Die Kurtisane des Teufels
reiche Tattergreise zu verkaufen.«
»Vielleicht könnt Ihr Pollys Meinung doch noch ändern«, beschwor Kitty den Gesellen. »Sie hat bereits ein Mittel genommen, das aber nicht gewirkt hat. Ich wage mir nicht vorzustellen, was sie als Nächstes versuchen wird.«
»Wo ist sie jetzt?«, fragte Will.
»Ich weiß es nicht. Sie ist aus dem Haus gestürmt, ohne zu sagen, wohin sie wollte.«
»Ich muss gleich einige Schuhe ausliefern. Dann kann ich nach ihr suchen«, versprach der junge Mann.
»Ich werde mich ebenfalls nach Polly umsehen.«
Als sich der Schustermeister aus dem hinteren Bereich des Ladens näherte, wandte sich Kitty ab und trat auf die Straße hinaus. Eine Weile lief sie ziellos durch die Gassen und überquerte auf der Suche nach Polly mehrmals die Piazza. Doch sie hatte kein Glück. Als ihre Füße zu schmerzen begannen, gab sie auf und kehrte in die Little Russell Street zurück.
Am Nachmittag stürmte Polly gereizt in die Kammer und riss Kitty aus ihrer Grübelei.
»Wie konntest du mich so hintergehen?«, rief sie erbost. »Ich habe dir vertraut. Warum bist du zu Will gegangen und hast ihm alles erzählt?«
»Er hat dich also gefunden?«, fragte Kitty.
Sie versuchte, Ruhe zu bewahren, doch Pollys Ausbruch ging ihr zu Herzen.
»Ja, er hat mich gefunden und mich ausgezankt, weil ich sein Kind umbringen will. Es mag auch sein Kind sein, aber es bleibt meine Entscheidung, ob ich es austragen werde oder nicht. Wir sind nicht verheiratet, und trotzdem nimmt er sich heraus, über mich zu gebieten. Aus diesem Grund habe ich mich entschieden, nicht zu heiraten. Ich will nicht die Sklavin eines Mannes sein!«
»Ich dachte, du liebst ihn.«
»Mag sein. Aber die Liebe erlischt irgendwann, und zurück bleiben nur Gleichgültigkeit und Elend.« Pollys Augen glühten. »Du weißt doch, wovon ich rede. Akzeptiere meine Entscheidung und misch dich nicht in mein Leben ein! Ich tue, was nötig ist.«
Bebend vor Zorn verließ sie die Kammer und schlug die Tür zu. Hilflos strich sich Kitty mit der Hand über die Stirn. Sie hatte versucht zu helfen und mit ihrer Indiskretion alles nur noch schlimmer gemacht. Was sollte sie nun tun?
Den folgenden Tag über wich Polly ihrer Kammergenossin beharrlich aus und sprach kein Wort mit ihr. Am nächsten Morgen stand das Mädchen in aller Frühe auf, so dass seine Seite des Bettes bereits kalt war, als Kitty erwachte. Gegen Mittag kam eine der Mägde herauf, um ihr mitzuteilen, dass Meister Hearne sie zu sprechen wünschte.
Was kann er nur wollen?, fragte sich Kitty. Sie rückte das Häubchen auf ihrem Kopf zurecht und strich die langen Spitzenbänder glatt, die von der Rückseite über ihre Schultern fielen.
Der Wundarzt erwartete sie in der Stube, in der einige von Mutter Grimshaws Mädchen mit Stickarbeiten beschäftigt waren.
»Meister Hearne, welch unerwartete Ehre«, begrüßte Kitty den untersetzten Chirurgen. »Was führt Euch her?«
Er machte ihr mit den Augen ein Zeichen, dass er sie allein sprechen wollte. Kitty sah sich rasch um, ob die Kupplerin in der Nähe war, und winkte den Besucher dann in einen anliegenden Raum.
»Ist etwas vorgefallen?«, fragte sie, nachdem sie die Tür geschlossen hatte.
»Die kleine Cherry Poll ist Eure Freundin, nicht wahr?«, vergewisserte sich der Wundarzt.
»Ja, wir teilen uns eine Kammer.«
»Wenn Euch etwas an ihr liegt, solltet Ihr Euch bemühen, ihr die Flausen auszureden, die sie sich in den Kopf gesetzt hat«, sagte Meister Hearne ernst. »Sie war heute Morgen bei mir und bat mich um einen höchst gefährlichen Eingriff.«
»Ihr solltet bei ihr einen Abort auslösen?«, fragte Kitty im Flüsterton.
»So ist es. Ich dachte mir, dass Ihr als Polls Freundin davon wisst.«
»Und habt Ihr ihrer Bitte entsprochen?«
»Nein, natürlich nicht«, widersprach der Wundarzt entrüstet. »Die Mittelchen, die ihr Mädchen einnehmt, sind gefährlich genug. Einen solchen Eingriff würde ich nie riskieren.«
»Wie hat Polly Eure Weigerung aufgenommen?«, erkundigte sich Kitty besorgt.
»Nicht gut. Sie hat getobt. Ist sie so verzweifelt?«
Kitty nickte. »Wenn Mutter Grimshaw herausfindet, dass sie schwanger ist, muss Polly ihr Haus verlassen.«
»Verstehe.« Meister Hearne schürzte nachdenklich die Lippen. »Ich bin nicht gekommen, um zu klatschen, Madam, sondern weil ich fürchte, Eure Freundin könne einen anderen Wundarzt aufsuchen, der weniger Skrupel hat als ich. Ihr solltet sie unbedingt davon abhalten.«
»Wisst
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