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Die Lagune Der Flamingos

Die Lagune Der Flamingos

Titel: Die Lagune Der Flamingos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sofia Caspari
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europäisch, der Portier ist zwar nicht im Frack, aber doch streng europäisch – das Haus selbst ist luxuriös überfirnisst, mit kühler, steifer Talmi-Eleganz ausgestattet, gerade so, als ob man sich in Paris, Wien oder Berlin befände. Aber dann, wenn man das Essen serviert bekommt, da merkt man doch den Unterschied. Nach dem dritten kommt ein vierter, nach diesem ein fünfter und sechster Gang, manchmal sogar ein siebter und achter, alles in Portionen, die für den Appetit eines vorsintflutlichen Lebewesens berechnet zu sein scheinen.«
    Anna warf ihrem Mann einen liebevollen Blick von der Seite zu. Auch der einst so schlanke Julius hatte mittlerweile etwas Bauch angesetzt. Der Achtundvierzigjährige bestand allerdings darauf, dass es daran liege, dass die Köchin zu gut koche. Anna hielt dagegen, dass sie beide einfach älter würden. Auch sie war mit ihren sechsundvierzig Jahren nicht mehr die Jüngste.
    »Manchmal kommt mir Buenos Aires schrecklich rückständig vor«, mischte sie sich nun mit einem Augenzwinkern ein.
    »Das wiederum«, entgegnete Kuhn, »kann ich nicht bestätigen. Während man sich in Europa beispielsweise noch wegen der verschiedenen Beleuchtungsmethoden in den Haaren liegt, hat Buenos Aires nicht nur das Gaslicht, sondern bereits eine Unzahl elektrischer Installationen und sogar über zweitausend Telefonabonnenten. Die Kaufläden werden bis neun oder zehn Uhr abends hell erleuchtet offen gehalten, und der Briefträger trägt noch um zwölf Uhr nachts Briefe aus.«
    Julius lächelte. »Bedauerlich ist gewiss nur, dass die Kanalisation eine elende ist. Sie rechtfertigt immer noch die schlimmsten Besorgnisse für den Fall einer Epidemie und durchaus auch den Ausspruch, Buenos Aires sei auf Kot erbaut.«
    Die drei lachten, und Marlena stimmte in ihr Gelächter ein. Ach, es war schön, wieder zu Hause zu sein. Sie dachte nach einem halben Jahr nur noch ganz selten an John.

Zweites Kapitel
    Natürlich kam irgendwann die Zeit, zu der Marlena wieder unruhiger wurde. Die Gespräche über Kleidung, gesellschaftliche Vergnügungen, die Oper oder Tanzveranstaltungen im Teatro Colón begannen sie von Neuem zu langweilen. Das Fuhrunternehmen, für das sie manchmal Büroarbeiten erledigte, interessierte sie immer noch nicht. Immer öfter zückte sie den Stift und saß grübelnd über ein Blatt Papier gebeugt.
    Anna war die Erste, die Marlenas Unruhe bemerkte. Eines Tages – Marlena hatte sich in einen der Korbsessel im Patio gesetzt und blätterte unkonzentriert in einem Buch – trat sie an die Seite ihrer Tochter.
    »Es zieht dich wieder fort, nicht wahr?«
    Marlena sah ihre Mutter an und schüttelte den Kopf. »Nein, wie kommst du darauf?«
    »Ich sehe es dir an.«
    Marlena sah wieder auf das Buch in ihrem Schoß – eine Reisebeschreibung mit dem Titel Durch Patagonien , wie Anna zu erkennen meinte. Sie wird wohl nie in meinem Unternehmen arbeiten wollen, schoss es ihr durch den Kopf. Es tat ein wenig weh.
    »Wie heißt der Autor?«, fragte sie.
    »Florence Dixie. Es handelt sich um eine Autorin«, erwiderte Marlena.
    »Ah, interessant.« Anna überlegte. »Vielleicht möchtest du ja auch mal wieder verreisen. Was hältst du davon, Eduard auf La Dulce zu besuchen?«
    Marlena starrte ihre Mutter an. »La Dulce? Ausgerechnet La Dulce?«
    Anna wusste, dass ihre Tochter dort angstvolle Tage verbracht hatte. Aber La Dulce war auch die Estancia, auf der ihr Bruder und damit Marlenas einziger noch lebender Onkel lebte. Eduard besuchte sie zwar jedes Mal, wenn er nach Buenos Aires kam, aber Marlena selbst war nicht mehr auf La Dulce gewesen, seit damals. War nicht endlich die Zeit gekommen, sich dieser Vergangenheit zu stellen?
    Marlena legte das Buch langsam zur Seite. »Vielleicht hast du Recht, Mama.«
    Anna nickte. »Natürlich habe ich Recht. Übrigens ist deine Cousine Blanca auch dort …«
    »Hm«, erwiderte Marlena.
    Ihre Mutter hatte ihr von Blanca erzählt und davon, dass diese die Familie nach dem Tod ihrer Mutter aufgesucht hatte.
    »Und dann sind auch noch Estella und ihr Bruder Paco dort. Ich denke, dass es Zeit wird, dass du einmal wieder mit Estella sprichst. Ihr seid so gute Freundinnen.«
    Wir waren Freundinnen, wollte Marlena scharf entgegnen, aber sie tat es nicht. Mit einem Mal fiel ihr auf, dass sie verdrängt hatte, was damals zwischen Estella und ihr geschehen war. Vielleicht war es an der Zeit. Vielleicht sollten Estella und sie tatsächlich miteinander reden.
    Hatte sich

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