Die Lagune des Löwen: Historischer Roman: Historischer Liebesroman
Ausnahme sein?«
»Vielleicht, weil du mich liebst.« Sie sagte es in kläglichem Tonfall, einen Punkt neben ihm fixierend, weil sie ihm nicht in die Augen sehen konnte.
»Natürlich liebe ich dich«, versetzte er mit leisem Ärger in der Stimme. »Aber darum geht es dir gar nicht.«
»Worum geht es mir dann?«, fragte sie scharf. »Sag es mir doch, wenn du es so genau weißt! Warum kannst du nicht bei mir sein, so wie ich es möchte?«
»Du kannst niemals nur mit einem Mann auskommen«, sagte er.
»Hältst du mir vor, dass ich mich anderen Männern hingebe?« Sie machte eine wegwerfende Geste. »Was bedeuten sie mir schon. Sie sind nichts weiter als Schwänze, die zufällig Geld mit sich herumtragen.«
»Von denen rede ich nicht, sondern von mir und Giacomo. Und davor waren es Antonio und ich.«
Sie fuhr auf. »Mit Antonio war nie etwas Ernsthaftes!«
»Ich meine keine Bettgeschichte, sondern das, wovon du vorhin angefangen hast. Liebe.«
»Ich liebe ihn nicht.«
»Oh, aber du hast ihn geliebt, ganz auf deine eigene Art. Ich spreche von früher, wohlgemerkt, von der Zeit, als Laura noch nicht da war. Als wir zu dritt in diesem stinkenden Loch am Corte Cavallo oder hier am Strand bei den Felsen saßen und uns gegenseitig verstohlen musterten und beargwöhnten, mit Gefühlen, die so heiß waren, dass man eine Fackel daran hätte anstecken können. Erzähl mir bloß nicht, dass das nicht stimmt. Ich habe jeden deiner Blicke gesehen, und ich weiß genau, was in dir vorging.«
»Was soll das? Es lief doch nie was zwischen uns, damals.«
»Nicht das, was du meinst. Dafür hattest du deine Freier. Nein, ich meine das andere. Das, wo Gefühle im Spiel sind. Ich meine das, was mit einem Mann passiert, wenn er dir Wochen und Monate jeden Tag beim Waschen und Kämmen zuschaut und deine Augen in einem beschlagenen Spiegel sieht. Dich riecht, Nacht für Nacht, und deine Seufzer hört. Die Bedachtsamkeit, mit der du manchmal ihm, manchmal mir deine Blicke schenktest. Du hast uns beide gegeneinander ausgespielt.«
»Das ist absurd. Das waren doch nur dumme, kindische Schwärmereien.«
»So wie du es später auch bei Giacomo und mir getan hast«, fuhr Carlo unbeirrt fort. »So bist du, Valeria. Du wirst stets zwei Männer brauchen, zwischen denen du stehen kannst, nur um dich keinem von beiden richtig schenken zu müssen.«
»Habe ich mich dir etwa nicht geschenkt? Und Giacomo gar? Habt ihr mich nicht beide auf alle nur erdenklichen Arten besessen?«
»Du wirfst die Dinge durcheinander«, wies er sie zurecht. »Eines weiß ich. Wäre Antonio jetzt hier und gäbe es Laura nicht, würdest du dasselbe machen wie damals. Du würdest versuchen, uns beide in deinen Bann zu schlagen, und dann würdest du abwechselnd mit uns spielen.« Er hielt inne. »Nun gut, diese Überlegung ist müßig, da Laura dazugekommen ist und dieses Blatt neu gemischt hat.«
»Laura, Laura, Laura«, fauchte sie, bis aufs Blut gereizt und zugleich aufs Äußerste verletzt. »Warum gehst du nicht zu ihr, zu deiner kostbaren Kräuterblume? Zu ihr, die Antonio sofort in Marsch gesetzt hat, um dich von diesem Monstrum, wie sie Giacomo nennt, zu befreien!«
»Er ist ein Monstrum«, sagte Carlo gelassen.
Sie schluchzte trocken auf, weil es so wehtat. Doch es abzustreiten war ihr unmöglich geworden. »Ich hätte dir ganz sicher ebenfalls geholfen, wenn ich es gekonnt hätte«, sagte sie weinend.
»Meine Güte, das weiß ich doch! Es war alles mein Fehler! Ich hätte besser auf der Hut sein sollen! Mir war immerhin klar, wie krank er ist!« Carlo sprang auf, um zu ihr zu kommen. Er hatte sie noch nicht oft weinen sehen, das wusste sie, denn sie weinte niemals aus Berechnung, immer nur aus echtem Kummer, so wie jetzt. Sie litt darunter, dass sie ihn nicht vor dem hatte bewahren können, was ihm geschehen war.
»Ich hatte keine Ahnung, wie schlimm es wirklich war!«, stieß sie verzweifelt hervor. »Dass er dich mit mir erpresst hat! Und wie bösartig er in Wahrheit auch zu mir war!«
Endlich tat er das, worauf sie die ganze Zeit so sehr gewartet hatte. Er schloss sie in seine Arme und hielt sie. Ihre Tränen versiegten, während sie sein Herz an ihrer Wange pochen fühlte. Sein Körper roch nach Fisch, Bootspech, Salz und Schweiß, und sie fuhr mit den Händen über die sonnenerhitzte Haut seines Rückens und atmete diesen Geruch so tief ein, wie sie konnte. Er war ihr so nah, dass sie leise und glücklich lachte.
»Warum lachst du?«
»Weil ich
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