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Die Lagune Der Flamingos

Die Lagune Der Flamingos

Titel: Die Lagune Der Flamingos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sofia Caspari
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ausreichend erholt aus, Señor Hofer. Sie werden bald nach La Dulce aufbrechen, um dort noch etwas mehr zu Kräften zu kommen.«
    »Nach La Dulce? Wieso?«
    »Weil dort Marlena und Ihre Kinder auf Sie warten.«

Viertes Kapitel
    Tatsächlich bot auch die Pampa Platz für den ältesten Beruf der Welt. Hin und wieder traf eine umherziehende »Madame« auf La Dulce oder einer der benachbarten Estancias ein. Die bekannteste von ihnen zog mit einem großen Ochsenkarren voller junger Frauen und Mädchen über die Ebenen. Die Ankunft dieser Frauen war stets der Auslöser für eine fröhliche Fiesta mit Tanz und Gesang. Kleine Zelte wurden aufgestellt, und die Männer konnten Kerzen kaufen, die bestimmten, wie viel Zeit sie mit den Frauen verbringen durften. Zu anderen Zeiten fand man Prostituierte zumeist in der Nähe einer pulpería.
    Auch Blanca hatte früher dort gewartet. Heute gehörte sie nicht mehr zu jener Welt und hielt sich eher fern von solchen Orten. Zwar fürchtete sie sich nicht davor, alte Bekannte zu treffen, aber sie riss sich auch nicht darum. Ihr Leben hatte sich verändert. Sie wollte nicht zurückblicken. Sie war nun die Nichte Eduard Brunners, des Verwalters von La Dulce, sie hatte mit ihrem alten Leben abgeschlossen. Manchmal dachte sie jedoch daran zurück, sogar an die Gespräche mit Jens Jensen, dem sie immer noch etwas schuldete. Aber das war alles so lange her. Sie war froh, dass sie sich entschieden hatte, einen Schlussstrich zu ziehen und nach La Dulce zu gehen. Es war auch unsinnig gewesen, sich vor der Begegnung mit ihrer Tante, Anna Meyer, zu scheuen. Anna hatte sie erst freundlich fragend angeblickt, dann hatte sich ihr Gesichtsausdruck verändert. Gustav, hatte sie fassungslos gemurmelt. Damit hatte sich wohl bestätigt, was Blancas Mutter immer behauptet hatte: Sie, Blanca, sah ihrem Vater sehr ähnlich. Die erste Begegnung mit Eduard war ähnlich verlaufen. Zudem hatte er wohl von Gustavs Vaterschaft gewusst.
    Mit einem Seufzer riss Blanca sich aus den Erinnerungen. Paco, der sie inzwischen nur noch selten aus den Augen ließ, trat an ihre Seite. Er kam, sooft es die Arbeit beim Rechtsanwalt zuließ – er hatte im Laufe der Zeit immer mehr Aufgaben übernommen -, nach La Dulce. Blanca war sich sicher, noch nie hatte sie jemand so aufrichtig geliebt. Lange Zeit hatte sie sich nicht vorstellen können, dass es so etwas gab, aber Pacos Liebe ermöglichte es ihr, ihre Vergangenheit hinter sich zu lassen. Für ihn war sie keine Hure und würde es niemals sein. Sie konnte ihm vertrauen. Mit einem Lächeln reichte er ihr eine würzige empanada. Seit den frühen Morgenstunden hatten sich die Frauen ins Zeug gelegt und eine Leckerei nach der anderen gezaubert.
    Man feierte mal wieder auf La Dulce. Arthur hatte ein neues, größeres Haus für sich fertiggestellt. Außerdem hatten in der von ihm betreuten Schafherde mehr Tiere gelammt, als zu erwarten gewesen war. Eduard hatte sogar einen payador engagiert, jenen sogenannten Troubadour der Pampa, von dem man hervorragende Improvisationen und Sinn für Doppeldeutiges erwartete.
    »Wusstest du übrigens, dass das Wort Pampa aus der Quechua-Sprache kommt? Es bedeutete Ebene«, sagte Paco unvermittelt.
    Blanca schüttelte den Kopf. »Nein, das wusste ich nicht.«
    Sie lächelte. Paco wusste wirklich alle möglichen Dinge.
    Sie lauschten beide wieder dem payador. Und dann tanzten sie. Paco genoss es, die junge Frau in den Armen zu halten. Damals, als er ihr erstmals begegnet war, hatte ihm ihre Schönheit schier die Sprache verschlagen. Und erst ihr Lachen! Himmel, er hörte sie so gerne lachen.
    Nach mehreren Tänzen verließen sie atemlos den Kreis der Tanzenden. Paco besorgte ihnen beiden eine erfrischende Limonade.
    »Du willst jetzt tatsächlich Anwalt werden und die Rechte der Indios verteidigen?«, fragte Blanca, nachdem sie einen tiefen Schluck genommen hatte.
    »Zuerst einmal will ich einem Anwalt dabei helfen«, berichtigte er sie. »Ich muss nämlich noch viel lernen.«
    Blanca drehte einen Moment lang den Limonadebecher in den Händen.
    »Warum?«, fragte sie dann leise.
    »Nun«, Paco lächelte, »ich bin zwar ein Mestize, aber die Indios sind auch mein Volk, wenigstens zu einem Teil.«
    Ach Gott, fuhr es Blanca unvermittelt durch den Kopf. Habe ich nicht schon einmal jemanden gekannt, den ich über so etwas verloren habe? Es ist mein Volk … Ihr Mund wollte sich zu einem bitteren Lächeln verziehen. Ach, Julio … Sie musste sich mit

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