Die Lady mit dem Bogen
Schaden.«
»Kennt Ihr diese Frau?«
»Ja, Euer Majestät.«
»Kam sie mit Euch von Poitiers?«
»Ja, Euer Majestät.«
»Vom Hof der Königin?«
Saxon zögerte nur kurz, doch reichte es, dass Mallory einwerfen konnte: »Ja, Euer Majestät, ich war am Hof der Königin.«
»Ließ sie Euch nach Poitiers kommen?«, fragte der König.
Zu enthüllen, dass die Königin nach St. Jude’s Abbey gekommen war, würde den König vielleicht noch mehr aufbringen, deshalb war sie froh, dass sie aufrichtig antworten konnte: »Nein.« Sie schluckte hart und kämpfte um jeden Atemzug, als sein strenger Blick ihren festhielt.
»Nein?« Seine Brauen senkten sich. »Aber Ihr dient ihr mit Eurem Bogen?«
Wieder zögerte sie nicht. »Ja.«
Betroffenheit huschte über Saxons Gesicht, als der König an ihm vorüber zu ihr trat. Saxon wollte ihm folgen, wurde aber von einem blanken Schwert daran gehindert. Er griff unter sein Übergewand und zog seine Hand leer zurück, als sein Arm von der Flachseite eines Schwertes getroffen wurde, das ein anderer der Männer führte. Er kniff den Mund zusammen, schwieg aber still.
Sie wusste, dass er wütend war, weil sie zugelassen hatte, dass ihr Schmerz sie blind für die Vernunft gemacht hatte. Nur Stunden zuvor hatte sie geschworen, die Vergangenheit ruhen zu lassen, doch war diese wieder in ihr Leben eingebrochen und hatte sie so gründlich getäuscht, wie Saxon es getan hatte. Wie konnte sie ihm zürnen, da sie sich doch selbst getäuscht hatte?
»Ich glaube nicht, dass der Pfeil irrtümlich abgeschossen wurde«, sagte König Henry, als er direkt vor ihr stehen blieb. »Ich glaube vielmehr, dass diese vortreffliche Schützin ihr Ziel genau anvisierte.«
Sie sagte nichts. Er hatte ihr keine Frage gestellt. Ehe er dies nicht täte, würde sie schweigen. Sie würde auf die Chance warten, alles zu erklären, ohne die Königin bloßzustellen. Aber was konnte sie sagen, ohne die Wahrheit zu enthüllen?
Der König fragte: »Ihr wurdet in St. Jude’s Abbey ausgebildet?«
»Ja, Euer Majestät.«
Auf ihre ruhige Antwort hin blinzelte er zweimal. Hatte er eine Lüge erwartet? Sie, die unter Saxons Halbwahrheiten gelitten hatte, wusste um die Bedeutung der Aufrichtigkeit.
»Wenn Ihr von St. Jude’s Abbey kommt, dient Ihr der Königin.«
»So ist es, Euer Majestät.«
»Warum seid Ihr hier?« Er führte sein Gesicht ganz nahe an ihres heran und knurrte: »Spioniert Ihr für die Königin?«
»Nein, Euer Majestät.«
»Warum seid Ihr hier?«
»Um die Nachricht von König Louis zu überbringen, in der er den Wunsch äußert, mit Euch zu einem Waffenstillstand zu gelangen.«
»Deshalb ist Saxon Fitz-Juste hier. Warum aber seid Ihr hier?«
Mallory zögerte zum ersten Mal. Sie war zu König Henry aufrichtig gewesen. Mit denselben Worten zu antworten hätte angedeutet, dass sie ihn für unfähig hielte, ihre Worte gleich beim ersten Mal zu erfassen, deshalb sagte sie: »Ich begleitete Saxon, weil wir der Ansicht waren, dass zwei Überbringer bessere Chancen hätten, zu Euch zu gelangen als nur einer.«
»Gesteht Ihr, dass Ihr die Königin hintergeht?«
»Nein, Euer Majestät. Ich kam in der Hoffnung, dem Aufruhr ein rasches Ende zu bereiten, und um Euch um Gnade für die Königin zu bitten.«
Unter dem finsteren Blick des Königs kamen ihr alle Geschichten in den Sinn, die über sein hitziges Temperament im Umlauf waren. Nun nahm er einem der Männer ein Schwert ab. Als er es seitlich an ihren Hals legte, sah sie an ihm vorüber zu Saxon. Sie wollte, dass ihr letzter Blick seinem Gesicht gälte...
»Mallory …«
Sprach er ihren Namen aus, oder war es nur ihr Herz, das seines suchte?
Sie schnappte nach Luft, als König Henry das Schwert sinken ließ und die Spitze in den Boden zwischen ihren Zehen stieß. Er drehte sich um und winkte seinen Männern, die sofort zu ihr stürzten, um sie an den Armen zu packen. Sie achtete darauf, ihre Ellbogen eng an sich zu drücken, damit niemand das Gewicht spürte, das ihre Ärmel beschwerte.
Als der König sich entfernte, versuchte Saxon abermals, sich durchzudrängen und zu ihr zu gelangen. Auch er wurde gepackt und fortgezerrt, dem König nach.
»Nein!«, schrie sie gellend.
»Maul halten, Weib!«, knurrte der Mann zu ihrer Linken.
»Lasst nicht zu, dass der König ihn tötet! Er hat nichts Schlechtes getan!«
Die Männer lachten, und der zu ihrer Linken sagte: »Um Fitz-Juste müsst Ihr nicht bangen. Der König weiß genau, wie gut
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