Die Lady mit der Feder - Roman
sie?«, hauchte Isabella.
»Ich weiß es nicht.«
»Kannst du nicht nachsehen?«
»Nein.«
Die Männer kamen näher, und er hielt den Atem an. Wie lange würde es dauern, bis sie vorbeigegangen waren und dann sahen, dass die Falle ausgelöst worden war. Immerhin bestand die Möglichkeit, dass sie annehmen würden, der Eindringling wäre im Abgrund gelandet.
Die Stimmen verklangen in der Ferne. Er riskierte einen Blick über die Schulter und sah Licht aus einem Gang, den er übersehen hatte und der jenem gegenüberlag, aus dem er und Isabella gekommen waren.
Er wartete, bis das Licht fast verschwunden war, dann trat er aus dem Tümpel. Seine Füße fühlen sich nach dem eisigen
Wasserbad sonderbar an. Als er Isabella heraushalf, wusste er, dass ihr nasses Kleid schwer an ihren Beinen haften musste.
»Wir müssen in den Gang, aus dem sie herauskamen«, sagte er, als er mit ihr rasch die Höhle durchquerte, während man noch etwas sehen konnte.
»In der Finsternis?«
»Hoffen wir, dass wir noch eine Fackel finden.« Er blickte zurück. Das Licht wurde immer schwächer.
»Wenn die Bruderschaft entdeckt, dass wir das Tunnelsystem fanden, wird man uns mit diesem Wissen nicht lange frei herumlaufen lassen.«
»Nur, wenn man sicher ist, dass wir es waren, die in ihren geheimen Irrgarten eindrangen.«
»Wenn wir uns über blanken Klingen gegenüberstehen, wird man sicher sein.« Sie nahm seine Hand, als sie den Tunnel betraten. »Lege die andere Hand auf die Wand, wir werden ihr folgen, solange es geht.«
»Solange wir nicht auf Fallen stoßen. Verdammt, wir waren so knapp dran. Einer dieser Männer könnte wissen, warum sich das Messer in Ryces Grab befand.«
»Ich weiß.«
Er hörte ihren Kummer heraus und wollte sich entschuldigen. Wie war es dazu gekommen, dass er seinen Kummer und die Verpflichtung, den Grund für Ryces Tod aufzudecken, ihr aufgebürdet hatte? Er hatte eingewilligt, ihr zu helfen, nicht aber um diesen Preis.
»Wieso kennst du mich so gut, wenn ich dir doch so wenig sage?«, fragte er.
»Es gibt viele Arten, etwas zu erfahren. Zu Beginn meiner
Studien entdeckte ich, dass man erstaunliche Dinge erfährt, wenn man mit allen seinen Sinnen beobachtet.«
»Wenn wir erst diesen verfluchten Tunnel hinter uns haben, musst du mir sagen, was du über mich weißt. Es müsste …«
War das Licht, was sie vor sich sahen? Er zwinkerte mehrmals, das Licht blieb. Es war keine Täuschung.
»Siehst du es?«, fragte sie.
»Ja. Es ist … Isabella!«
Er stieß sie zu Boden. Etwas schlug in die Wand zu ihrer Linken ein. Steinsplitter sprühten, sie stöhnte. Im spärlichen Licht sah er Blut an ihrer linken Hand.
»Isabella?«
»Nichts passiert. Nur ein kleiner Schnitt.« Sie drehte sich auf die Seite und sah ihn an. »Und du?«
»Diesmal unversehrt.« Er kam auf die Beine und strich mit der Hand über einen an einer schweren Kette hängenden Stein.
»Sieh dir die Wand an. Wir sind nicht die Ersten, die diesen Weg nehmen und die Todesfalle auslösen.«
Er sah sich den Kalkstein genau an. Die farbigen Streifen waren nicht nur Gesteinsschichten. Einige, rostig und verstreut, konnten getrocknetes Blut sein. Ihm wurde übel, er wandte den Blick ab.
»Wir müssen gehen«, drängte sie. »Wenn jemand hörte …«
Er nahm ihre Rechte und drängte sie in der Hoffnung weiter, sie würden nicht wieder in eine Falle geraten, doch war eine Umkehr unmöglich.
Zu ihren Füßen änderte sich die Beschaffenheit des Bodens.
Blankes Gestein wich behauenen und mit Mörtel zusammengefügten Steinen. Als sie einen großen runden Raum betraten, war dieser leer. Der Fels über ihnen trug das Wappen der Bruderschaft.
»Ketten«, stieß Isabella aufstöhnend hervor. Sie schlang die Arme um sich. »Ketten, Äxte und Klingen.«
Jordan ließ den Blick durch den Raum wandern und sah weitere Blutspuren. »Für Folterungen.«
»Meine Befürchtung bedarf keiner Bestätigung.« Sie versuchte mit bebenden Lippen ein Lächeln. »Wer sind diese Menschen?«
Er trat an einen Tisch, auf dem ein großes, aufgeschlagenes Buch lag, und überflog die Seiten. »Allmächtiger!«
»Was ist denn?«
»Sieh dir das an.« Er fuhr mit dem Finger über die in Rot geschriebenen Lettern und hoffte, dass es sich um rote Tinte handelte. »Sie haben sich verschworen, für Englands Sicherheit zu sorgen, und wollen daher mit allen Mitteln verhindern, dass Richard König wird. Ihrer Überzeugung nach wird er das Land durch ständige Kämpfe in den
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