Die Lady mit der Feder - Roman
Finger auf die Lippen, als sie etwas sagen wollte.
Er bedeutete ihr, sie solle ihm den Gang entlang folgen. »Ich hörte Stimmen von oben«, flüsterte er.
»Konnte man verstehen, was sie sagten?«
»Sie besprachen, was man dem Hausherrn zum Dinner servieren soll.«
»Sie? Frauen oder Männer?«
»Frauen, glaube ich, doch dämpfte der Stein ihre Worte und verzerrte die Stimmen. Ich bin nicht ganz sicher.«
Sie setzte sich und stellte die Lampe neben ihre Füße. »Ob sie wohl wissen, dass unter ihnen ein Gang verläuft?«
»Sie werden es wissen, wenn wir durch die Falltür plötzlich auftauchen.«
Ein unmerkliches Lächeln entspannte ihre Lippen, ehe sie sagte: »Wir müssen also weiter.«
Er streichelte sie sanft. »Wir können auch zurück.«
»Das Ende ist noch nicht erreicht. Wir können uns entscheiden, wenn wir dort sind.« Er lächelte, als sie aufstand. Er nahm die Fackel und wandte sich zum Gehen, weiter den Gang entlang. Sie warf einen Blick auf die Leiter und seufzte. Sie hätte sich denken können, dass es nicht einfach sein würde.
Der Gang wand sich schlangengleich dahin. Um den Kellern derjenigen auszuweichen, die nicht der Bruderschaft angehörten, oder weil der Fels sich nicht durchbrechen ließ? Vielleicht aber aus einem ganz anderen Grund.
Ihre Lampe flackerte. »Jordan, sie erlischt!«
Er blickte über die Schulter und hielt die Fackel höher. Plötzlich stieß er einen leisen Ruf aus und warf ihr die Fackel zu. Sein Schwert fiel klirrend zu Boden. Die Arme wild schwenkend versuchte er, sein Gewicht auf den hinteren Fuß zu verlagern. Er schwankte vorwärts … und fiel hinunter in ein Loch.
Sie ließ die Lampe fallen, packte seinen Arm und setzte sich. Sie versuchte ihn zu sich zu ziehen, glitt aber auf dem rutschigen Boden aus. Einen Fuß gegen die Wand gestemmt, verhinderte sie, dass sie mitgezerrt wurde. Er fasste mit der anderen Hand nach ihrem Arm. Sie zuckte zusammen, als Schmerz in ihrer Schulter aufflammte. Mit zusammengebissenen
Zähnen stemmte sie den anderen Fuß gegen die Wand und versuchte sich nach hinten zu schieben.
Sie konnte sich nicht rühren.
Sie musste etwas anderes versuchen. Also zog sie die Füße unter sich und richtete sich in eine hockende Stellung auf. Schmerz durchzuckte ihre Beine, als sie ihren Körper als Hebel benutzte, um Jordan vom Loch wegzuzerrren. Langsam, so langsam, dass sie geschworen hätte, die Zeit stünde still, konnte sie sich vom Loch fortbewegen.
Steine polterten in einen scheinbar bodenlosen Abgrund, als er sich gegen den Rand des Abgrunds stemmte. Jeder Muskel protestierte, während sie mit langsamen, schmerzhaften Schritten rücklings ging. Dann ließ er ihren Arm los. Sie fiel um und rief seinen Namen.
»Still, Isabella«, mahnte er, als er zu ihr hinkroch. »Dank dir bin ich am Leben.«
Sie schlang ihre Arme um ihn und zog ihn zu sich herunter, zu einem Kuss, von dem sie hoffte, dass er alles sagen würde, was sie nicht ausdrücken konnte. Er schob seinen Arm unter sie und drückte sie an sich.
Nun flackerte das Licht wieder und wurde schwächer. Sie saß da und starrte die Lampe an. Sie hätte mehr als eine mitnehmen sollen. Sie griff nach der noch immer brennenden Fackel und hielt sie so, dass sie in das Loch blicken konnte. Es musste einen Boden geben, doch konnte sie ihn nicht sehen.
Jordan, der sich aufrichtete, fluchte, als seine Knie nachzugeben drohten. Wäre Isabella nicht so flink gewesen, er wäre jetzt tot. Auf sie zuschwankend, hob er sein Schwert auf und steckte es in die Scheide. »Ich danke dir nochmals, Isabella. Du hast mir das Leben gerettet … nicht zum ersten Mal.«
Es wunderte ihn nicht, dass sie so tat, als würde sie ihn nicht hören. Dankbarkeit für etwas, das ihrer Meinung nach jeder hätte tun können, bereitete ihr Unbehagen. Unwillkürlich fragte er sich, was für ein Leben sie in St. Jude’s Abbey geführt hatte, um zu dieser Denkweise zu gelangen.
»Was für Menschen sind das, die einen Tunnel bauen und ein Loch im Boden offen lassen?«, fragte sie.
»Leute, die sicher sein wollen, dass niemand ohne den Schlüssel eindringt, der ein Durchschreiten des Tunnels von einem Ende zum anderen ermöglicht.«
»Was hat die Bruderschaft zu verbergen?«
»Diese Frage zu stellen ist zu gefährlich.«
»Die Frage ist weniger gefährlich als die Antwort.« Sie entrollte ihre Peitsche und ließ sie über das Loch im Boden schnalzen.
»Was machst du da?«
»Ich suche einen Vorsprung oder
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