Die Lady mit dem Schwert: Roman (German Edition)
Junge bückte sich, um dem Verletzten auf die Beine zu helfen, richtete sich jedoch gleich wieder auf. »Euch steht es nicht zu, mir Befehle zu geben.«
»Pst, Baldwin«, sagte Christian in angespanntem Ton. »Avisa bietet uns Hilfe an, und wir tun gut daran, sie anzunehmen.«
»Hört endlich auf zu streiten und befreit mich von diesem verdammten Pfeil«, grollte Guy.
Sie bückte sich und half Christian beim Aufstehen. Seine Hand schmiegte sich um ihre Wange, und sie ertappte sich dabei, wie sie in den Tiefen seiner Augen zu ertrinken drohte. Sein Daumen liebkoste ihr Kinn. Sie hob die Hand, um über seine Wange zu streichen, hielt jedoch inne, als seine Lippen sich teilten. Was er hatte sagen wollen, ging im Wasserspritzen unter.
Avisa wartete nicht. Sie zog ihr Schwert und reichte die Zügel Christian, nachdem sie sie gelöst hatte. Er übernahm sie nicht. Stattdessen legte er den Arm um die Schultern seines Bruders, um seinem Pagen zu helfen.
»Geht!«, flüsterte sie. »Sie werden Euch keine Zeit für Entschuldigungen lassen, wenn sie Euch finden.«
»Werden sie uns denn nicht verfolgen?«, fragte Christian ebenso leise. Sie musste seine Vernunft bewundern, die bewirkte, dass er auf sie hörte … wenn er keine andere Wahl hatte.
»Sie glauben an die Märchen von den ruhelosen Geistern, die auf dieser Seite des Wasserlaufes im Wald hausen. Selbst wenn unter ihnen einer einen Funken Mut besäße, haben sie wenig Übung im Fährtenlesen. Sie halten sich lieber an Reisende auf den Straßen.«
»Ihr wisst viel von ihnen.«
Sie nickte, gab ihm aber nicht die Gelegenheit zu einer weiteren Frage. Während sie zwischen den Bäumen hindurchglitt, ständig darauf bedacht, dass das Zaumzeug der Pferde keine Geräusche verursachte, fragte sie sich, wie viele Lügen sie ihm noch auftischen konnte, bis er ihre Geschichten durchschaute. Es stimmte, dass die Räuber nicht viel Zeit vergeuden würden, sie zu suchen, da ihnen bald andere Opfer ins Netz gehen würden. Alles andere war so falsch wie ihre Behauptung, sie benötige Hilfe zur Rettung ihrer Schwester. Jede Lüge lag ihr schwer auf der Zunge, doch sie hatte der Königin versprochen, alles zu tun, um ihren Patensohn zu schützen.
Geduckt wies sie ihnen die Richtung, die sie einschlagen sollten. Christian half seinem Bruder beim Gehen, und beiden war anzusehen, dass jeder Schritt für sie schmerzhaft war. Sie übergab die Zügel Baldwins schmalen Händen. Als er etwas sagen wollte, hielt sie den Finger an die Lippen. Er nickte und ging den Männern nach.
Avisa schlich ans Wasser zurück. Sie musste sich vergewissern, dass die Räuber sie nicht verfolgten. Wieder riskierte sie einen Blick zu Christian, der sich mit seinem Bruder abmühte. Guy stöhnte bei jedem Schritt so laut, dass zu befürchten war, die Räuber könnten es hören. Sie verstand nun, warum die Königin in Sorge um Christian war. Er ging keinem Kampf aus dem Weg und war nicht gewillt, sich Befehlen anderer zu beugen, da er selbst gern befahl.
Als sie ärgerliche Stimmen vor sich hörte, ging sie zu Boden und kroch, nach dem Griff ihres Schwertes fassend, auf die Stimmen zu.
»Sie müssen hier irgendwo sein«, knurrte ein Mann, der ihr den Rücken zuwandte. »Sie können nicht einfach verschwinden.«
Ein anderer setzte an: »Wenn das Frauenzimmer eine Hexe ist …«
»Ach was! So hübsch ist keine Hexe«, wandte der erste ein.
»Eine hübsche Hexe kann einem Mann den Verstand rauben.«
Zustimmendes Brummen endete jäh. Sie sah nicht, dass der Rädelsführer, ein Mann mit ein paar spärlichen Zahnstummeln, ihnen ein Zeichen gab, doch die Diebe bewegten sich nun auf die Straße zu.
Vorsichtig kroch sie zu der Stelle, wo Christian und seine Begleiter sein sollten. Weit waren sie nicht gekommen. Christians Hinken war kaum mehr sichtbar, sein Bruder aber schien am Ende.
»Wo wart Ihr?«, fragte Christian, der anhielt und seinem Bruder Gelegenheit gab, sich an einen Baum zu lehnen.
Baldwin lächelte dankbar, als er zurücktrat und seine Schulter rieb, die Guy gestützt hatte.
»Ich wollte sicher sein, dass man uns nicht folgt.« Sie sah keinen Grund zu lügen.
»Was?« Ungläubigkeit verwischte die härteren Linien seines Gesichtes.
»Ich beobachtete, wie die Diebe die Suche aufgaben.«
Er packte ihre Schultern und zog sie mit einem Ruck an sich. »Wie konntet Ihr nur so unbesonnen sein? Hätte man Euch gesehen …«
»Man hat sie nicht gesehen«, fauchte sein Bruder, um im nächsten
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