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Die Kunst des Sterbens: Thriller (German Edition)

Die Kunst des Sterbens: Thriller (German Edition)

Titel: Die Kunst des Sterbens: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chris Morgan Jones
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um durch die Sicherheitskontrolle zu kommen, und zehn weitere, um die Maschine zu finden und zu besteigen. Das war machbar – für jemanden, der mit einem gültigen Pass das Land verließ und nicht von der Polizei behelligt wurde. Dann war das machbar.
    Während Webster sich fragte, ob die Marokkaner ahnten, dass Qazai zum Flughafen unterwegs war, und letztlich zu dem Schluss kam, dass er das sowieso nicht herausfinden konnte, forderten die Hitze und die Wagenfederung von Qazai, der gekrümmt und zusammengesackt mit fest geschlossenen Augen gegen die Tür lehnte, ihren Tribut. Anderthalb Kilometer vor dem Flughafen spürte Webster eine Hand auf seiner Schulter, und er wusste sofort, was das zu bedeuten hatte.
    »Driss. Halt an. Sofort. Und wenn du schon dabei bist, öffne das verdammte Fenster.«
    Doch zu spät. Qazai beugte sich vor, und ein Schwall wässriger Kotze schoss aus seinem Mund auf seine Hose, auf die Rückseite von Driss’ Sitz und auf Websters Schuhe. Die Kotze stank nach Alkohol. Als der Wagen am Straßenrand langsamer wurde, beugte Webster sich hinüber und öffnete Qazais Tür und versuchte sie aufzuhalten.
    »Da raus. Nach draußen.« Während die anderen Autos an ihnen vorbeirasten, schob er Qazai mit seiner freien Hand in die entsprechende Richtung. »O Mann, dann können Sie auch gleich den Rest ausspucken.« So etwas hatte Webster bisher nur für seine Kinder getan.
    Driss hatte sich auf seinem Sitz umgedreht und schaute mit einem Ausdruck gequälten Bedauerns dabei zu.
    »Tut mir leid«, sagte Webster. »Ich bezahl das. Kannst du es auf meine Rechnung setzen?« Driss verzog das Gesicht, seufzte und wandte sich wieder der Straße zu.
    Webster klopfte Qazai auf den Rücken. »Sind Sie fertig? Sie sind fertig. Also los. Fahren wir.«
    Um zwanzig nach zwölf bog Driss auf das Flughafengelände und drosselte das Tempo, bis er vor einem Tor mit der Aufschrift Privatflüge hielt. Webster wusste nicht so recht, was ihn dort erwartete. Und das Gleiche galt wohl auch für die Flughafenangestellten, dachte er: Es war kaum vorstellbar, dass er und Qazai – bandagiert, verdreckt, ramponiert und stinkend – zusammen auch nur einen Bus bestiegen, geschweige denn ihre Privatmaschine.
    »Driss«, sagte er, »danke. Ich schulde dir was.«
    Sie gaben sich die Hände.
    »Das tust du«, sagte Driss.
    »Man kann ja nie wissen«, sagte Webster, »vielleicht rufe ich dich in einer halben Stunde aus dem Gefängnis an. Sag deiner Mutter ein Dankeschön von mir und sag Youssef, er soll sich ein paar neue Klamotten kaufen. Er zahlt.« Er nickte Richtung Qazai, der es geschafft hatte, allein aus dem Wagen zu steigen, und jetzt am Bordstein tief Luft holte.
    Im Gebäude war es kühl und ruhig. Hier gab es weder Touristen noch Trolleys noch Taxifahrer: lediglich einen einzelnen Check-in-Schalter und zwei Flughafenangestellte, einen Mann und eine Frau, die offensichtlich sehr wenig zu tun hatten. Indem Qazai sich extra lang machte – um möglichst würdevoll zu erscheinen –, erklärte er ihnen auf Französisch, wer er war, und zeigte seinen Pass. Die Frau tippte etwas in ihre Tastatur, fragte, ob sie Gepäck aufzugeben hätten, und druckte ein Papier aus, auf dem stand, dass seine Maschine auf Stellplatz dreiundzwanzig wartete. Sie musterte sie kaum, und Webster wurde klar, was er in seinem Pessimismus nicht bedacht hatte: dass Vermögen jede Frage überflüssig machte. Hatte man für seinen Privatjet bezahlt, konnte man, wenn man wollte, nackt damit fliegen. Sie wollten nicht mal Websters Pass sehen, und für einen Moment war er voller Hoffnung.
    Aber selbst Milliardäre und ihre Gäste müssen die Einwanderungsstelle passieren, und als sie die Flure zu ihrem Gate hinuntergingen, wurde ihnen der Weg von einem Scanner versperrt, hinter dem sich eine Glaskabine befand, in der ein marokkanischer Grenzbeamter saß. Als Webster seine Taschen leerte, zählte er vorsorglich sein Geld – Senechals Geld, um genau zu sein. Eintausendsechshundert Dirham; hundertachtzig Dollar. Das müsste reichen.
    Während er seine Sachen wieder einsammelte, flüsterte er in Qazais Richtung: »Lassen Sie mich vorgehen.« Dann packte er ihn am Oberarm und führte ihn zur gelben Linie, wo sie einen Moment stehen blieben und darauf warteten, dass der Beamte den Kopf hob. Auf sein Nicken hin traten sie näher. Websters Atem wurde schneller, und sein Herz pochte jetzt heftiger. Er wollte sich lieber nicht vorstellen, was passierte, wenn das hier

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