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Die Lagune des Löwen: Historischer Roman: Historischer Liebesroman

Die Lagune des Löwen: Historischer Roman: Historischer Liebesroman

Titel: Die Lagune des Löwen: Historischer Roman: Historischer Liebesroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Thomas
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darauf lauerte, ihren Vater zu töten. Sie wollte schreien, um ihn zu warnen, doch sie brachte nicht einmal ein Flüstern heraus. Dann wieder saß sie am Totenbett ihrer Mutter und schlug die Laken zurück, unter denen das Blut herausfloss, über ihre Hände und Arme, bis sie stöhnend um sich schlug und endlich aufwachte.
    Die schlimmsten Träume aber waren jene, in denen Arcanzola sie in den Palazzo von Giacomo Cattaneo brachte. Dort irrte sie mit Matteo in ihren Armen durch unendliche, prachtvoll ausstaffierte Gänge und konnte keinen Ausgang finden.
    Sie hatte nie über all das gesprochen, erst recht nicht über das Stehlen, und sie war dankbar, dass Crestina nie danach fragte. Freimütig hatte sie nur über die Zeit im Waisenhaus berichtet, hatte den Hunger und die Armseligkeit beschrieben, und es tat gut, dabei Crestinas Mitgefühl zu spüren. Mansuetta hatte verschiedentlich versucht, mehr über ihre Vergangenheit zu erfahren, und so hatte Laura ihren vielen Verfehlungen eine weitere hinzugefügt, indem sie behauptete, sich nach ihrer Flucht aus dem Waisenhaus ihren Lebensunterhalt erbettelt zu haben. Diese Lüge schien ihr im Vergleich zu den vielen Diebstählen kaum bemerkenswert. Erstaunlich fand sie angesichts ihrer rabenschwarzen Lasterhaftigkeit eigentlich nur die Tatsache, dass sie immer noch so sehr darunter litt. Sie betete viel und erflehte Gottes Verzeihung für all die Sünden, aber sie wusste auch, dass ihr wirkliche Erleichterung erst durch die Absolution zuteilwerden würde, und dafür sah sie derzeit keine Möglichkeit. Wie Mansuetta und Crestina ging sie regelmäßig zum Priester der Contrada, um zu beichten, doch wie konnte sie zugeben, welcher Abscheulichkeiten sie schuldig war? Nicht nur die Scham hielt sie davon ab, sondern auch ihre Angst, und so blieb sie dabei, nur die lässlichen Sünden zu gestehen, wie sie wohl jedes Mädchen in ihrem Alter Woche für Woche beging.
    Einer der Zwillinge, Oratio, hatte ihr erzählt, wie auch er einmal seine Seele bei der Beichte erleichtern wollte. Der Priester hatte ihn regelrecht verhört, hatte alle Einzelheiten aus ihm herausgepresst und genau wissen wollen, wie viele Geldbeutel, Würste und Schnapsflaschen er an sich gebracht hatte. Das Ende vom Lied war, dass er zur Buße nicht nur Hunderte von Psaltern beten musste, sondern auch von Mönchen zur Erziehung in ein Kloster verfrachtet wurde, wo er tagelang Latrinen schrubbte, bis er endlich in einem unbewachten Moment von dort flüchten konnte.
    Lauras Furcht, man könne sie zu Frondiensten in ein Kloster stecken oder sie wegen ihrer vielen Diebstähle ins Gefängnis werfen, war größer als ihr Bedürfnis, ihre Seele von Sünden reinzuwaschen. Dennoch wog die Belastung schwer und überschattete ihren Alltag.
    Eines Tages, schwor sie sich, werde ich so stark sein, dass niemand mehr es wagen wird, mich wegzubringen. Dann werde ich vor Gott hintreten und seine Vergebung erflehen. Dann wird alles gut.
    »Heute Abend gehen wir ins Theater«, sagte Crestina zu ihren Gästen.
    Bei Brot und Wein saßen sie in der bullig aufgeheizten Küche zu sechst um den Tisch; eigentlich waren sie sieben, wenn man Matteo mitzählte, der bei Mansuetta auf dem Schoß saß und ständig die Hände nach dem Brotkorb ausstreckte.
    »Ins Theater«, staunte die Nachbarin, Monna Elsa. »Ist das nicht verboten?«
    Matteo deutete auf den Kaminofen, in dem die Flammen züngelten. »Ofen ist heiß, Matteo anfassen verboten. Feuer tut weh, und Matteo schreit.« Er dachte kurz nach. »Feuer verbrennt auch Holz. Holz schreit nicht. Ist tot.«
    Isacco blickte verblüfft auf. »Das ist unglaublich!«
    »Ja, nicht wahr? Er sagt die klügsten Dinge.« Mansuetta strahlte ihn an.
    »Du hast ihn gut erzogen«, meinte Isacco.
    Mansuetta sonnte sich sichtlich in seiner Bewunderung, und Laura dachte mit leiser Verdrossenheit, dass es wohl kaum angebracht war, wenn Mansuetta mit Matteos Intelligenz angab. Mansuetta mochte sich im Laufe der letzten beiden Jahre viel um ihn gekümmert haben, aber die Zeit davor war allein sie, Laura, für sein Wohlergehen und seine gedeihliche Entwicklung verantwortlich gewesen. Schon damals hatte er Anzeichen einer ungewöhnlichen Klugheit gezeigt, die man nicht erlernen konnte, sondern die angeboren war.
    »Was für ein Stück wird denn im Theater gegeben?«, wollte Mosè Zinzi von Crestina wissen. Er war zu einem seiner seltenen Besuche eingetroffen und machte Crestina seine Aufwartung, gemeinsam mit seiner

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