Die Kunst des Sterbens: Thriller (German Edition)
Dann hat man ihn anscheinend in die Zentrale abberufen und ihm eine neue fiese Aufgabe gegeben, um für die Revolutionsgarde Geheimdiensttätigkeiten zu übernehmen. Regimekritiker zu überwachen. Aufstände niederzuschlagen. Offensichtlich arbeitet er vorwiegend in Dubai.«
Webster saß aufrecht im Bett, er hatte jetzt einen klaren Kopf.
»Wissen wir, was für ein Mensch er ist?«
Constance lachte. »Ein echter Charmeur, Ben, ein Familienmensch, er leitet den Round Table in seinem Viertel und spendet für wohltätige Zwecke. Was zum Henker glaubst du wohl, was für ein Mensch er ist?«
»Lass gut sein.«
»Tut mir leid. Du musst nur wissen, über ihn gibt es praktisch keine Informationen. Die meisten stammen aus einer einzigen, ziemlich lückenhaften Quelle. Aber er ist gut in dem, was er tut. Er macht das schon sehr lange, und der Job in Paris ist der einzige, bei dem er seine Visitenkarte hinterlassen hat. Und er ist einer von der alten Garde. Offensichtlich steht er eher dem Ajatollah nahe als Ahmadinedschad. Das neue Regime ist skeptisch, was seinen langen Auslandsaufenthalt betrifft, weil er da den unzähligen Versuchungen des Westens ausgesetzt war. Man fürchtet, er könnte seinen revolutionären Eifer verlieren. Aber ich habe den Eindruck, dass sie sich deswegen keine Sorgen zu machen brauchen.«
»Das war’s?«
»Das ist alles, mein Freund. Und es hat seinen Preis.«
»Spuck’s aus.«
»Meine Freunde möchten sich mit dir über Darius Qazais Vermögen unterhalten.«
»Gerne. Aber sie sollten sich besser beeilen. Sonst bin ich nicht mehr am Leben.«
Constance lachte spöttisch. »Die haben nicht die geringste Absicht, dich zu töten. Sie wollen dir lediglich Angst einjagen.«
»Das hat auch geklappt.«
Zahak Rad. Webster konnte ihn deutlich vor sich sehen, ein Ausbund an Kraft und Bösartigkeit, wie er in den letzten dreißig Jahren unaufhaltsam seinen mörderischen Weg gegangen war.
25
Der Dienstag ging vorüber, der Mittwoch brach an. Die Maschine der Amerikaner sollte früh landen, mit einer ganzen Horde Mitarbeiter: Geschäftsführer, Finanzchef und Leiter der Rechtsabteilung, und im Schlepptau all der Chefs ein Trupp Anwälte. Um zehn würde Qazai seinen eigenen Anwalt treffen, am Mittag seine Bezwinger – das waren sie zweifellos für ihn –, und bereits vorher um acht Webster, der darauf bestanden hatte, dass sie zusammen zu Tabriz gingen, weil er Qazai schlicht und einfach nicht zutraute, die Sache durchzuziehen und seine Firma wirklich loszulassen.
In der Mount Street drückte Webster auf die Klingel, und irgendwo in den Eingeweiden des Hauses läutete eine Glocke. Die Tür wurde sofort geöffnet, und vor ihm stand Qazais Sicherheitsmann; Webster wollte schon eintreten, da versperrte ihm der Mann mit seinem massigen Körper den Weg.
»Kann ich Ihnen helfen, Sir?«
Webster hielt inne, bevor er antwortete, und schaute einige Zentimeter nach oben, in die unbeweglichen Augen des Sicherheitsmannes. »Ich bin hier, um mich mit Mr. Qazai zu treffen. Er erwartet mich.«
»Mr. Qazai ist momentan nicht zu Hause, Sir. Ich fürchte, Sie müssen wiederkommen, wenn er da ist.«
Webster schloss die Augen und schüttelte kaum merklich den Kopf.
»Ich bin um acht mit ihm verabredet. Und jetzt ist es acht. Er wird jeden Moment zurück sein.« Eine Pause. »Lassen Sie mich jetzt rein. Bitte.«
»Ich bin nicht befugt, irgendjemanden hereinzulassen, solange Mr. Qazai nicht im Haus ist. So lauten meine Anweisungen.«
»Wann hat er es verlassen?«
»Das darf ich Ihnen nicht sagen, Sir.«
»Hat er den Wagen genommen? Ist sein Chauffeur hier?«
Keine Antwort. Webster starrte weiter in das quadratische Gesicht des Mannes und gab sich größte Mühe, seine Verärgerung zu unterdrücken.
»Ich möchte mit Ava sprechen. Miss Qazai.« Der Sicherheitsmann reagierte nicht. »Können Sie sie bitte für mich holen?«
»Ich fürchte, es ist mir nicht gestattet, Leute ohne Termin ins Haus zu lassen, Sir.«
»Dann rufen Sie sie«, sagte Webster langsam, als würde er mit einem Kind reden, »dann kann sie runterkommen, und dann können wir einen Termin machen, und dann können Sie mich reinlassen. Was halten Sie davon?«
Der Wachmann sah ihm direkt in die Augen, bevor er antwortete. »Miss Qazai ist nicht hier. Sir. So wie’s aussieht, sind Sie ganz allein.« Mit provozierender Gelassenheit schloss er die Tür.
Webster unterdrückte einen Fluch, zog sein Handy aus der Tasche und wählte Qazais Nummer.
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