Die Lagune des Löwen: Historischer Roman: Historischer Liebesroman
erwachsenen, aber immer noch bemitleidenswert mondgesichtigen Filacenova-Söhne ignoriert, ebenso wie das Getuschel zwischen Monna Pippa und ihrem Mann, Messèr Filacenova, die sie beide neugierig angestarrt hatten. Für einen Moment hatte es den Anschein gehabt, als wolle der Kaufmann näher kommen und mit ihr sprechen, doch seine Frau hielt ihn am Arm zurück. Laura war darüber erleichtert; sie wusste nicht, was sie Monna Pippa sonst vielleicht an den Kopf geworfen hätte.
Eine belustigte Männerstimme riss sie aus ihren Gedanken. »Welche Nachfahren von Affen geben uns denn hier die Ehre?«
Sie reckte den Kopf, um den Sprecher besser erkennen zu können, der hinter einem Riesen von Mann stand und auf einem Holzbrett Farben anmischte. Er war noch jung, vielleicht um die zwanzig, und er hatte wirr abstehendes brünettes Haar und verschmitzte, männlich attraktive Gesichtszüge. In seinen Augen funkelte es mutwillig, während er Laura über die Schulter des Riesen hinweg angrinste. »Obschon ich doch meinen möchte, dass Ihr, bis auf Eure beachtlichen Kletterkünste, tatsächlich kaum Ähnlichkeit mit einem Affen aufweist. Vielmehr seid Ihr eine allerliebste Erscheinung, wenn ich mir die Bemerkung gestatten darf.« Sein Blick offenbarte höchste Bewunderung. »Dieses herrliche rote Haar! Diese strahlenden Augen! Ein liebreizenderes Wesen ist mir wahrhaftig hier in der Stadt noch nicht vor Augen gekommen! Seid Ihr schon porträtiert worden, Madonna? Euer Antlitz schreit nach einem Porträt!«
»In Wahrheit stammen wir nicht von Affen ab«, informierte Matteo vorsorglich den jungen Maler. »Wir haben richtige Eltern. Leider leben sie nicht mehr.«
»Das tut mir leid.« Eine Spur von Betroffenheit zeigte sich in der Miene des Künstlers.
»Dir wird es gleich noch mehr leid tun, wenn du die Farben trocknen lässt, bevor ich sie auftragen kann«, brummte der Riese, der zwischen Laura und dem jungen Maler aufragte wie ein massiver Fels. Er wandte den Kopf und blickte Laura über die Schulter an. »Eure Neugier in Ehren, Mädchen, aber die Arbeit al fresco ist eine diffizile Angelegenheit. Dieser Putz hier ist frisch aufgetragen und noch feucht, und wenn ich ihn nicht unverzüglich bemale, ist das ganze Bild verdorben.«
»Laura ist kein Mädchen«, erklärte Matteo in aller Ernsthaftigkeit. »Sie ist schon sechzehn. Und sie weiß alles über Fresken. Von ihrem Vater, der auch mein Vater war. Leider konnte ich ihn nicht kennenlernen, er starb vor meiner Geburt. Aber Laura hat er alles beigebracht, was es darüber zu wissen gibt.« Stolz fügte er hinzu: »Mein Vater war Guido Monteverdi.«
Der Maler ließ den Spachtel sinken, mit dem er gearbeitet hatte, und wandte sich vollends zu ihnen um. Er war sehr groß, um die sechs Fuß, und er überragte seinen jüngeren Kollegen um mehrere Handbreit. Laura schätzte ihn auf etwa dreißig Jahre. Wie der andere war er nachlässig gekleidet, in ein altes Hemd und zerschlissene Beinlinge, denen es nicht schadete, wenn sie mit Farbe oder Mörtel beschmiert wurden. Sein Gesicht war asketisch und von starker Ausdruckskraft, mit kantig vorstehender Nase, dichten, in der Mitte zusammenstrebenden schwarzen Brauen und dunklem Vollbart. Das Haar war aus der Stirn gestrichen und hinter die Ohren zurückgekämmt.
»Guido Monteverdi, wie?« Er nickte langsam. »Euer Vater war einer der Größten unter uns, aber das wisst Ihr sicher.«
»Hat er nicht die Fresken an San Giacometto gemacht?«, fragte der Jüngere.
Der große Maler nickte. »Und die Wandverzierungen in einem halben Dutzend anderer Kirchen und Palazzi. Ich war damals Schüler und einer seiner Bewunderer. Würde er noch leben, wäre zweifellos er derjenige, der hier oben stehen würde.«
»Statt deiner?«, wollte der andere wissen.
»Statt deiner«, gab sein Kollege knurrig zurück. Doch dann grinste er unerwartet. »Es ist mir eine Freude und Ehre, Guidos Tochter und Sohn kennenzulernen.« Er verneigte sich vor Laura. »Wir sind unhöflich, Madonna. Gestattet, dass ich uns vorstelle. Dieser unkonzentrierte, wenngleich nach allen Maßstäben der schönen Künste nicht unbegabte Luftikus an meiner Seite ist Tiziano Vecellio. Ich selbst bin Giorgio da Castelfranco. Aber nennt mich einfach Zorzo.«
»Oder nennt ihn Giorgione, wie ich es tue«, witzelte der jüngere Maler. »Damit man ihn nicht mit einem Zwerg verwechselt.«
Der Ältere machte eine Bewegung, als wollte er seinen Kollegen vom Gerüst in den Kanal
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