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Die Lagune des Löwen: Historischer Roman: Historischer Liebesroman

Die Lagune des Löwen: Historischer Roman: Historischer Liebesroman

Titel: Die Lagune des Löwen: Historischer Roman: Historischer Liebesroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Thomas
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Art der Fracht, durchweg beachtlich.
    Antonio hatte im Laufe des letzten Jahres bereits zwei kleinere Beteiligungen an Schiffen erworben, die gute Erträge abgeworfen hatten, und beim Anblick des Schiffes drängte sich ihm sogleich die Überlegung auf, dass er, anstatt seinen immensen Gewinn aus dem Alaungeschäft in einen Prunkbau am Canalezzo zu stecken, lieber in neue Handelsfahrten investieren sollte. Besonders mit den Pferden war ungeheures Geld zu verdienen; jeder europäische Fürst, der auf sich hielt, wollte mindestens eines dieser edlen Tiere besitzen, und die meisten Potentaten waren bereit, Unsummen für solchen Luxus auszugeben.
    Er könnte nächstes Jahr doppelt so reich sein wie jetzt und sich dennoch ein Haus kaufen. Und vor allem hätte er ausreichende Mittel für neue Geschäfte frei.
    Ein Seufzen unterdrückend schlenderte er über das Deck. Die Wette einzulösen ging vor, ganz ohne Frage. Mittlerweile war er sogar geneigt zu glauben, Jesus Christus selbst sei als Wettpartner an Raffaeles Stelle getreten. Er hatte ihm sein Blut als Unterpfand und leuchtendes Ziel zugleich gegeben. Ein Zeichen und eine Aufforderung, den eingeschlagenen Weg nicht aus den Augen zu verlieren.
    In einem eher unzugänglichen Winkel seines Verstandes flackerte bei Antonio hin und wieder der Verdacht auf, all das sei nichts als ausgemachte Dummheit, kombiniert mit einem Übermaß an Ehrgeiz und Geltungsdrang. Oder, was sogar noch eher anzunehmen war, schlichte Häresie. Doch mit dem Glauben war es wie mit der Lust oder der Liebe: Vernunft konnte in solcherlei Belangen wenig erreichen.
    Der Kapitän, ein Genuese, von dem es hieß, dass er auf einer der Fahrten von Cristoforo Colombo an dessen Seite gewesen sei, gab das Kommando zum Ablegen.
    Nachdem die Ruderer das Schiff von der Mole fortbewegt hatten, hissten die Matrosen die Segel, und bald machte die Karacke gute Fahrt.
    Antonio stand an der Bugreling und ließ sich den Wind um die Nase wehen. Für kurze Zeit gesellte sich Ippolito zu ihm, verschwand dann aber wieder unter Deck, weil er nach Raffaele sehen wollte, der sich immer noch mehr tot als lebendig fühlte. Die Griechen saßen würfelspielend in ihrem Quartier; ihnen war es an Deck zu kalt.
    Antonio fror ebenfalls, aber er zog die Kälte den muffigen, stickigen Ausdünstungen im Bauch des Schiffes vor. Dort roch es nach Stall, stinkenden Pelzen, ranzigen Menschenleibern und fauligem Stroh, und nicht einmal der stechende Geruch des Pechs von der frischen Kalfaterung vermochte gegen diesen typischen Schiffsgestank viel auszurichten.
    Als er die Berührung auf der Schulter spürte, glaubte er im ersten Moment, es sei einer seiner Reisegenossen, vielleicht auch der Kapitän oder sein Maat, die sich auf eine Unterhaltung zu ihm gesellen wollten.
    Dann hörte er die Stimme und erstarrte.
    »Antonio, alter Freund, habe ich doch richtig gesehen.«
    Die Aussprache war klar moduliert und fast völlig frei von Akzent; im Grunde erkannte man den Hauch des Fremdländischen in der Stimme nur, wenn man davon wusste.
    Antonio drehte sich langsam um. »Carlo! Na so was!« Verblüfft musterte er den Schwarzen. Natürlich hätte er ihn immer und überall wiedererkannt; dennoch war er überrascht, wie sehr Carlo sich verändert hatte. Antonio war schon ungewöhnlich hochgewachsen und überragte die meisten Männer, doch Carlo war noch ein wenig größer als er. Sein Körper war jedoch nicht breit gebaut wie der von Antonio, sondern von beinahe asketischer Eleganz. Sein Hals war lang, der Kopf hoch erhoben, genau wie früher. Arme und Beine, muskulöser geworden, waren die eines Mannes, aber auch sie wirkten so schmal wie seine übrige Gestalt. Das Gesicht war pechschwarz wie eh und je, und das krause Haar unter der Kappe kurz geschoren, so wie früher schon. Er trug einen kostbaren Pelz über seinen flaschengrünen Samtgewändern, und seine Füße steckten in maßgefertigten Stiefeln aus feinem Leder.
    Er war erwachsen, doch wie damals war er von auffallend exotischer Schönheit, mit großen, dicht bewimperten Augen, perfekten weißen Zähnen und fein gemeißelter Kontur der Gesichtsknochen. Es war nicht verwunderlich, dass ein Mann wie er, gesegnet mit diesem Körper und einem Verstand, der in seiner Schärfe seinesgleichen suchte, die Besitzgier eines reichen und mächtigen Patriziers herausgefordert hatte.
    »Du wirkst überrascht, aber nicht sehr«, stellte Carlo fest, nachdem er Antonio lange betrachtet hatte. »Dir war

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