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Die Kurtisane des Teufels

Die Kurtisane des Teufels

Titel: Die Kurtisane des Teufels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Lessmann
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hier bringt Mistress Montague in Gefahr! Weshalb seid Ihr überhaupt nach London zurückgekehrt? Ihr musstet doch wissen, dass man Euch aufgreifen und ins Gefängnis bringen würde. Warum seid Ihr nicht in eine andere Stadt geflohen?«
    Daniel betrachtete den Hünen mit ruhiger Gelassenheit. »Ich wollte meine Familie sehen«, antwortete er. »Auch wenn ich damit rechnen musste, nicht willkommen zu sein.«
    »Habt Ihr nicht daran gedacht, dass Eure Rückkehr den Mann, der Mistress Montague einst zu ermorden versuchte, wieder auf ihre Spur bringen könnte? Und nun zieht Ihr sie noch tiefer in Euren Streit mit dem Diebesfänger hinein!«
    Daniel machte einen Schritt zur Seite, um dem jungen Mann auszuweichen und den Streit zu beenden. Da packte Sam ihn wutentbrannt an den Rockaufschlägen und hielt ihn fest.
    »Mistress Montagues Wohl liegt mir am Herzen, und ich werde nicht zulassen, dass ihr ein Leid geschieht. Haltet Euch also in Zukunft von ihr fern!«, sagte er drohend.
    Kitty, die dem Geschehen entsetzt zugesehen hatte, stürzte an Sams Seite.
    »Lass ihn los!«, befahl sie. »Sofort!«
    Mit einer abfälligen Geste stieß der Hüne Daniel von sich.
    »Was ist nur in dich gefahren?« rief Kitty erbost.
    »Dieser Mann ist ein Spitzbube«, grollte Sam. »Er wird dir weh tun. Begreifst du das nicht?« Plötzlich verließ ihn der Zorn, und seine Schultern sanken herab. »Die Art, wie du ihn ansiehst, zeigt mir, dass du bereits deine Wahl getroffen hast. In deinem Leben ist kein Platz mehr für mich. Ich werde mir eine andere Arbeit suchen. Dann ziehe ich aus.«
    Ohne den beiden Männern, die dem Wortwechsel schweigend gelauscht hatten, noch einen Blick zuzuwerfen, verließ Sam mit versteinerter Miene den Salon.
    Daniel sah, dass Kitty erneut den Tränen nah war. »Es tut mir leid«, sagte er schuldbewusst. »Ich habe nicht darüber nachgedacht, dass mein unerwartetes Auftauchen nach all den Jahren dein Leben durcheinanderbringen würde. Vielleicht ist es wirklich besser, wenn wir fortan getrennte Wege gehen.«
    »Nein«, erwiderte Kitty bestimmt, »Sam hat recht. Ich habe meine Entscheidung gefällt. Ich will, dass wir wieder zusammenfinden. Es wird nicht einfach sein, aber ich bin sicher, wir werden es schaffen!«
    Eine Woche später hielt eine Sänfte vor dem »Nonnenkloster« auf der King Street. Eine Gestalt in einem dunklen Umhang schlüpfte zur Tür hinaus, stieg ein und schloss die Vorhänge an den Fenstern. Die Sänfte bewegte sich die Pall Mall entlang, bog in den Strand ein und dann in der Nähe des Temple Bar in den Pallgrave Court. Die Träger stellten den Sessel schließlich vor einem gepflegten Reihenhaus ab. Leichtfüßig stieg die Gestalt aus, zog die Kapuze tiefer ins Gesicht und betätigte leise den Messingklopfer an der Haustür. Ein Lakai ließ sie ein.
    »Madam, darf ich Euren Mantel nehmen?«, bat der Diener.
    Nervös schlug Kitty die Kapuze zurück und übergab ihren Umhang dem Lakaien.
    »Wollet mir folgen, Madam.«
    Im Sinne der Geheimhaltung trug Kitty ein einfaches bürgerliches Kleid, doch sie war sich nicht sicher, ob der Bursche sie nicht trotzdem erkannt hatte. Mit aufgeregt pochendem Herzen folgte sie ihm in eine dunkel getäfelte Studierstube, in der sie bereits von sechs Männern erwartet wurde. Unter ihnen waren Daniel und Stephen Robinson. Die anderen vier waren Friedensrichter von Westminster. Der junge Advokat stellte sie Kitty vor: Joseph Beaver, William Wickham, Edward Ridley und Leonhard Street, in dessen Haus sie sich versammelt hatten.
    Stephen Robinson ins Vertrauen zu ziehen hatte sich als die richtige Entscheidung erwiesen. Nachdem Kitty ihn in alles eingeweiht hatte, was sie über Jonathan Wilds Machenschaften wusste, hatte dieser sich unter seinen juristischen Freunden, Kollegen und Bekannten umgehört und schließlich erfahren, dass die vier Friedensrichter von Westminster im Begriff waren, einen Fall gegen den Diebesfänger aufzubauen. Daraufhin hatte Robinson Joseph Beaver, den er persönlich kannte, auf die Sache angesprochen und ihm von Daniel Gascoyne erzählt. Der Magistrat war sogleich Feuer und Flamme gewesen und hatte ein geheimes Treffen vorgeschlagen. Nach kurzer Rücksprache mit Daniel hatte Kitty mit Freuden zugesagt. Die Aussicht, endlich Verbündete gefunden zu haben, tröstete sie ein wenig über den Abschied von Sam hinweg. Am vergangenen Abend hatte er ihr eröffnet, dass er die Schreinerei seines ehemaligen Meisters übernehmen würde. Am Morgen war

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