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Die Lagune des Löwen: Historischer Roman: Historischer Liebesroman

Die Lagune des Löwen: Historischer Roman: Historischer Liebesroman

Titel: Die Lagune des Löwen: Historischer Roman: Historischer Liebesroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Thomas
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davon überzeugt war, jeder, der ihnen entgegenkam, müsse ihr ansehen können, was ihr durch den Kopf ging.
    Sie glaubte zunächst, er wolle mit ihr zu dem Strandstück gehen, wo sie immer als Kinder gespielt hatten und wo sie auch beim letzten Mal gewesen waren, doch am Ende der Gasse schlug er eine andere Richtung ein.
    »Wo gehen wir hin?«, fragte sie.
    »Zu meiner Wohnung.«
    Es hätte kaum klarer sein können, worauf das hinauslief, und augenblicklich beschleunigten sich Lauras Pulse abermals auf eine Weise, die sie ernsthaft um ihre Gesundheit fürchten ließ.
    »Lebst du allein?«, wollte sie wissen. Hässliche Bilder schossen ihr durch den Kopf, und auf allen meinte sie zu sehen, wie er scharenweise Frauen in seiner Wohnung empfing.
    »Nein, ich habe zwei Wohngenossen, Raffaele und Ippolito. Aber sie sind beide nicht zu Hause, und sie kommen auch gewiss nicht vor morgen heim. Außerdem habe ich ein Zimmer für mich allein.«
    »Raffaele – ist das nicht der Theaterbesitzer, für den du früher gearbeitet hast?«
    Antonio nickte und lächelte flüchtig. »Jetzt arbeitet er für mich.«
    Das erschien Laura wie eine wundersame Wendung, doch als sie kurz darüber nachdachte, kam sie darauf, dass es ihr selbst nicht viel anders ergangen war. Sie war als unbedarftes, dummes Kind zu Crestina gekommen. Nicht einmal auf die üblichen Frauenarbeiten wie Kochen oder Nähen hatte sie sich verstanden, denn ihre Mutter hatte ihr nichts dergleichen beigebracht, weil sie davon selbst keine Ahnung gehabt hatte.
    Das Einzige, was sie damals wirklich gut gekonnt hatte, war Stehlen. Dennoch hatte sie es geschafft, innerhalb weniger Jahre zu einer fähigen Apothekerin zu werden, und am Ende hatte sie mit ihrer Hände Arbeit einen ganzen Haushalt ernährt. Ob der Lebensabschnitt, den sie so gern vergessen wollte, vielleicht doch in manchen Belangen eine gute Schule gewesen war?
    »Woran denkst du?«, fragte Antonio.
    Sie sagte es ihm, und er nickte langsam. »Darüber habe ich mir auch schon oft Gedanken gemacht, und ich glaube, es hängt tatsächlich damit zusammen. Ich habe dieses wilde Leben damals länger geführt als du, und ich weiß , dass es mich auf bestimmte Art zu dem gemacht hat, was ich heute bin. Auf der anderen Seite hätte ich mich nicht so entwickeln können, hätte ich nicht davor die Zeit mit meinen Eltern gehabt. Sie haben mich gelehrt, wie es ist, wenn man sich um jemanden kümmert und für andere die Verantwortung übernimmt.« Er verstummte, dann fuhr er leise fort: »Ich habe sie sehr geliebt, und sie uns Kinder auch, mich und Cecilia.«
    Er hatte noch nicht oft von seiner früh verstorbenen Schwester gesprochen; das meiste wusste sie aus Erzählungen von Carlo oder Valeria. Es drängte sie spontan, ihn danach zu fragen, denn dies war etwas, das sie gemeinsam hatten: den Verlust. Sie beide hatten Menschen begraben und beweint. Und danach irgendwie weitergemacht.
    »Wie war sie?«, fragte sie. »Deine kleine Schwester?«
    Sie sah, wie er schluckte. »Sie war alles, was ich hatte«, sagte er schlicht.
    Sie verstand ihn so vollkommen, dass sie seinen Schmerz und seine Trauer bis in ihr Innerstes spürte. Allein die Vorstellung, Matteo zu verlieren, rief Entsetzen in ihr hervor.
    Hastig wechselte sie das Thema. »Wie war es in Ungarn?«
    »Kalt«, meinte er lakonisch.
    »Und sonst?«
    »Ach, es war eher langweilig.«
    »Es kann nicht nur kalt und langweilig gewesen sein!«, versetzte sie mit leichtem Ärger.
    »Das stimmt. Es war außerdem auch ziemlich windig, und es hat geschneit und geregnet. Ein oder zwei Mal sahen wir sogar die Sonne.«
    Sie knuffte ihn mit der freien Hand, aber nicht allzu fest. Er lachte. »Ich will jetzt nicht über Ungarn reden.«
    »Worüber denn?«
    Er blieb stehen und zog sie an sich. »Wie wär’s mit einem Kuss?«
    Sie waren nicht allein. Menschen strömten durch die Gassen und belagerten die Brücken, und die kleineren Kanäle waren gesteckt voll mit Booten, auf denen gezecht und gesungen wurde. Auf einem vorspringenden Basrelief, das keine zwanzig Schritte von ihnen entfernt eine Fassade schmückte, hockte ein grölender Maskenträger. Er hielt sich an einem Geländer fest und prostete ihnen mit überschwappender Flasche zu.
    Laura war es indessen herzlich gleichgültig, dass sie beobachtet wurden. Niemand fragte am Karnevalsmontag danach, ob es sich schickte, wenn ein junges Paar sich in der Öffentlichkeit küsste. Unbekümmert hob sie Antonio ihr Gesicht entgegen, und

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