Die Lagune des Löwen: Historischer Roman: Historischer Liebesroman
Sie stützte sich am Türrahmen ab, um ihre Hüfte zu entlasten, und überlegte, wie sie es Antonio möglichst diplomatisch erklären sollte, aber bevor sie sich etwas zurechtlegen konnte, kam er schon selbst darauf.
»Sie hat diesen Schönling wiedergesehen, oder?«
Mansuetta erwog, ihn anzuschwindeln, doch sein durchdringender Blick machte deutlich, dass er nur darauf wartete, sie der Lüge zu überführen. Sie unterdrückte ein Seufzen. »Er ist nur ein guter Freund für sie, und du solltest deswegen nicht so einen Wirbel veranstalten.«
»Sie hätte mich fragen können wegen neuer Räume! Schließlich ist sie bald meine Frau. Ich hätte das für sie regeln können!« Erzürnt schlug er mit der Faust so hart gegen die offene Tür, dass es krachte. Mansuetta zuckte zusammen, gewann aber sofort ihre Fassung zurück.
»Das hättest du bestimmt tun können, nur warst du nicht da. Und wenn du morgen schon wieder weg bist, sehe ich nicht, was du für sie regeln kannst.« Sie betonte das Wort regeln auf unmissverständlich abfällige Art. »Und falls es dir doch einmal gelingt, fragt es sich, welche Maßstäbe du dabei anlegst.«
Mit gerunzelter Stirn blickte er auf sie nieder. »Was willst du damit sagen?«
»Nun, nimm nur diese Zwillinge, die du als Gehilfen für Laura ausgesucht hast. Sie sind schon vierzehn, viel zu alt für Lehrjungen. Und ihr Benehmen!«
Er winkte ab, anscheinend wollte er nicht darüber reden, doch sie hatte sich bereits in ihren Ärger hineingesteigert und dachte gar nicht daran, das Thema zu wechseln.
»Wenn du meinst, die beiden würden sich für die Laufbahn eines Apothekers interessieren, so täuschst du dich!«, ereiferte sie sich. »Allein ihr Vokabular! Und wie sie sich bei Tisch betragen! Und hinterher erst recht! Man müsste meinen, bei den Mengen, die sie fressen, sollten sie satt werden, doch sie stehlen unter meinen Augen die Wurst aus der Vorratskammer und glauben, ich merke es nicht!«
»Ist das alles?«
»Nein«, sagte sie erbittert. »Das Schlimmste ist, wie sie dauernd mit ihren Messern in der Gegend herumwerfen, jedenfalls der eine der beiden. Ich bin froh, dass sie im Gartenschuppen schlafen. Im Haus würde ich sie keine Nacht ertragen. Als Lehrjungen sind sie der reinste Witz.«
Er schlug abermals mit der Faust gegen die Tür. »Es reicht! Stell meine Entscheidung nicht infrage! Tomàso und Oratio sind genau die Richtigen für diese Aufgabe!«
Sie schluckte weitere Anklagen hinunter, konnte sich jedoch eine letzte spitze Bemerkung nicht verkneifen. »Wer jedes Mal nur wenige Tage zu Hause ist zwischen all seinen unaufschiebbaren Geschäften, kann keine wichtigen Dinge regeln«, meinte sie von oben herab. »Er kann kaum mehr schaffen, als auf die Schnelle der verbotenen Fleischeslust zu frönen, egal an welchem Ort.«
Ihr entging nicht, wie er bei dieser Bemerkung errötete. Sicher erinnerte er sich noch ebenso gut wie sie an das wilde erotische Zwischenspiel, bei dem sie ihn und Laura kurz vor seinem Aufbruch nach Ungarn in der Offizin ertappt hatte.
Mit einem Mal sah er wieder aus wie der ungezogene Bengel von zwölf, der hinten in der Küche saß und auf dem Schemel herumrutschte, weil Mansuetta ihm befahl, beim Essen nicht so zu schlingen.
»Wenn ich nicht so oft fortmüsste, wären wir schon verheiratet.«
»Wie lange wirst du diesmal wegbleiben?«
»Ich weiß es nicht«, sagte er. Es klang ein wenig kläglich, doch gleich darauf nahm seine Miene wieder einen entschlossenen Ausdruck an. »Wo ist der neue Laden?«
Sie sagte es ihm. Kaum hatte sie ihm geantwortet, war von oben her das dünne Weinen eines Kindes zu hören. »Lieber Himmel, das ist Matteo!«, sagte Mansuetta bestürzt.
»Was ist mit ihm?«
»Er ist sehr krank.«
»Du meine Güte«, sagte er betroffen.
»Und ich stehe hier herum ...« So rasch sie konnte, ging sie nach hinten zur Stiege. Antonio überholte sie mühelos und war mit wenigen Schritten oben. Während sie sich noch die Stufen hinaufkämpfte, hörte sie ihn mit Matteo reden.
»Na, Kamerad? Dich hat es wohl übel erwischt, oder? Lass mal fühlen, ob du Fieber hast.«
Matteo murmelte etwas, und Antonio meinte: »Ich verstehe. Komm her, ich helfe dir. Dafür sind wir Männer lieber unter uns, was?« Er lachte leise. »Na los, hier ist der Topf. Lass laufen, Junge.« Er hielt inne. »Weißt du noch, wie wir dich früher immer abhielten, wenn deine Schwester auf Beutezug war? Mann, hattest du damals schon einen Strahl drauf, da
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