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Die Lady mit dem Schwert: Roman (German Edition)

Die Lady mit dem Schwert: Roman (German Edition)

Titel: Die Lady mit dem Schwert: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jocelyn Kelley
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auf die Wonnen zu verzichten, die wir gemeinsam hätten erleben können?«
    Sie fragte sich, wie sie Christian jemals als arrogant hatte einschätzen können. Sein Bruder übertraf ihn bei weitem.
    »Verzicht tut der Seele gut«, schoss sie zurück.
    »Seid Ihr deswegen nicht in Christians Bett?«
    »Ich sagte nicht, dass ich mir Christians Aufmerksamkeit wünsche.«
    »Ihr wünscht sie aber.« Er strich mit einer Fingerspitze ihren Nacken entlang. Als sie den Kopf abwandte, fasste er unter ihr Kinn und drehte ihr Gesicht zu sich. »Ist Euch nicht klar, dass Ihr ihm verweigert, was er noch mehr begehrt als Euch?«
    Sie hielt in ihren Abwehrbewegungen inne. »Was meint Ihr damit?«
    »Christian möchte als großer Kämpfer gerühmt werden. Wie kann er das je erreichen, wenn Ihr ihm immer wieder das Leben rettet?«
    Sie hob ihr Kinn an. »Das müsste ich nicht, wenn Ihr als sein Bruder nicht unfähig wäret, an seiner Seite zu kämpfen.«
    »Er hat Baldwin, der ihm blindlings in jeden Kampf folgt. Mich braucht er nicht.« Sein Finger schob sich hinter ihr Ohr. »Und er braucht auch Euch nicht, holde Avisa, um seine Ehre von dem Makel der Feigheit zu befreien, den unser Vater uns aufbürdete, als er Henry Curtmantle in seiner dunkelsten Stunde im Stich ließ. Begreift Ihr nicht? Immer wenn Ihr Christian zu Hilfe eilt, ist es eine Mahnung, dass er versagte wie sein Vater.«
    Sie starrte ihn an und hätte seine Worte gern widerlegt. Sie konnte es nicht. Obwohl sie von Christians größter Hoffnung wusste, hatte sie immer wieder ihren Mut bewiesen und nicht zugelassen, dass er seinen bewies. An dem Tag, als sie einander trafen, hatte sie die Räuber überlistet, und später hatte sie ihn aus Pyts Gewalt befreit. Hätte sie es nicht getan, hätte es ihn sein Leben kosten können. Sie hatte gelobt, ihn zu beschützen, und hatte alles Nötige getan, ohne zu ahnen, dass sie damit seine Hoffnung auf Wiederherstellung seiner Ehre zunichtemachte.
    Als Guy grinste, spie sie die Worte heraus: »Doppelzüngiger Heuchler! Ihr erzählt Lügen mit einem Quäntchen Wahrheit, damit die anderen Euch Recht geben.«
    »Ich erzähle Euch alles, was Ihr hören wollt, wenn Ihr mit mir kommt.« Er packte ihren rechten Arm und zog sie zum angrenzenden Schlafgemach.
    »Lasst mich los!«
    »Bei mir findet Ihr süße Erlösung, holde Avisa.«
    »Hinaus!«
    Er zog sie an sich.
    Ihre Reaktion kam automatisch. Seinen linken Ärmel packend, versetzte sie ihm mit der anderen Faust einen Stoß in den Unterleib. Aufstöhnend klappte er vornüber zusammen, ließ sie aber nicht los.
    Sie fasste unter seinen linken Arm und duckte sich, um ihn über ihren Rücken schwingen und lautstark auf den Steinboden aufprallen zu lassen. Er stöhnte abermals und verstummte dann.
    Sie machte auf dem Absatz kehrt und ging hinaus, so stark zitternd wie nach dem Kampf mit Pyt. Wenn sie jetzt in den Vorratsraum ging und neue Kräuter für Baldwin holte, hatte sie die Chance, ihre Fassung wiederzuerlangen. Nicht Guys plumper Verführungsversuch war schuld, dass sie diese verloren hatte, sondern seine Behauptung, sie wäre der Grund dafür, dass Christian sich bemüßigt fühlte, ständig seine Tapferkeit zu beweisen.
     
    Avisa blieb stehen, als sie hörte, wie ihr Namen gerufen wurde, und ließ ihren Blick durch die mit Mispel- und Eibenzweigen geschmückte Halle wandern. Lord de Sommeville winkte ihr lebhaft zu. Ihren Rock hochraffend, lief sie eilends zu ihm. Je länger sie sich von ihren Gemächern fernhielt, desto größer die Chance, dass Guy verschwunden war, um sich anderswo zu trösten.
    Plötzlich wurde sie gepackt. Sie wollte die Hände heben und ihre Angreifer abwehren, als sie überrascht merkte, dass sie von zwei Frauen umarmt wurde. Von zwei Frauen, die sie Schwester nannten.
    Die größere, die einen halben Kopf kleiner war als Avisa, flüsterte: »Ich bedauere die Verspätung. Ein Unwetter hielt uns tagelang auf.«
    Avisa, die einen Schritt zurückwich, musste sich zu einem Lächeln nicht zwingen, als sie ihre zwei Mitschwestern ansah. Schwester Mavises Haar war nur um eine Nuance dunkler als jenes Avisas. In der Statur ähnelte sie einem Igel. Gesicht und Arme waren rund. Ihr ganzer Körper war rund, doch ihre äußere Erscheinung täuschte alle, die sich nicht im Kampf mit ihr gemessen hatten, da sie sich wieselflink bewegte.
    Avisa war erstaunt, Schwester Ermangardine neben ihr zu sehen. So dunkel wie Avisa hell, war Schwester Ermangardine nicht älter als

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