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Die Lagune Der Flamingos

Die Lagune Der Flamingos

Titel: Die Lagune Der Flamingos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sofia Caspari
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dachte Marlena, bin ich weg.
    Sie hatte inzwischen die Garderobe erreicht und ihren Mantel angezogen. Mit dem Mantel sah man ihre Schwangerschaft noch nicht. Es sah nur aus, als hätte sie zugenommen.
    Wohin soll ich gehen?, fuhr es ihr durch den Kopf. Zu den Eltern? Nein, sie konnte keinesfalls nach Hause. Sie schämte sich zu sehr. Diese Scham hatte sie bisher ja auch davon abgehalten, mit ihrer Mutter zu sprechen. Marlena seufzte erneut. Sie bückte sich gerade keuchend nach ihrer Schultasche, als jemand ihre Schulter berührte. Marlena entfuhr ein Schreckensschrei.
    »Aber Marlena«, sagte eine freundliche Stimme. »Ich bin es doch nur.«
    »Fräulein Brand!«
    »Warum bist du nicht im Turnunterricht?«
    »Mir ist nicht gut. Mein …«, Marlena überlegte fieberhaft, »… mein Kreislauf.«
    Prüfend schaute Fräulein Brand sie an. »War dir nicht letzte Woche schon schlecht?«
    Marlena errötete. Wie hatte Fräulein Brand das nur mitbekommen?
    »Na«, fuhr diese dann fort, »du bist fast erwachsen und hast die Schule bald abgeschlossen. Du musst wissen, was du tust.«
    »Ja, Fräulein Brand.« Marlena knickste. »Auf Wiedersehen, Fräulein Brand.«
    »Auf Wiedersehen, Marlena.«
    Marlena hatte den Ausgang fast erreicht, als sie Fräulein Brands Stimme noch einmal zurückhielt.
    »Marlena«, rief diese, »ich halte große Stücke auf dich. Vergiss das nie.«
    Marlena nickte, unfähig etwas zu sagen. Als sie hinaus auf die Straße trat, konnte sie ihre Tränen nicht mehr zurückhalten.
    Der conventillo , in dem John zurzeit wohnte, lag im vormals vornehmen San Telmo. Marlena hatte befürchtet, ihn nicht anzutreffen, aber offenbar war er gerade erst aufgestanden. Obgleich es fast Mittag war, war er noch ungekämmt und trug das Hemd über der Hose. Die Decken auf seinem Bett waren zerwühlt. Ein paar Bücher und Notizen lagen herum.
    »Was machst du denn hier?«, fragte er entgeistert anstelle einer Begrüßung. »Ich dachte, du wärst in der Schule.«
    »Turnen«, erwiderte Marlena. »Ich musste da weg, ich …« Sie sah an sich hinunter.
    John folgte ihrem Blick. »Geht es unserem Kind gut?«, fragte er sie zärtlich.
    Wenn er auch keine Anzeichen machte, ihre Lage zu verbessern – eine Weile hatte Marlena sich vorgestellt, er würde bei ihren Eltern um ihre Hand anhalten –, so war er doch interessiert an seinem Kind.
    »Ja, ja, alles in Ordnung.«
    Marlena sah zu Boden, wusste einfach nicht, was sie sagen sollte.
    »Sag mal, hast du geweint?«, fragte er einen Moment später.
    Marlena antwortete nicht. Wie sollte sie ihm nur beibringen, dass ihre Mitschülerinnen hinter ihr Geheimnis gekommen waren? Die Turnstunde war längst vorbei. Sicher wusste es schon die ganze Schule. Sicher wussten es auch schon ihre Mutter und Julius.
    »John, Isolde hat mich heute erwischt.«
    »Bei was?«
    »Sie weiß, dass ich schwanger bin. Wahrscheinlich wissen inzwischen alle, dass ich schwanger bin.«
    »Na und? Das war doch klar, dass das irgendwann geschehen musste.«
    Marlena blieb für einen Moment die Luft weg. Manchmal wusste sie einfach nicht, in welcher Welt John lebte. Ja, vielleicht war sie gedankenlos gewesen, als sie mit ihm geschlafen hatte, aber sie liebte ihn doch.
    »John«, versuchte sie es vorsichtig. »Unser Kind ist unehelich. Wir sind nicht verheiratet.«
    »Stört uns das?«
    »Es muss uns jetzt stören.«
    »Nein, das muss es nicht.« Mit einem Mal legte John zärtlich die Arme um Marlena und zog sie an sich. »Denn wir lassen uns von verbitterten alten Moralaposteln nicht unser Leben verderben. Du warst so mutig bisher, Marlena. Ich bin stolz auf dich.«
    »Aber, Mama …«
    »Still, Marlena«, sagte er, und dann küsste er sie lange und behutsam.
    An diesem Abend sprang Anna bei jedem leisesten Geräusch auf, um zur Tür zu eilen.
    »Mama, du passt ja gar nicht auf!«, beschwerte sich schließlich Leonora. Sie hatte ihre Mutter gebeten, Quartett mit ihr zu spielen, aber die war einfach nicht bei der Sache.
    »Kleines«, versuchte Anna ihr jetzt zu erklären, »ich warte auf deine Schwester. Sie müsste schon längst zu Hause sein.«
    »Na und?« Leonora zog am Ärmel von Annas Bluse. »Dann kommt sie eben später. Wir spielen doch jetzt zusammen.«
    Anna unterdrückte einen Seufzer. In letzter Zeit war nur noch schwer mit Leonora umzugehen. Ständig verlangte sie Aufmerksamkeit oder zeigte ihre Eifersucht auf die ältere Schwester. Anna hatte immer gedacht, dass es der Altersunterschied einfacher machen

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