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Die Lange Erde: Roman (German Edition)

Die Lange Erde: Roman (German Edition)

Titel: Die Lange Erde: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett , Stephen Baxter
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den unsichtbaren großen. Dabei möchte ich das Wörtchen ›Atom‹ jetzt natürlich nicht erwähnen.«
    »Nein. Bitte erwähne das Wörtchen ›Atom‹ jetzt nicht.«
    »Dann sind wir uns einig. In Anbetracht dessen – würdest du jetzt bitte ein Lied singen?«
    »Ein Lied? Was denn für ein Lied?«
    »Irgendein Lied! Such dir eins aus und fang an zu singen. Irgendwas Munteres … sing jetzt einfach! «
    Lobsangs Befehl war zwar völlig verrückt, aber seine Stimme strahlte die gleiche Autorität aus wie die von Schwester Agnes, wenn die äußerste Grenze ihrer Geduld erreicht war und sogar die Kakerlaken wussten, dass es Zeit war, die Stadt zu verlassen. Deshalb stürzte sich Joshua ins erstbeste Lied, das ihm in den Sinn kam: » We shall overcome, we shall overcome, we shall overcome, some daaay, oh, deep in my heart, I do believe, we shall overcome, some day. «
    Als er verstummte, herrschte tiefes Schweigen auf dem Schneefeld.
    »Interessante Wahl«, sagte Lobsang. »Auch das stammt zweifellos aus dem Fundus deiner Nonnen. Sie sind bestimmt sehr temperamentvoll, wenn es um politische Themen geht, was? Aber es müsste seinen Zweck erfüllt haben. Jetzt warten wir ab. Beweg dich bitte nicht. «
    Joshua wartete. Gerade als er den Mund aufmachte, um zu verkünden, dass es ihm jetzt reiche, nahm er rings um sich dunkle Gestalten war. Sie waren so kohlrabenschwarz wie Löcher im Schnee, mit breiten Brustkästen, großen Schädeln und riesigen Pranken, die eher wie Boxhandschuhe aussahen oder wie Fanghandschuhe beim Baseball.
    Dann sangen sie, wobei sich große rosige Münder mit allen Anzeichen freudigen Vergnügens öffneten und schlossen. Sie wiederholten nicht das politische Klischee, das Joshua zum Besten gegeben hatte, aber es war auch kein unmusikalisches tierisches Geheul. Es war menschlich, und er konnte alle Worte verstehen, die ein ums andere Mal wiederholt wurden, wobei die Sänger sich zu stets neuen Harmonien und Wiederholungen zusammenfanden, vielstimmige Akkorde hingen wie Weihnachtsgirlanden in der Luft. Die Stränge und Schleifen dieser wilden Musik umschlangen einander minutenlang, bis schließlich alles zu einer großen, wohligen Stille zusammenfloss.
    Der Hauptrefrain hatte in etwa so gelautet: » Wotcher! All the neighbours cried, ›Oo yer gonna meet, Bill? Ave yer bought the street, Bill?‹ Laugh? – I fort I should’ve died. Knocked ’em in the Old Kent Road … «
    Der verdutzte Joshua konnte kaum atmen. »Lobsang …«
    »Interessante Wahl. Geschrieben von einem gewissen Albert Chevalier, geboren in Notting Hill, London. Eigenartigerweise wurde das Lied später von Shirley Temple aufgenommen.«
    » Shirley Temple … Lobsang, ich vermute mal, dass es einen guten Grund dafür gibt, dass diese Mini-King-Kongs im Schneesturm englische Vaudeville-Schlager singen.«
    »Aber gewiss doch.«
    »Ich vermute außerdem, dass du diesen guten Grund kennst.«
    »Ich habe da eine Vermutung, Joshua, aber alles zu seiner Zeit.«
    Eines dieser Wesen kam jetzt direkt auf ihn zu. Es hielt die tennisschlägergroßen Hände so vor sich, als wiegte es etwas darin. Sein Mund stand offen, und es keuchte immer noch von der Anstrengung, die der Gesang ihm abverlangt hatte; in dem Mund waren ziemlich viele Zähne zu sehen, aber im Großen und Ganzen schien es eher zu lächeln.
    »Faszinierend«, hauchte Lobsang. »Ein Primat, eindeutig, bestimmt irgendeine Menschenaffenart. Und so überzeugend aufrecht wie ein Hominide, aber das muss nicht unbedingt auf eine Korrelation mit der Entwicklung des Menschen hindeuten …«
    »Jetzt ist nicht der richtige Zeitpunkt für eine Vorlesung, Lobsang«, murmelte Joshua.
    »Da hast du natürlich recht. Wir müssen den Augenblick auskosten. Nimm das Geschenk an.«
    Joshua machte einen vorsichtigen Schritt nach vorne und streckte ebenfalls die Hände aus. Das Wesen wirkte aufgeregt wie ein Kind, dem man eine wichtige Aufgabe übertragen hatte und das sie jetzt auf jeden Fall ohne Fehler ausführen wollte. Es legte etwas nicht allzu Schweres in Joshuas Hände. Joshua schaute nach unten. Das, was er da in Händen hielt, sah aus wie ein wunderschöner bunt schillernder Lachs.
    Wieder vernahm er Lobsangs Stimme. »Ausgezeichnet! Ich kann nicht behaupten, dass ich so etwas erwartet hätte, aber erhofft habe ich es mir auf jeden Fall. Übrigens wäre es jetzt angebracht, wenn du ihnen etwas von dir schenken würdest.«
    Der Überbringer des prachtvollen Fisches strahlte Joshua

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