Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Lady von Milkweed Manor (German Edition)

Die Lady von Milkweed Manor (German Edition)

Titel: Die Lady von Milkweed Manor (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julie Klassen
Vom Netzwerk:
ihn an. Ihre ernsten Augen waren traurig. »Nein, das würde er nicht.«
    Er wandte den Blick von ihr ab, blickte auf Doddington und legte die Hände auf den Rücken. Er spürte ihren Blick auf seinem Profil.
    Nach einem Augenblick der Verlegenheit fragte sie: »Sind Sie ganz sicher, dass Sie gehen müssen?«
    »Charlotte, ich bin mir nur sehr weniger Dinge wirklich sicher, bis auf die Tatsache, dass ich weiterkommen muss. Ich habe mich entschlossen, mein Studium an der Universität von Edinburgh abzuschließen und die Zulassung als Arzt zu erwerben.«
    »Aber Oxford oder Cambridge wären so viel näher.«
    »Ich fürchte, ich habe weder den Status noch die Mittel für eine dieser Institutionen. Dr. Webb empfiehlt Edinburgh. Er hat ebenfalls dort studiert.«
    »Sie bewundern Dr. Webb.«
    »Ja. Mein Vater ist selbst Wundarzt, aber ich möchte mehr tun, als Knochen zu flicken und kranke Körperteile wegzuschneiden …« Er hielt inne. »Entschuldigen Sie. Das war taktlos von mir.«
    Sie schenkte ihm ein winziges Lächeln. »Sie haben jedenfalls nicht Mr Webbs Diskretion.«
    »Das stimmt. Noch etwas, worin ich weiterkommen muss.«
    »Meine Mutter mochte Sie sehr – so wie Sie sind.«
    »Danke. Das ehrt mich.«
    »Mein Vater dagegen …«
    »Ja, Miss Lamb. Ich weiß. Ihr Vater hat mir gegenüber keinen Zweifel an seiner Meinung über mich gelassen.«
    Sie öffnete den Mund, als wolle sie mehr sagen, sich vielleicht sogar entschuldigen, doch dann presste sie die Lippen fest zusammen und sagte nichts mehr.
    Er wusste, dass es wenig gab, was er zu diesem – oder irgendeinem anderen – Thema noch sagen konnte, und verabschiedete sich von Miss Charlotte Lamb und von Doddington, fest entschlossen, beide endgültig aus seinen Gedanken zu verbannen.

18
    Da eine Krankheit oder ganz allgemein eine schwache Konstitution oder auch das Verbot ihres Ehemannes es einer Frau unmöglich machen kann, ihr Kind selbst zu stillen, ist es manchmal nötig, eine Amme zu nehmen.
    James Guillemeau,
Childbirth Or The Happy Deliverie Of Women
    Im dritten Stock des Londoner Stadthauses von Lady Katherine und Mr Harris saß Sally in einem Schaukelstuhl im Kinderzimmer, hielt den kleinen Edmund im Arm und freute sich an dem warmen Gewicht des Körperchens, das sich an ihre Brust schmiegte. Ihn zu halten, war ihr Trost und Stachel zugleich, weil sie ihren eigenen kleinen Jungen, der nur wenige Meilen entfernt bei ihrer Schwester lebte, dann umso schmerzlicher vermisste. Sie hatte ihn, seit sie letzten Monat hierher gekommen war, nur ein einziges Mal gesehen. Ich mache das nur für ihn , sagte sie sich. Ich spare jeden Shilling. Wir werden es einmal besser haben, mein kleiner Dickie. Du wirst schon sehen .
    Die Dame des Hauses trat ein, ohne anzuklopfen. Sally fuhr zusammen. Sie setzte sich in ihrem Schaukelstuhl aufrechter hin und guckte rasch nach, ob ihr Kleid auch ordentlich zugeknöpft war.
    »Guten Abend, M'lady«, beeilte sie sich zu sagen.
    »Wie geht es meinem Sohn heute Abend?«, fragte Lady Katherine. Sie hatte nur Augen für ihren Sohn.
    »Sein Bäuchlein ist voll und seine Träume sind süß.«
    Lady Katherine sah Sally schief an. »Und woher wollen Sie den Inhalt seiner Träume kennen?«
    »Oh, gucken Sie ihn doch an, M'lady. Er sieht so friedlich aus. Er schläft den Schlaf eines Kindes, das keine Sorgen kennt. Kein Herumzappeln, kein Jammern.«
    »Hoffen wir, dass er morgen bei der Aussegnung 2 genauso ruhig ist.«
    Sally hob den Jungen vorsichtig hoch und hielt ihn seiner Mutter entgegen. »Möchten Sie ihn einmal halten?«
    »Heute nicht. Wir gehen nachher noch aus und ich habe keine Zeit mehr, Speichel – oder Schlimmeres – von meinem Kleid zu entfernen, verstehst du.«
    »Natürlich.«
    Katherine wandte sich um und ging zurück zur Tür, blieb aber noch einmal stehen. »Hör doch nur, wie der Wind heult. Er wird mir meine Frisur ruinieren. Hol Edmund heute Nacht auf jeden Fall noch eine zweite Decke. Dieses Haus ist sehr zugig, wenn es draußen so stürmisch ist.«
    »Ja, M'lady.«
    Das Stadthaus war in der Tat ungemütlich kalt und zugig, vor allem in den oberen Stockwerken. Es war hoch und schmal, wie die Nachbarhäuser. Sally vermutete, dass die anderen Häuser ähnlich aufgeteilt waren, wenngleich sie keine Gründe für diese Annahme hatte, denn seit sie hier als Edmunds Amme arbeitete, hatte sie das Haus noch kaum verlassen.
    Der wärmste Raum im Haus war die Küche im Untergeschoss. Ihr hohes Fenster ging auf einen

Weitere Kostenlose Bücher