Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Lady mit dem Bogen

Die Lady mit dem Bogen

Titel: Die Lady mit dem Bogen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jocelyn Kelley
Vom Netzwerk:
des jungen Königs und ihres Lieblingssohnes Richard.
    »Lasst ihn passieren, Lady Mallory«, sagte die Königin.
    »Wie Ihr wünscht.« Sie senkte den Bogen und lockerte die Spannung der Sehne. Der Pfeil schlug nutzlos gegen ihr Bein. Der Hund wollte ihn mit den Zähnen packen, sie aber hob den Pfeil und steckte ihn in den Köcher und zischte: »Verschwinde, Hundsvieh.«
    Der gelblich braune Hund, allem Anschein noch sehr jung, wedelte mit dem Schweif und schien sie anzugrinsen. Auch der leichte Schubs, mit dem sie ihn von ihrem Fuß beförderte, schien ihn nicht zu bekümmern. Am anderen Ende des Raumes ertönte Gelächter, als er sich prompt wieder auf ihrem Fuß niederließ.
    »Lady Mallory«, sagte die Königin leise.
    Sie hoffte, nicht vor Verlegenheit zu erröten, weil man sie in einem Willenskampf – einen offenbar schon verlorenen Kampf – mit einem Hund ertappte, und blickte zur Königin. Als diese auf Bertram de Paris deutete, trat Mallory vor, um den Pfeil aus dem Ärmel des Mannes zu ziehen. Der Hund blieb ihr auf den Fersen und jaulte leise, als sie vor dem Boten stehen blieb.
    »Das werdet Ihr bereuen«, stieß er leise hervor.
    »Dass ich die Königin vor jemandem beschützte, der unangemeldet in ihr Gemach eindrang?« Mallory lächelte kühl. »Das werde ich nie bereuen.«
    Bertram wich ihrem Blick aus und brummte etwas vor sich hin.
    Ohne ihn zu beachten, griff sie nach dem Pfeil. Er steckte tief in der Tür des Schrankes, so dass sie ihren Fuß gegen die Tür stemmen und mit aller Kraft an dem Pfeil zerren musste. Sie geriet rücklings ins Taumeln, als er herausfuhr, dann kläffte der Hund, und sie stieß gegen etwas Festes.
    Ein Arm umschlang sie, fest wie der harte Körper hinter ihr. Als sie sich befreien wollte, gab der sehnige Arm nach und legte sich um ihre Taille. »Die Schlacht ist geschlagen. Ihr habt gewonnen«, raunte Saxon ihr zu.
    Ihr Haar geriet unter seinen Worten in Bewegung und ließ die Hitze seines Atems über ihren Nacken gleiten. Seine breite Hand strich den Pfeil entlang und bedeckte ihre Hand, die er herunterzog, um den Pfeil aus ihren plötzlich gefühllosen Fingern zu lösen. Nein, nicht ganz gefühllos, da sie prickelten, wo seine Haut sie gestreift hatten.
    Der Hund umsprang sie laut kläffend.
    Saxon ließ sie los und bückte sich, um das Tier zu beruhigen. Mallory strich ihr Kleid glatt und zog es zurecht. Wenn sie ihre Haltung nur auch so rasch wiederhergestellt hätte! Seit sie in St. Jude’s Abbey Zuflucht gefunden hatte, hatte sie vergessen, wie schrecklich das Gefühl war, die Herrschaft über seine Gefühle zu verlieren. Wie oft war ihr das in ihrem Vaterhaus passiert! Nie hatte ihr Vater eine Gelegenheit ausgelassen, um ihr Ungeschicklichkeit vorzuwerfen, um ihren Speisezettel zu bekritteln oder ihr immer wieder zu verstehen zu geben, dass sie eine Enttäuschung darstellte, weil sie kein Sohn war. Ihr Temperament war ihr dabei immer wieder durchgegangen, und ihr Vater hatte mit Lachen quittiert, dass es ihm geglückt war, sie einmal mehr in Rage zu bringen.
    Und jetzt versuchte es ein anderer Mann ebenso. Saxon hatte sie nicht erzürnt, er hatte in ihr jedoch ein Gefühl entfacht, das noch hitziger war. Nie würde sie wie ihre Mutter einem Mann die Herrschaft über ihre Gefühle einräumen. Betrog er sie dann, wie ihr Vater ihre Mutter betrogen hatte, würde ihr nichts bleiben, nicht einmal ihre Selbstachtung.
    »Ihr kommt von König Louis?«, fragte die Königin mit gerunzelter Stirn, und Mallory sah zum Boten hin, der sich vom Schrank löste. »Warum schickt er mir hierher nach Poitiers Nachricht?«
    Als er seinen Köcher mit den weiß gefiederten Pfeilen auf der Schulter zurechtschob, schluckte Bertram so krampfhaft, dass Mallory es hören konnte. »Mir wurde befohlen die Nachricht allein Euch zu übermitteln, Euer Majestät.«
    »Das ergibt keinen Sinn.« Die Furchen auf der von einem Schleier bedeckten königlichen Stirn wurden noch tiefer. »Nie hätte ich das von ihm erwartet. Warum sandte er Euch hierher?«
    »Mir wurde befohlen, die Nachricht allein …«
    »Ja, ja, ich weiß, begreife aber noch immer nicht, warum er Euch hierhersandte.«
    Unwillkürlich schaute Mallory zu Saxon hinüber. Seine Miene war ausdruckslos. Sie wünschte, sie hätte ebenso gleichmütig gewirkt. Königin Eleanor hatte immer als entschlossene, beneidenswert klarsichtige Frau gegolten, die für jedes Problem eine Lösung fand.
    Doch bisher hatte die Königin sich auch nicht

Weitere Kostenlose Bücher