Chengdu ein Haus gekauft und sich niedergelassen und gibt alles für seine Frau und seine Kinder. Er hält das Aneinanderreihen von Schriftzeichen für Arbeit, er hat kein schlechtes Gewissen.
    LI QI:
    Ich bin nicht XXX , der mit der einen Hand Müll und mit der anderen Lyrik schreibt. Ich versuche dem zu entkommen, ich habe mit Xiao Xiao über eine Veränderung gesprochen, wir könnten das Kind zur Schwiegermutter geben, zusammen nach Chengdu gehen und die Welt erobern. In den 80 er Jahren hieß Chengdu ja noch das »Yan’an der modernen Poesie«, da waren ein paar Generationen von berühmten Literaten, die türmten sich hier höher als die Kais von Chongqing. Wir haben uns eine Wohnung in der Gegend der Mozi-Brücke gemietet. Als ich mich erkundigte, wusste ich, dass dieses Yan’an nicht das gelobte Land war, die Dichter waren zu hundert Prozent in die freie Wirtschaft gegangen. Sie betrieben Firmen, Nachtclubs, sie machten Bücher, betrogen, man kann sagen, jeder zeigte, was er draufhatte.
    Xiao Xiao hatte bei den
Freuden der Hauptstadt
schnell eine Arbeit gefunden und war ausgesprochen zufrieden damit. Das ist eine Halbmonatszeitschrift, die von der dritten Generation der Lyriker herausgegeben wird, außer allem möglichen modischen Schnickschnack gibt es darin auch Informationen und Anzeigen. Die Redaktion saß in einem ebenfalls von irgendwelchen Lyrikern der dritten Generation gemanagten Nachtclub. Es war einer der ersten Orte dieser Art in der Stadt und hat sich im Umkreis damit einen Namen gemacht, dass es viele Hühner gibt und wenig Freier.
    LIAO YIWU:
    Hattest du denn eine ruhige Minute, wenn Xiao Xiao dort war?
    LI QI:
    Nach meiner Entlassung im Oktober 1990 hat sie mich über drei Jahre regelrecht als Sklaven gehalten, als sie jetzt in der Redaktion anfing, war der Gegenstand ihres ersten Manuskripts natürlich ich. Sogar, ob ich zu sorglos war oder nicht, was ich auf keinen Fall ansprechen durfte, damit mein Hausdrache nicht provoziert wird.
    LIAO YIWU:
    Das ist das Schicksal, wenn man für die eigene Frau arbeitet.
    LI QI:
    Ich hatte jedenfalls schon die Nase voll. Ich bin oft alleine weg, um meinen Kummer zu ertränken. Xiao Xiao habe ich vorgelogen, ich wolle meine

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