Die Lady mit dem Schwert: Roman (German Edition)
verstehen geben, er teile ihre Freude darüber, endlich einen Ort erreicht zu haben, wo man auf etwas sitzen konnte, ohne sich fortzubewegen.
Als Guy knurrte, dass man ihm sofort nach der Ankunft Essen und Ale hätte anbieten müssen, trug Avisa Baldwin auf, Wasser zu holen, um es an der Feuerstelle zu wärmen. Sie strich über die Matratze auf dem Bett und vernahm das Knistern von frischem Stroh.
»Hier hat noch niemand geschlafen, Ihr habt also keine Läuse zu befürchten.« Sie ließ ihren Umhang von den Schultern gleiten, schloss den Truhendeckel und legte den Umhang darauf. Dann nahm sie ihr Schwert ab und lehnte es an die äußeren Steine der Kaminverkleidung. Da es für sie ungewohnt war, die Waffe den ganzen Tag zu tragen, fand sie es herrlich, als sie ihr Gewicht nicht mehr um die Taille spürte.
Guy sah sie finster an. »Müsst Ihr immer so guter Dinge sein?«
Sie hob einen der Eimer, die Baldwin und eine Magd gebracht hatten. »Seid versichert, dass ich nicht immer guter Dinge bin. Ich bin nur froh, dass wir heute nicht wieder unter dem Sternenhimmel nächtigen müssen.«
»Außerdem ist es hier ungestörter.« Er hinkte auf sie zu, und sie fragte sich, ob sein Gejammer nicht größtenteils darauf abgezielt hatte, Mitleid zu wecken.
Avisa unterdrückte diesen unwürdigen Gedanken, als sie sich an ihm vorbeidrückte. Sie hätte dankbar sein sollen, dass es ihm besser ging.
»Ihr und Christian seid sicher erpicht darauf, allein zu sein«, fuhr Guy fort.
»Eigentlich habe ich auf eine Gelegenheit gewartet, mit Euch zu reden.«
»Mit mir?« Er zog eine imaginäre Mütze und grinste. »Ich fühle mich geehrt.«
»Warum hat der alte Mann Euch so aus der Fassung gebracht?«
Sein unbekümmertes Lächeln verschwand.
Als er keine Antwort gab, sagte sie: »Ich habe gesehen, wie aufgewühlt Ihr wart, als Ihr ihn allein dasitzen saht. Warum?«
»Müsst Ihr Eure anbetungswürdige Nase in alle unsere Angelegenheiten stecken?«
»Nein, daran bin ich nicht interessiert. Ich fragte nur, weil mir alles Sorge bereitet, was Euch und Christian daran hindern könnte, mir bei der Rettung meiner Schwester beizustehen.«
Er griff seitlich unter sein Gewand und zog einen Ring hervor, den er in die Höhe hielt. Die in Silber gefasste Glasperle wies in der Mitte drei ineinanderverlaufende blaue Spiralen auf.
»Was ist das?«, flüsterte sie, fasziniert vom wirbelnden Farbenspiel, als er den Stein neigte, um den Feuerschein einzufangen.
»Ein einfacher Ring. Ich gewann ihn von dem Alten, ehe wir Euch begegneten.«
»Warum dann diese Aufregung bei seinem Anblick, wenn Ihr den Ring gewonnen habt?«
Achselzuckend warf er den Ring hoch und fing ihn wieder auf. »Ich war erstaunt, den Kerl hier zu sehen. Ich wusste nicht, dass er zum Haushalt von de l’Isle gehört.«
»Er saß allein auf der Bank. Vielleicht ist er auch ein Obdach suchender Reisender.«
»Gewiss.« Er drückte ihr den Ring in die Hand. »Nehmt ihn. Das Blau passt zu Euren Augen, und für mich ist er zu klein.«
»Ein solches Geschenk kann ich nicht annehmen.«
»Ihr habt unsere Hilfe zur Rettung Eurer Schwester aus Moorburghs Gewalt angenommen. Das ist im Vergleich dazu eine Kleinigkeit.« Er schloss ihre Finger um den Ring. »Nehmt ihn.«
Avisa runzelte die Stirn, als seine Hand an ihrer zitterte. Sie spürte instinktiv, dass es mit diesem Geschenk eine besondere Bewandtnis hatte.
Sie setzte an: »Ich …«
»Das Wasser ist bereit.« Baldwins Ruf vom Kamin her hinderte sie zu antworten.
»Schon?« Guy schien ungehalten.
»Auf dem Küchenherd kochte es schon und kühlte beim Herauftragen nicht viel ab.«
Avisa zeigte auf das Bett. »Bitte, legt Euch hin, Guy.«
Er kicherte, wieder ganz der Schelm. »Eine Anordnung, der ich gern nachkomme. Befehlt, holde Avisa, ich tue, was Ihr wollt.«
»Legt Euch nur hin.« Sie vernahm einen ersticken Laut hinter sich und sah Baldwin an.
Ein Lachen? Dem Pagen war das Haar ins Gesicht gefallen und verbarg seine Miene, als er seinen Lederbeutel vom Gürtel nahm, ihn öffnete und ihr reichte.
Sie wog den Ring in einer und den Beutel in der anderen Hand. »Was hast du da?«
»Nadel und Faden sowie Leinen für Verbände«, entgegnete der Junge.
»Du bist gut ausgerüstet.«
»Das sollte ein Page auch sein.« Er sprang auf.
Avisa schenkte ihm ein Lächeln, das der Junge mit stolzem Grinsen quittierte. Er ähnelte einem jungen Hund, der begierig war zu gefallen und überglücklich, wenn er etwas richtig
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