Die Kuppel des Himmels: Historischer Roman (German Edition)
Als Erinnerung an unsere Liebe.«
57
Rom, Anno Domini 1547
Gian Pietro Carafa klopfte freudig das Herz im Leib, denn er hatte endlich Beweise in der Hand. Ein Priester aus Morones Diözese hatte sich selbst der Inquisition ausgeliefert und von geheimen Zusammenkünften von Ordensleuten und Priestern in Modena und Lucca gesprochen, die der Kardinal Morone deckte. Das musste er umgehend dem Papst berichten!
Er traf Paul III. in der Capella Paolina an. In Gedanken versunken stand der Papst vor Michelangelos Bild, das die Bekehrung des Saulus zeigte.
»Es stimmt nicht«, rief Carafa, während er auf ihn zueilte. »Paulus war viel jünger, als er das Damaskuserlebnis hatte!« Paul III. wandte sich ihm zu.
»Ach, Gian Pietro. Darum geht es doch gar nicht! Ist es nicht schön zu sehen, dass auch ein alter Mann noch umkehren und seine Irrtümer erkennen kann? Es stimmt mich fröhlich, und weißt du auch, warum?« Der Papst sah seinen Großinquisitor schmunzelnd an und tippte sich mit dem Zeigefinger an die Schläfe. »Es zeigt, dass diese wunderbare Maschine bis zum Ende funktioniert. Wir sind nicht dazu verdammt, dass uns der Altersschwachsinn überkommt. Bis zum Ende vermögen wir Gottes Willen zu erkunden. Bis zum Ende, Gian Pietro.«
»Heiliger Vater, ich habe hier das Geständnis eines Ketzers, dass sich die Lutheraner in Morones Diözese unter seinem Schutz zusammenrotten!«
Der Papst maß seinen Mitarbeiter mit einem langen Blick. »Wir danken dir, Gian Pietro. Du bist ein braver Soldat Christi. Verhafte die Häretiker, und wer sich nicht bekehren will oder sich schon einmal bekehrt hat und rückfällig geworden ist, den verbrenne! Aber, Gian Pietro, Giovanni Morone rührst du nicht an! Er ist ein gottesfürchtiger Mann.« Er wies mit den Augen auf Saulus, der zum Paulus wurde. »Er ist auf dem gefährlichen Weg der Wahrheit. Ihm kann Erleuchtung zuteilwerden. Also versündige dich nicht!«
Kardinal Carafa erkannte, dass er sich trotz allem nicht umsonst gefreut hatte: Er durfte mit Feuer und Schwert gegen die Ketzerei in Lucca und Modena vorgehen, und Morone durfte ihn nicht daran hindern. Auch wenn der Papst seinen verhassten Amtskollegen noch schützte, kam er doch viel näher an ihn heran. Eines Tages, ja eines Tages … Ein Lärm, der vom Eingang herkam, riss ihn aus seinen Gedanken.
»Was ist da los?«, fragte der Pontifex stirnrunzelnd. Der Kammerdiener erschien und meldete ihm, dass der Maler Michelangelo ihn sprechen wolle und sich nicht abweisen lasse. Mit einem Wink bedeutete Paul III., den Künstler hereinzubitten. Kardinal Carafa blickte den Stellvertreter Christi forschend an, konnte aber keine Regung in dessen Gesicht entdecken.
Zornig, erregt und in – wie Carafa fand – skandalös nachlässiger Kleidung stürmte Michelangelo in die Kapelle. Nach einer knappen Verbeugung begann er zu sprechen, noch bevor er vom Papst dazu aufgefordert worden war. »Heiliger Vater! Zu meinem Bedauern muss ich meine Arbeit als Architekt niederlegen!«
»Aus welchem Grund?«
»Weil ich kein Knecht der Baukommission bin. Die Deputierten der Fabbrica di San Pietro glauben, mir alles vorschreiben zu können. So kann ich nicht bauen!«
Paul III. gab die Anweisung, so schnell wie möglich Vertreter der Baukommission herbeizuschaffen. Während sie warteten, unterhielt er sich mit dem Maler über die Bekehrung des Saulus, des gelehrten Mannes und Christenverfolgers, der in Michelangelos Version das grundstürzende Erlebnis, Christus zu sehen, als alter Mann hatte. Das hohe Ross, auf dem er saß, warf ihn ab, und erst da, am Boden liegend, wurde ihm die Erkenntnis zuteil. Inzwischen waren Bartolomeo da Sangallo und der Bauunternehmer Arnoldo di Maffeo als Vertreter der Baukommission eingetroffen.
»Was ist gegen diesen Mann vorzubringen?«, fragte der Papst ruhig und wies auf Michelangelo. Bartolomeo verneigte sich tief, bevor er begann: »Heiliger Vater, mein Vater Antonio hat in dem Modell, das Euch so gut gefällt, für jetzt und alle Zeit den Fortgang des Baus festgelegt.«
»Und alle Zeit wird es brauchen, das Monstrum zu errichten!«, rief Michelangelo dazwischen.
»Da hört Ihr es ja selbst, Eure Heiligkeit. Das Modell soll aus dem Petersdom gebracht werden. Und dann soll nach den Grillen dieses Mannes, der nicht einmal ein Architekt ist, gebaut werden!«, schimpfte Bartolomeo.
Paul III. schaute gespannt zu Michelangelo. Auch der Großinquisitor fixierte den Künstler voller Neugier, welche Argumente
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