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Die Landkarte der Finsternis

Die Landkarte der Finsternis

Titel: Die Landkarte der Finsternis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Yasmina Khadra
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operiert hat, und als heute früh das stottrige Gebrumm eines Hubschraubers an mein Ohr drang, da dachte ich, die Unfallopfer würden in ein Krankenhaus abtransportiert, das besser ausgestattet ist als wir, und habe mir die Bettdecke über den Kopf gezogen. Doch ich hatte mich geirrt. Der Hubschrauber war meinetwegen gekommen … Der sudanesische Offizier ist höchstpersönlich erschienen, um mich zu bitten, mich anzuziehen und ihm zu folgen. Als ich seine betretene Miene sah, war mir alles klar. Ich musste mich am Türgriff festhalten, um nicht umzukippen. »Nein, sagen Sie mir nicht, dass …?«, habe ich gestammelt. Er hat mich wortlos angesehen. Aber es gibt eine Art von Schweigen, das mehr sagt als Worte. Ich bin auf mein Bett gesunken und habe angestrengt versucht, einen Anschein von Haltung zu wahren. »Wir werden erwartet, Herr Doktor Krausmann«, hat der Oberst mich gemahnt. Da habe ich mich angezogen und bin ihm gefolgt …
    Es ist ein Morgen von strahlender Klarheit. Der nächtliche Nieselregen hat die Luft gereinigt, und die Sonne versucht sich im Künstlerfach. Doch wer hat schon Augen für ihr Talent? Ihr Licht ist grell, die Horizontlinien sind überdeutlich markiert. Es ist ein Tag, der mit dickem Pinsel aufträgt. Der alles tut, um sich von den übrigen Tagen abzuheben. Um gesehen zu werden. Um sich für alle Zeiten in mein Unterbewusstsein einzugraben.
    Ich bewege mich auf den Hubschrauber zu, taub gegenüber Elenas Rufen. Ich bin in einem Paralleluniversum. Der Kerosingeruch verpestet den Innenraum des Helikopters. Die Motoren beginnen immer lauter zu pfeifen, dann schraubt sich, einer schwerfälligen Libelle gleich, der Helikopter in einem Wirbelsturm aufwärts. Der Oberst klopft mir aufmunternd aufs Knie. Ich habe Lust, ihn anzubrüllen, er soll seine Hand da wegnehmen, so weit wie möglich von mir weg. Doch ich tue nichts dergleichen. Habe mich tief in mich selbst vergraben.
    Das Schlingern des Helikopters martert mein Trommelfell. Auf der Bank gegenüber betrachten fünf bewaffnete Soldaten durch die Bullaugen die Wüste. Sie sind die Eskorte des Obersts. Infanteristen, handverlesen. Vermutlich Eliteschützen. Sie sind sehr jung, manche noch bartlos, aber kampferprobt. Ihr Schweigen kommt mir vor wie die Ruhe vor dem Sturm.
    Â»Was ist passiert?«, frage ich den Oberst.
    Â»Scharmützel zwischen einem Sonderkommando der Armee und den Rebellen. Unsere Soldaten wussten nicht, dass die Rebellen eine Geisel mitführten.«
    Â»Sogenannter Kollateralschaden?«
    Â»Ganz sicher nicht«, entrüstet er sich. »Unser Sonderkommando war nicht im Kampfeinsatz, sondern auf Versorgungsmission. Unsere Leute sind rein zufällig auf den Rebellentrupp gestoßen, der sofort das Feuer eröffnet hat, um den eigenen Rückzug zu sichern. Unser Gegenschlag war legitim. Unsere Soldaten, kann ich Ihnen nur wiederholen, hatten keine Kenntnis von der Anwesenheit einer Geisel unter den Kriminellen. Und wir sind die Ersten, die diesen … diesen Unfall bedauern.«
    Â»Unfall?«
    Â»Unfall, Herr Doktor.«
    Â»Und Sie sind sich ganz sicher, dass es sich um Hans Mackenroth handelt?«
    Â»Wenn Sie die beiden Verdächtigen auf den Fotos korrekt identifiziert haben, dann ist er es. Die beiden Kriminellen haben bereits gestanden. Und uns an den Ort geführt, an dem sie ihn begraben haben.«
    Â»Wann war das?«
    Â»Gestern Nachmittag.«
    Â»Ist die Botschaft informiert?«
    Â»Wir haben sie unmittelbar nach der Entdeckung des Leichnams benachrichtigt. Heute früh ist ein Flugzeug gestartet, um Seine Exzellenz, den Herrn Botschafter, zu holen.« Er schaut auf seine Uhr. »Er wird zur selben Zeit dort eintreffen wie wir.«
    Â»Ist es noch weit?«
    Â»Ungefähr zwei Flugstunden von hier.«
    Â»Ich vermute, ich bin hier, um die Leiche zu identifizieren?«
    Â»Ich wüsste niemanden sonst.«
    Ich lehne mich ans Fenster und verstumme.
    Unten schmiegen sich schmächtige Hügel aneinander, die es leid sind, im Sand zu versinken, und gemeinsam versuchen, den Ansturm der Wüste aufzuhalten; andere Flecken, anthrazitfarben, von narbenähnlichem Aussehen, erzählen von den wildreichen Wäldern vorsintflutlicher Zeiten, denen wohl eine Naturkatastrophe den Garaus gemacht hat. Und der Mensch in all dem? Was stellt er inmitten des kosmischen Atems dar? Ist er sich dessen bewusst, was ihn

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