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Die Lagune des Löwen: Historischer Roman: Historischer Liebesroman

Die Lagune des Löwen: Historischer Roman: Historischer Liebesroman

Titel: Die Lagune des Löwen: Historischer Roman: Historischer Liebesroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Thomas
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Ein Künstler.«
    »Was Ihr nicht sagt«, erwiderte Antonio verdrossen.
    »Zugegeben, er hat einen entscheidenden Vorteil dir gegenüber. Du bist groß und ungeschlacht, mit Pickeln in deinem schmutzigen Gesicht und einem Geruch, als hättest du seit Monaten kein Wasser an deinen Körper gelassen. Sozusagen jeder Zoll ein Dieb. Die Leute riechen buchstäblich schon Lunte, bevor du dich ihnen auf drei Schritte nähern kannst. Der Kleine dagegen ist ein herziges Kind, mit strahlenden Augen, in denen kein Falsch und kein Arg zu lesen ist. Diese roten Löckchen und die Grübchen in den Wangen – wäre er nicht so dünn, könnte er als Cherub durchgehen. Schau, nicht einmal jetzt kommt dieser Dummkopf da drüben auf den Gedanken, der kleine Engel könnte ihm die Börse abgeschnitten haben.« Mosè schnalzte mit der Zunge. »Der Kleine hat sicher noch eine lange, steile Karriere als Verbrecher vor sich, bevor er für die Diebereien mit seinen Körperteilen bezahlen muss.« Forschend wandte er sich Antonio zu. »Ich sehe, dass du außer dieser scheußlichen Narbe auf der Wange noch frei von Entstellungen bist. Du hattest wohl ziemliches Glück, wie?«
    Antonio versteifte sich. Im Laufe des letzten halben Jahres war er tatsächlich mehrmals nur um Haaresbreite der Verhaftung entgangen. Einmal hatte ihn sogar bereits ein Büttel am Schlafittchen gehabt, und er hatte sich nur mit letzter Kraft losreißen und davonrennen können. Mosè hatte recht; irgendwann würde man ihn erwischen, und da er für gewöhnlich älter geschätzt wurde, als er war, konnte er sich dann auch nicht mehr damit herausreden, noch ein Kind zu sein.
    Er unterdrückte das Bedürfnis, mit den Fingerspitzen über die Narbe an seiner Wange zu streichen, und fragte sich, ob sie wohl wirklich so scheußlich war. Er selbst hatte sie noch nie genau betrachtet; sich in Spiegeln zu begaffen war etwas für Weiber. Und die Pickel ... Ja, die ließen sich leider nicht wegleugnen. Es hatte erst vor kurzem damit angefangen, genau wie das andere, über das man eher nicht sprach. Doch dieser zweite Aspekt an der Mannwerdung war wenigstens etwas, an dem man Spaß haben konnte, während die Pickel genau wie der sich hinziehende Stimmbruch zu nichts anderem taugten, als sich darüber maßlos zu ärgern.
    »Hast du vor, bald wieder bei Crestina vorbeizuschauen?«, fragte Mosè.
    Vermutlich wusste der Kaufmann genau, dass Antonio seit drei Monaten nicht mehr dort gewesen war. Umso überflüssiger fand Antonio die Frage.
    »Was geht Euch das an?«, versetzte er gelangweilt. Er reckte den Kopf, um nach Laura Ausschau zu halten, doch sie war nirgends zu sehen. Der Schreck über die Freundlichkeit ihres letzten Opfers war ihr wahrscheinlich derart in die Glieder gefahren, dass sie auf dem schnellsten Wege nach Hause gerannt war. Jemanden zu bestehlen, der liebenswürdig war und sogar noch Obst als Dreingabe reichte, fiel deutlich schwerer, als einen Mann um sein Geld zu erleichtern, der einen wegen einer kleinen Rempelei trat und beschimpfte.
    »Crestina sagte mir, dass sie sich Sorgen um dich macht. Es wird sie freuen, dass es dir gut geht. Nun, ich bin ebenfalls froh. Weniger glücklich bin ich allerdings darüber, dass du wieder stiehlst.«
    »Bin ich für das Glück anderer verantwortlich?«, gab Antonio patzig zurück.
    Mosè musterte ihn. »Manchmal ist man das, weißt du. Ich hoffe – nein, ich bin sicher –, dass du es noch erfahren wirst. Und du wirst auch irgendwann begreifen, dass im Leben die Wege, auf denen man erhobenen Hauptes schreiten kann, besser zum Ziel führen als die, auf denen man sich verstecken und ausweichen muss. Vielleicht möchtest du eines Tages mehr darüber lernen, wie man aufrecht geht. Dann komm zu mir, zum Juden Mosè Elias Zinzi.«
    Antonio fand, dass die Unterhaltung lange genug gedauert hatte. Die Worte des Kaufmanns setzten ihm auf unbestimmte Weise zu, und am liebsten hätte er Mosè angeschrien, er solle den Mund halten und sich nicht in fremde Angelegenheiten mischen. Doch er brachte es aus unerfindlichen Gründen nicht fertig.
    »Ich muss weiter«, sagte er, um Höflichkeit bemüht. »Lebt wohl.«
    »Leb wohl, mein Junge. Soll ich Crestina von dir grüßen?«
    Antonio, der sich bereits umgedreht und mehrere Schritte gegangen war, drehte sich nicht um. Er tat einfach so, als hätte er die letzte Frage des Kaufmanns nicht mehr gehört.
    Laura drückte sich mit dem Rücken gegen den Felsen und schaute über das Meer. Die Oberfläche

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