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Die Lady mit dem Bogen

Die Lady mit dem Bogen

Titel: Die Lady mit dem Bogen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jocelyn Kelley
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dann blickte er wieder zu den Männern, als er die Stufen erklomm und neben ihr stehen blieb. Nie hatte sie ihn so schön und kraftvoll gesehen. Sein Gesicht war so hart wie eh und je, und sie vermutete, dass er von den Pfeilen gehört hatte, die an ihr und Lady Fleurette vorbeigesaust waren. Oder bedrückte ihn die Nachricht, die d’Ambroise verbreitete? Seine Augen wurden zu dunklen Herden sengender Wut, als der kleinste der drei schwarzhaarigen Männer vortrat.
    »Euer Majestät«, sagte er, das Haupt vor der Königin beugend. »Ich bin Comte Philippe du Fresne, Gesandter vom Hof König Louis, um Euch Grüße Eurer Söhne und Verbündeten zu übermitteln. Und ich bringe gute Kunde. Die Normandie erhebt sich.«
    Erstauntes Stimmengewirr wurde laut, wie Mallory überrascht registrierte. Und d’Ambroise, der zu ihr dasselbe gesagt hatte, schien nun ebenso verwundert wie alle anderen. Hatte er nur eine Vermutung geäußert und war nun verblüfft, dass seine Worte vom Abgesandten des französischen Königs wiederholt wurden?
    »Der alte König wird sich nun nirgends verbergen können«, fuhr der Comte fort, »außer hinter einer Mönchskutte. Die gerechte Strafe für einen König, der den Tod eines Erzbischofs befahl.«
    Als sich erneut Jubel erhob, hörte Mallory, wie Saxon leise fluchte. Sie beobachtete ihn, als die Königin den Comte wärmstens im Palast willkommen hieß, indem sie zuließ, dass er sich über ihre ausgestreckten Hände neigte.
    »Was ist?«, flüsterte sie.
    »Du Fresne belügt die Königin«, antwortete er.
    »Woher wollt Ihr das wissen?«
    Er legte seine Hand auf ihren Arm. »Hier kann ich es Euch nicht sagen, wenn Ihr aber jemals jemandem vertrauen wollt, vertraut mir jetzt. Du Fresne belügt die Königin.«
    Mallory hatte keine Chance zu antworten, selbst wenn sie gewusst hätte, was sie hätte sagen sollen. Ihm vertrauen? Sie wusste hundert Gründe, ihm nicht zu trauen. Der wichtigste war, dass er ein Mann war, der Flirts – und vieles, von dem sie keine Ahnung hatte – liebte, und zwar mit jeder Frau, die ihm über den Weg lief. Doch sie nickte, da sie an dem leisen Grollen in seinem Ton nicht zweifeln konnte. Sie hatte es nur einige Male gehört: bei den zwei Überfällen am Flussufer … und als sein Bruder sie in dem Mauergemach gestört hatte. Er war wütend.
    Saxon drängte sich an ihr vorüber und ging die Stufen hinunter. Mit dem gekünstelten Lächeln, das sie so verabscheute, begrüßte er den Comte du Fresne wie einen alten Freund.
    Sie starrte die Szene fassungslos an. Was machte er da? Und warum?
    »Fitz-Juste, ich bin erfreut, Euch hier zu sehen«, sagte der Comte mit breitem Lächeln. »Ich hätte wissen müssen, dass Euer starker Selbsterhaltungstrieb Euch auf die siegreiche Seite der Rebellion treiben würde.«
    »Dasselbe könnte ich von Euch sagen.«
    Der Comte lachte. »Nur ein Weiser sieht die Windrichtung voraus, ehe sie sich dreht.«
    »Mylord, Ihr habt immer schon so viel Weisheit gezeigt.«
    Mallory spürte, wie ihr übel zu werden drohte. Saxon hatte sie um Vertrauen gebeten, doch war er wieder einmal der aalglatte Höfling, dem sie nicht trauen konnte, da sie nicht sicher war, welche seiner Worte ehrlich gemeint waren und welche nur dazu dienten, ihm zu verschaffen, was er wollte. Sie musste sich fragen, ob er auch so verlogen in ihr Gemach gekommen war. Am liebsten wäre sie davongelaufen und hätte sich die Ohren zugehalten, um seine Halbwahrheiten nicht mehr zu hören, doch musste sie für alle Fälle bei der Königin bleiben.
    »Und das ist Lady Mallory de Saint-Sebastian«, hörte sie Saxon sagen.
    Sie ließ sich ihren Abscheu nicht anmerken und blickte von einem Mann zum anderen.
    Ihr Entschluss, ihre Gefühle zu verbergen, geriet ins Wanken, als der Comte sagte: »De Saint-Sebastian? Ich kenne Euren Vater gut, Mylady. Er und ich führten viele Gespräche, in denen wir völlige Übereinstimmung hinsichtlich der Ereignisse um uns herum feststellten.«
    Entsetzen stieg so jäh in ihr hoch, dass sie Ohrensausen bekam. Stand auch ihr Vater im Begriff, die Fronten zu wechseln, um aus dem Aufstand Macht und Ruhm für sich herauszuschlagen? In einem Punkt war er immer konsequent gewesen: Der seinem Lehnsherrn geleistete Eid war heilig. Das seiner Frau gegebene Ehegelübde verletzte er bedenkenlos, nie aber wäre er vom König abgefallen.
    »Es ist mir ein Vergnügen, Euch kennen zu lernen, Mylady«, hörte sie den Comte sagen, als ihr Ohrensausen sich so weit

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