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Die Lagune des Löwen: Historischer Roman: Historischer Liebesroman

Die Lagune des Löwen: Historischer Roman: Historischer Liebesroman

Titel: Die Lagune des Löwen: Historischer Roman: Historischer Liebesroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Thomas
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während früherer Besuche Antonios hin und wieder hier vor dem Haus aufgetaucht war, um Kunden zu verabschieden oder Waren in Empfang zu nehmen.
    Er betrieb mit seiner Mutter einen kleinen Krämerhandel. Beide, sowohl Mutter wie Sohn, waren Marranen , getaufte Juden, wie Antonio wusste. Er hatte Isacco gleich beim ersten Wiedersehen als Sohn des Juden Mosè wiedererkannt – ein Bursche von siebzehn oder achtzehn Jahren, mit kräftiger Statur und vollen, dunklen Haaren, die er kurz geschnitten trug. Nichts an seiner Erscheinung deutete darauf hin, dass er im jüdischen Glauben erzogen war.
    »Du dämlicher Goi «, schimpfte Isacco nach dem Zusammenprall. »Kannst du nicht aufpassen, wohin du läufst?«
    Antonio platzte endgültig der Kragen. Er ließ den Sack von der Schulter rutschen und baute sich vor dem Jungen auf. »Kannst du nicht besser aufpassen, wenn du aus dem Haus getrampelt kommst – Jude ?«
    Isacco ballte die Fäuste. »Nenn mich noch mal Jude, und ich bringe dir Manieren bei!«
    »Wie soll er dich sonst nennen, wenn du Goi zu ihm sagst, obwohl du doch seit Jahren selbst einer bist?«, fragte eine amüsierte Männerstimme hinter Antonio. Ein weiterer Mann war aus dem Haus neben der Apotheke ins Freie gekommen. Auch ohne sich zu ihm umzuwenden, wusste Antonio sofort, wer es war.
    »Sei gegrüßt, Anzio«, sagte Mosè freundlich. »So trifft man sich wieder. Sei meinem Sohn nicht gram wegen seiner Unfreundlichkeit. Er hat heute schlechte Laune, so wie fast immer, wenn ich zu Besuch komme.«
    Isacco gab ein ärgerliches Schnauben von sich und verschwand mit eingezogenem Kopf durch die nur knapp mannshohe Tür des benachbarten Krämerladens.
    Antonio war nicht in der Stimmung, auf die Begrüßung des Kaufmanns einzugehen. Übel gelaunt klaubte er den Sack wieder vom Boden hoch, denn er spürte Crestinas missbilligende Blicke von der Seite, und mit ihr wollte er es sich nicht unbedingt verderben. Nicht vor dem Essen jedenfalls.
    »Am besten, du trägst diesen Sack endlich ins Haus – Antonio Bragadin .« Mansuetta betonte die letzten Worte, und ihre Stimme vibrierte vor verhaltenem Spott. Antonio hätte ihr nur zu gern die ganze Ladung Kräuter vor die Füße gekippt, aber er hatte seinen heutigen Lohn noch nicht bekommen, und sein Magen knurrte bereits seit Stunden. Crestina hatte auf der Rückfahrt von einem Brathuhn gesprochen, von dem sie noch reichlich übrig hatte. Er dachte gar nicht daran, auf diese Dreingabe zu verzichten.
    »Aha, Antonio ist der richtige Name«, meinte Mosè. »Immerhin, du bist damit recht nahe bei den Tatsachen geblieben. Wie ist es dir seit letztem Jahr ergangen?«
    Antonio warf ihm einen Blick über die Schulter zu. Der Kaufmann wirkte unverändert, ein rundlicher Mann mittleren Alters, mit einer Lücke zwischen den Vorderzähnen und wippenden Schläfenlocken. Wie beim letzten Mal war er unauffällig gekleidet – abgesehen von dem gelben Hut, ein Farbklecks vor den steingrauen Fassaden in der schmalen Gasse.
    Mosès Lächeln wirkte aufrichtig; er schien tatsächlich erfreut, Antonio wiederzusehen, als läge ihre erste und bisher einzige Begegnung nicht schon ein Dreivierteljahr zurück und als hätten sie ganze Wochen miteinander zugebracht statt nur eines einzigen Nachmittags.
    »Du bist groß geworden«, stellte der Kaufmann fest. »Fast schon größer als die meisten Männer, würde ich meinen, und das mit zwölf Jahren.«
    »Dreizehn«, fuhr Antonio ihn an. Als er sah, wie der Kaufmann grinste, wurde ihm klar, dass dieser ihn aufgezogen hatte.
    »Trägst du noch das scharfe kleine Messer mit dir herum?«, wollte Mosè wissen.
    »Keine Ahnung, was Ihr meint«, sagte Antonio betont gelangweilt. Er warf sich den Sack über die Schulter und stieß die Tür zur Apotheke auf. Der gewohnte staubige Kräuterdunst und der Geruch nach Salzen und anderen Chemikalien stiegen ihm in die Nase, als er seine Last vor der hölzernen Theke ablud.
    »Geht der Junge bei Euch in die Lehre?«, hörte er Mosè draußen fragen.
    Antonio hielt die Luft an, in der Erwartung, dass der Kaufmann ihn als Dieb entlarven würde. Doch Mosè sagte nichts weiter.
    »Er ist mein Gehilfe beim Kräutersammeln«, meinte Crestina. »Und Lasten kann er schleppen wie kein Zweiter. Nichts ist ihm zu schwer, kein Sack, keine Kiste.«
    »In der Tat«, gab Mosè mit vergnügt klingender Stimme zurück.
    »Und er hat ein gutes Auge, was vor allem beim Pflücken wichtig ist«, fuhr Crestina fort. »Wie Ihr wisst,

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