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Die Lady mit dem Bogen

Die Lady mit dem Bogen

Titel: Die Lady mit dem Bogen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jocelyn Kelley
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bei der Königin stehen, wie es sich gehörte, um sie zu schützen. Er war es nicht, der den Boten des Königs an einen Schrank genagelt hatte. Er war es nicht, dem ihr strenger Befehl, den Mann loszulassen, gegolten hatte. Neben ihr jaulte der Hund. In Gedanken tätschelte sie seinen Kopf.
    »Lady Mallory?«
    Als sie ihren Namen hörte, schaute sie auf in der Hoffnung, die Königin hätte zu ihr gesprochen. Stattdessen sah sie ein halbes Dutzend junger Frauen, die vor ihr standen und sie mit großen Augen erwartungsvoll ansahen. Was wollten sie?
    »Ja«, sagte Mallory, als sie merkte, dass die Frauen auf Antwort warteten. Sie wünschte, es wären nicht so viele gewesen. An Menschenmengen war sie nicht gewöhnt, da sie in der Burg ihres Vater für sich gewesen war. Auch in St. Jude’s Abbey hatte sie immer die offenen Wiesenflächen, wo sie allein üben konnte, den Gruppierungen innerhalb der Klostermauern vorgezogen.
    »Wir haben noch nie eine Frau gesehen, die den Bogen so geschickt handhabte«, erwiderte eine kleine Blondine. Sie war diejenige, die Mallory mit Namen angesprochen hatte. »Wer hat Euch unterrichtet?«
    »Die Grundlagen lernte ich bei meinem Vater. Alles Weitere erlernte ich …« Hitze stieg ihr ins Gesicht. Unter den Mitschwestern wurde gemunkelt, dass die Abtei der Königin nur nützen konnte, wenn sie der Sicht und dem Bewusstsein der Menschen entzogen blieb. Mallory war ratlos, was sie sagen sollte, eine unbehagliche und für sie ungewohnte Reaktion. Vielleicht hatte die Königin am Hof offen von der Abtei gesprochen. Oder sie hatte nur die Eskorte, die sie nach England begleitet hatte, davon unterrichtet. Ehe Mallory es nicht mit Sicherheit wusste, musste sie ihre Zunge hüten.
    »Könntet Ihr mich … uns unterrichten?«, bat die Blonde, und Mallory fragte sich unwillkürlich, ob sie immer als Wortführerin der Gruppe auftrat.
    »Ich soll Euch das Bogenschießen lehren?« Sie wich zurück, als die kleine Frau mit freudig erregter Miene auf sie zutrat.
    »Ja, so wie Ihr schießt.« Die Blonde drehte sich zu den anderen um, die eifrig nickten und näher kamen. »Tag für Tag hört man von den großen Taten edler Ritter, und wir lieben diese Geschichten über alles, aber noch viel mehr würden wir sie genießen, wenn wir wüssten, wie diesen kühnen Männern in der Hitze des Gefechtes zu Mute ist. Ist es nicht so?«
    Mallory wollte antworten, gewahrte dann aber, dass die Frage nicht an sie gerichtet war. Sie rückte ein wenig ab und verzog das Gesicht, als sie gegen den Schrank stieß, an dem vor wenigen Minuten noch der Bote festgenagelt war.
    Eine große, feingliedrige Brünette runzelte die Stirn. »Natürlich stimmt das, Yolanda. Wir waren uns darin einig, ehe wir Lady Mallory darauf ansprachen.«
    »Ach, Lady Violet, nehmt doch nicht alles so ernst«, schalt die Blonde. Im selben Atemzug drehte sie sich wieder zu Mallory um. Erstaunen sprach aus ihrem Blick, als sie sah, dass diese sich von der Stelle gerührt hatte. Wieder näherte sie sich ihr und fragte: »Nun, könnt Ihr uns unterweisen?«
    »Ja«, erwiderte Mallory erstaunt. Versuchten die Frauen, sie mit Aufmerksamkeit zu ersticken? Sie hätte sich denken können, dass sie am Hof der Königin viel Gesellschaft haben würde. Doch hatte sie nicht viel darüber nachgedacht … bis jetzt. »Ich würde mich freuen, Euch zu unterrichten, wenn meine Pflichten es zulassen.«
    Sie war nicht sicher, ob die Damen ihre Antwort ganz gehört hatten, da sie im Chor zu kichern anfingen und eine einen Freudenschrei ausstieß, der Mallory erschreckte. Ihre Mitschwestern hätten sich niemals so benommen.
    Saxon hörte von der anderen Seite des Raumes die lautstarke Aufregung. Er riss seine Aufmerksamkeit von der Königin und Bertram de Paris lange genug los, um sich zu vergewissern, dass Mallory sich nicht wieder in eine heikle Situation manövriert hatte. Nicht heikel für sie, sondern für ihn. Zu oft in den vergangenen Tagen hatte sie seine Pläne gestört. Doch musste er froh sein, dass sie seine Hilfe in Anspruch genommen hatte, um die Königin zu finden, andernfalls hätte er jetzt am Ufer des Clain gesessen, anstatt zu hören, was der Bote des französischen Königs zu sagen hatte.
    Er lächelte, als er sie umgeben von einer Schar Damen in den prächtigen Gewändern sah, die sie in Gesellschaft der Königin anlegen mussten. Mallory hingegen war einfach gekleidet, doch war etwas an ihr, das seinen Blick von all den aufgeputzten Frauen ablenkte.

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