Die Lady mit dem Schwert: Roman (German Edition)
könnten durch die Berührung deiner Haut an meiner geheilt werden. Heute pflegen wir Baldwin, aber sobald er außer Gefahr ist, bedarf ich deiner Pflege.« Er drückte ihr einen glühenden Kuss auf die Lippen, ehe er sie freigab.
Sie fasste nach ihrem Pokal, als er nach nebenan in den Raum ging, in dem sein Page schlief. Ihre Finger zitterten so heftig, dass sie Wein über den Tisch verschüttete. In den vergangenen Tagen hatte sie einen gefürchteten Bösewicht besiegt, indem sie sich der Kampfkunst bediente, die man sie gelehrt hatte. Doch wie sie den Kampf in ihrem Inneren, das Verlangen nach Christian, das im Widerspruch zu ihrem dem Kloster geleisteten Gelübde stand, gewinnen sollte, hatte sie nicht gelernt. Es war ein Kampf, den sie nicht länger führen wollte. Sie wollte sich der Lust in seinen Armen hingeben.
Du gehörst St. Jude’s Abbey. Du bist eine Ordensschwester. Es ist nicht recht, dass du mit ihm zusammen bist .
»Still jetzt«, fauchte sie die Stimme an, von der sie gern gewusst hätte, wie man sie zum Schweigen brachte, und sei es nur für eine Nacht.
Baldwin trank den Kräutersud und reichte den Becher Avisa. »Ich bin vom Schlafen müde«, sagte er mit einer Grimasse.
»Schlaf ist die beste Medizin.« Sie zog das Fell wieder über die Decke, als er sich zurücklehnte. »Bald wirst du Weihnachten mitfeiern.«
Er murmelte etwas vor sich hin.
Als sie das Trinkgefäß aus dem Gemach trug, war sie froh, dass ihre Schulter nicht mehr schmerzte. Sie bückte sich, um das Gefäß in dem Eimer neben dem mit Balken verschlossenen Fenster zu spülen. Seit ihrer Ankunft auf Lord de Sommevilles Burg waren zwei Tage vergangen. Zwei Tage, in deren Verlauf Baldwins Kräfte zunahmen, während ihre Hoffnung auf Hilfe von St. Jude’s Abbey immer mehr schwand. Als die große Halle für die Feiertage mit grünen Zweigen geschmückt wurde, konnte sie die Vorfreude der Burgbewohner auf die bevorstehenden Festlichkeiten nicht teilen.
Schritte hielten vor der Tür an. Sie blickte auf und sah einen großen Schatten. Ihr Herz fing wild zu pochen an, ehe sie enttäuscht erkannte, dass die Silhouette jene von Guy war. Er war allein – ein Grund zur Beunruhigung. Da er nun nicht mehr im Bett faulenzen und den Verwundeten spielen konnte, hatte sie angenommen, dass er den Mägden des Hauses nachstellen und trachten würde, alle zu verführen.
Sie richtete sich auf und sagte: »Falls Ihr Christian sucht, er ist nicht da.«
»Ich weiß. Ich sah ihn mit de Sommeville in der Halle sprechen.« Er lächelte. »Mir scheint, unser Gastgeber änderte seine Ansicht und hält ihn nun für würdig, unter seinem Dach zu weilen.«
»Wenn Ihr ruhen wollt«, sagte sie, zur Tür des entfernten Gemaches deutend, »gehe ich.«
»Das ist nicht nötig.« Er streckte die Hand aus. »Ihr könnt mit mir kommen.«
Sie bedachte ihn mit einem vernichtenden Blick.
Ihr Blick zeitigte keine Wirkung, da sein Lächeln unverändert blieb. »Holde Avisa, es besteht keine Notwenigkeit, dass Ihr die Wahrheit leugnet.«
»Und welche Wahrheit wäre das?«
»Dass Ihr nicht meinem Bruder gehört.«
»Da gebe ich Euch Recht.« Sie konnte sich nicht genug wundern, wie ihr Leben im Kloster sie vor dem hoffnungslosen Dasein so vieler Frauen bewahrt hatte. Hätte man sie nicht ins Kloster gebracht, wäre sie erst Eigentum ihres Vaters gewesen, bis dieser eine Ehe arrangiert hätte und sie in den Besitz ihres Gemahls übergegangen wäre und ihm gehört hätte wie sein Hund oder sein Pferd – eine grässliche Vorstellung. Sie wollte bei Christian sein als Teil seines Lebens.
Er stützte die Hand auf den Rand der tiefen Fensternische. »Dies hört sich aus Eurem Mund sehr angenehm an, holde Avisa.«
Als sie ihm und seinem nach Ale riechenden Atem ausweichen wollte, musste sie entdecken, dass er seine zweite Hand auf das Ende der Fensterlaibung stützte. Wenn sie sich nicht in die nach außen schmäler werdende Fensternische drücken wollte, blieb ihr kein Ausweg.
»Ich muss nach Baldwin sehen«, sagte sie.
»Ihr wart eben bei ihm.« Er beugte sich näher zu ihr und nagelte sie praktisch an die Wand.
Das Fensterbrett schnitt ihr in den Rücken, sie versuchte Guy wegzudrängen. »Lasst mich los!«
»Warum?« Er lächelte. »Meine hervorragendsten Fähigkeiten müsst Ihr erst kennen lernen.«
»Das ist nicht nötig. Ich hörte davon.«
Er warf sich wie ein Hahn vor der Henne in Positur. »Von anderen Frauen, die sagten, wie töricht Ihr wart,
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