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Die Lady mit der Lanze

Die Lady mit der Lanze

Titel: Die Lady mit der Lanze Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jocelyn Kelley
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von der Strömung geformt worden waren, doch das waren viele der anderen Steine entlang des Ufers ebenfalls.
    Sie stand auf und blickte auf den Stein hinunter, die Wange an den Stock gelehnt. Wie um ihn zu wecken, versetzte sie dem Stein leichte Stöße mit dem Stock und seufzte.
    Rhans Stimme hallte in ihr nach. Die alte weise Frau auf Kastell Glyn Niwl hatte gesagt, sie würde alles aufs Spiel setzen, was ihr lieb und teuer war, wenn sie nicht den Rückweg anträte. Hätte Elspeth damals ihre Niederlage eingestanden, hätte sie nach St. Jude’s Abbey zurückkehren und sagen können, sie hätte ihr Bestes versucht, doch war ihr auf Lord de la Rochelles Burg die Entscheidung, ihren Auftrag weiterzuverfolgen, leichter gefallen. Damals hatte sie den Verlust ihrer Heimat im Kloster gefürchtet. Nun aber fürchtete sie, Tarran zu verlieren.
    Hinter ihr waren Schritte zu hören. Sie schaute auf und sah Tarran auf sich zukommen. Sie umfasste den Stock fester, bewegte ihn jedoch nicht.
    »Ich dachte mir, dass ich dich hier antreffen würde«, sagte er. »Doch erwartete ich nicht, dich allein vorzufinden. Ich dachte, Druce würde an Merlins Stein Hof halten.«
    »Druce wird im Dorf als Retter von Wales gefeiert.«
    »Im Dorf?« Er warf einen Blick über die Schulter. »Ich dachte, ich hätte Orwig unweit der Kathedrale umherstreichen gesehen.«
    »Du musst dich geirrt haben. Orwig weicht Druce nicht von der Seite, wenn es ihm nicht ausdrücklich befohlen wird oder wenn er herausfinden will, was du treibst.« Sie atmete tief durch. »Ich möchte nicht über Orwig oder Druce oder die Geschichten, die sie verbreiten, reden.«
    »Deshalb wundert es mich, dass du allein bist. Ich dachte, andere würden kommen und das Wunder Llech-lafar sehen wollen.«
    »Während König Henry in Irland ist, interessiert sich kein Mensch für den Stein.« Sie starrte den Felsblock an. »Er sieht so gewöhnlich aus.«
    »Wenn jemand etwas mit einem Fluch belegt, ist es von Vorteil, wenn dieses Ding ganz gewöhnlich aussieht.«
    »Damit der König darauftritt, ohne die Gefahr zu ahnen, bis es zu spät ist.«
    »Du hast es erfasst.«
    Sie ließ ihren Stock vom Fels gleiten und stocherte damit im Boden um den Stein herum. Sie hörte das dumpfe Geräusch von Erde und das schärfere, wenn der Stock auf Felsgrund stieß. »Er ist groß, aber nicht so groß, wie ich befürchtete.«
    »Du hast Llech-lafar gesucht.«
    »Das habe ich.« Sie würde nicht lügen, wenn er seine Bemerkung nicht als Frage formulierte. Warum auch? Die Antwort lag auf der Hand.
    »Hat dein Vater dich auf die Suche geschickt, um die Gunst des Königs zu erringen?«
    »Nein.« Sie zögerte, ehe sie sagte: »Mein Vater ist tot.«
    »Wer hat dich dann ausgeschickt?«
    »Die Königin.«
    »Die Königin wovon?«
    »Die Königin von England.«
    Er packte ihren Arm und drehte sie energisch zu sich um. Ihr Stock schlug gegen sein Schienbein. Er zuckte zusammen, sagte aber: »Elspeth, lüg mich nicht an.«
    »Nie würde ich in einer so wichtigen Sache lügen.«
    Sie konnte sich nicht zurückhalten, griff in sein dunkles Haar und umfasste seinen Kopf.
    »Ist dies…«, er klopfte mit dem Fuß auf den Stein, »ist dies der Grund, weshalb du mir nicht sagen konntest, was du nach der Ankunft in Tyddewi vorhattest?«
    »Ich konnte es nicht sagen, weil ich selbst nicht sicher war, ehe ich Llech-lafar nicht gefunden hatte. Wir können ihn nicht hier lassen.«
    Er bückte sich, um den mit Flechten bewachsenen Stein zu betrachten. Während er mit den Fingern über die Ränder strich, sagte er: »Der Großteil des Felsens ist sichtbar. Unter der Erde liegt der kleinere Teil. Wir müssten es schaffen, ihn auszugraben.«
    »Du glaubt also, dass es Merlins Stein ist?«
    »Er könnte es sein. Der Stein sieht aus, als hätte er einen Bart, ebenso wie ihn der alte Merlin angeblich hatte. Glaubst du , dass es der Stein ist, den du suchst?«
    »Ja, ich glaube es. Dabei bin ich nicht einmal sicher, dass es einen solchen Fluch geben kann.«
    Als er aufstand und sich die Hände an seinem Übergewand abwischte, verteilte er die Schmutzteilchen darauf. Ihr hätte jetzt nicht auffallen dürfen, wie das Stoffmuster seine Muskeln betonte. Sie hätte sich auf den Stein und nicht auf seinen durchtrainierten Körper konzentrieren sollen.
    »Ich bin aus Cymru«, sagte er und lenkte ihren Blick zurück zu seinem Gesicht. »Ich weiß, dass Dinge in Sagen existieren, auch wenn ich sie nicht sehen oder verstehen

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