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Die Lagune des Löwen: Historischer Roman: Historischer Liebesroman

Die Lagune des Löwen: Historischer Roman: Historischer Liebesroman

Titel: Die Lagune des Löwen: Historischer Roman: Historischer Liebesroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Thomas
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an, da haben wir ihn ja, den jungen Bragadin! Welche unseligen Parzen haben dich auch noch auf dasselbe Schiff wie mich geführt? Oder war es eher der dumme Zufall, dass dies das erste Schiff seit einer Woche war, das wieder in Richtung der heimischen Lagune fuhr?«
    »Ob Schicksalsgöttinnen oder Zufall, auf beides sei geflucht«, entgegnete Antonio in gleichmütigem Ton. Er sah, dass Cattaneo die Hand auf der Scheide seines Dolchs liegen hatte, und er hoffte inständig, der andere möge ziehen und die Waffe gegen ihn richten.
    Doch der Patrizier schien es lediglich auf ein Wortgefecht abgesehen zu haben.
    »Oho, der Gassenjunge hat sich Bildung angeeignet.« Cattaneo grinste mit gebleckten Zähnen, es sah aus wie bei einem Totenkopf. »Aber dass dergleichen geht, haben wir ja bei Carlo gesehen, meinem liebsten und kostbarsten Besitz. Alles ist möglich, es bedarf nur der nötigen Unterstützung und Hilfe. Und wer hat dir dabei geholfen, du armer Gassenjunge? Der alte Schmierenkomödiant, der dich auch das Waffenhandwerk gelehrt hat? Der deutsche Opportunist aus dem Fondaco dei Tedeschi, der sich vielleicht morgen schon für immer auf die Seite des Kaisers schlägt? Der Jude, dessen Karten so gezinkt sind, dass man die echten darunter nicht mehr zu erkennen vermag? Oder etwa der Prokurator, von dem ihr alle überhaupt nicht wisst, welches Spiel er wirklich spielt?« Er hörte abrupt auf zu lachen. »Antonio Bragadin, ich habe in den letzten Wochen so manches Mal bereut, dass ich dir damals nicht die Gurgel durchgeschnitten habe, als ich die Gelegenheit dazu hatte. Oder später, als du im Kerker warst, wo sich leicht ein nächtlicher Garrotteur hätte finden lassen.« Seine Stimme, ohnehin schon gedämpft, wurde zu einem Flüstern. »Aber wisse, der Gelegenheiten gibt es viele.«
    »Wenn du mich tot sehen willst, dann versuch doch jetzt dein Glück«, höhnte Antonio. Er ging in Kampfstellung, die Hand locker am Schwertgriff, die Füße breitbeinig auf den Decksplanken.
    Cattaneo überging den Vorschlag mit einem dünnlippigen Lächeln. »Spotte du nur! Du willst mächtig sein? Hast du überhaupt eine Vorstellung davon, was wirkliche Macht bedeutet? Welche Bereitschaft man dafür mitbringen muss?« Sein Lächeln wurde breiter. »Man muss opferbereit sein, junger Bragadin. Man muss im Zweifelsfalle alles hingeben können. Nicht nur sich selbst, sondern vor allem das, was man am meisten liebt. So wie der Jude.« Cattaneo holte Luft, dann hustete er keuchend, außer Atem von der Anstrengung des Redens. »Der Jude versteht was vom Opferbringen. Und erst recht Querini.« Cattaneo hustete erneut, dann lachte er krächzend auf. »O ja, sie könnten einander förmlich überbieten bei ihren persönlichen Opfern!« Er hieb sich auf die Brust. »Aber ich! Ich, Giacomo Cattaneo, lasse Euch in Opferangelegenheiten allesamt wie Waisenkinder aussehen!«
    »Du redest irre. Wahrscheinlich hat die Pest dir das Gehirn in Brei verwandelt.«
    Cattaneo zog den Dolch mit einer Schnelligkeit, die seine Hinfälligkeit Lügen strafte. Antonio hatte im selben Augenblick sein Schwert in der Hand, doch gleich darauf wurde offenbar, dass Cattaneo nicht vorhatte, ihn anzugreifen, sondern dass er es auf Carlo abgesehen hatte. Ohne Vorwarnung zog Cattaneo den Schwarzen an sich und setzte ihm den Dolch an die Kehle. Antonio war sicher, dass Carlo den Angriff leicht hätte abwehren können, doch er hielt still und sah Antonio unentwegt an.
    »Könnte ich mein Liebstes opfern, wenn ich es müsste?«, rief Cattaneo aus. »Möchtest du es wissen? Vielleicht sogar sehen, hier und jetzt?«
    Hinter ihm hielten die Seeleute in ihrer Arbeit inne und kamen über das Deck näher, angelockt von der wachsenden Lautstärke der Unterhaltung und dem Anblick der Waffen in den Händen der Passagiere.
    »Ich könnte es«, sagte Cattaneo. Er zog den Dolch über Carlos Hals. Gleichzeitig stieß er den Schwarzen von sich, und Antonio sah entsetzt das Blut auf der Messerschneide. Carlo torkelte gegen die Reling. Er hielt die Hand gegen seinen Hals gepresst, doch als Antonio auf ihn zustürzen wollte, hob er die Hand. Ganz offensichtlich war er nicht allzu schwer verletzt. Er wandte sich ab und ging mit unsicheren Schritten zurück zu der Kabine, die er mit Cattaneo teilte.
    Antonio blieb mit gezücktem Schwert vor Cattaneo stehen, doch er kam sich lächerlich vor, als dieser seinen Dolch in die Scheide zurückschob und ihn anschaute, als sei nichts gewesen. Cattaneos

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