Die langen Schatten der Erleuchtung
meinte. „So das reicht, den Rest macht Johnny solo! Lasst mich bei der Arbeit am besten alleine, ich konnte es schon früher nicht leiden, wenn mir mein Meister auf die Finger geguckt hat!“
Gary hatte keinerlei Bedenken, denn mit jedem Schluck aus der Flasche waren Johnnys Schritte sicherer geworden, und seine Hand hielt die brennende Zigarette nun völlig ruhig. So zogen Gary und Lissy sich dann mit ihren Kopfhörern auf die Sonnenbank zurück und bekamen es nicht einmal mit, als Johnny den Bohrer anwarf.
Johnny nahm den letzten Schluck aus der Schnapsflasche und drückte die Zigarette auf der Untertasse aus: „Ist doch nicht der Rede wert, Gary! Für Lissy gehe ich durchs Feuer! Das ist alles nur eine Frage der Getränke, nicht? Einen Gefallen könntest du mir allerdings noch tun, Gary!“
„Was immer du willst, Johnny!“ antwortete Gary überschwänglich. Ihm stand die Erleichterung über die geglückte Aktion ins Gesicht geschrieben.
Und so konnte man zehn Minuten später Zeuge werden, wie Johnny, inzwischen fast steif vom Schnaps, wie eine Gasflasche auf der Sackkarre nach hinten angelehnt stand und von Gary schnaufend durch das Schanzenviertel wieder zur Wagenburg transportiert wurde.
Das sind die Weisen, die durch Irrtum
zur Wahrheit reisen.
Die bei dem Irrtum verharren,
das sind die Narren.
Friedrich Rückert
Ein neuer Anfang oder wie sich die Zeit umkehrt.
Jojo und Hanif saßen mit Käthchen in der Küche vor den Resten ihres Frühstücks und tranken Tee, als sie über sich einen schweren Schlag hörten. „Das muss Gary mit seiner Lissy sein“, meinte Käthchen, „es musste ja irgendwann mal passieren, dass sie bei ihrem Geturne von der Sonnenbank knallen!“
Dann hörten sie Lissy schreiend die Treppe hinunter stürzen. Die Küchentür wurde aufgerissen, und Lissy stand da mit Kopfhörern - splitterfasernackt und braungebrannt. „Gary ist von der Leiter gefallen, er liegt da wie tot!“, stammelte sie.
Jojo eilte mit riesigen Sprüngen die Treppe nach oben und fand dort Gary bewusstlos auf dem Fußboden liegen. Der Vorhang mit den Sonnenblumen vor den Zählern war beiseite gezogen, die Leiter war in Richtung Garys Zimmertür umgekippt.
„Hanif“, rief Jojo nach unten, „bringe bitte mal Wasser und ein Handtuch!“
Als Hanif endlich mit einer Schüssel Wasser ankam, hatte Gary schon wieder die Augen aufgeschlagen und blickte verwirrt um sich. Lissy kniete neben ihm, immer noch nackt und stammelte. „Was ist mit dir, Gary? Hast du dir was gebrochen? Soll ich einen Krankenwagen rufen?!“
„Nein, alles okay“, ächzte Gary und zeigte kraftlos auf den Zähler, „…. nur das Rädchen dreht sich jetzt auf einmal rückwärts! Ich glaub´, ich werd´ verrückt!!!“
Lissy erhob sich und schaute auf den Zähler: „Aber das ist doch geil, Gary! Hat Johnny das nicht super hingekriegt?! Du lässt den Zähler jetzt einfach so lange rückwärts laufen, bis du wieder bei dem Stand bist, den du haben willst!“
Jojo hatte inzwischen Garys Gesicht mit Wasser benetzt, sodass seine gewohnte Bräune langsam wieder zurückkehrte. Er versuchte, sich zu erheben und stützte sich dabei auf Jojo.
„Ich dachte, mich trifft der Schlag, als ich den Zähler rückwärts laufen sah! So was kann doch gar nicht angehen! Weißt du, was das bedeutet: Wenn die irgendwann den Zählerstand nachprüfen und sehen, dass ich gar keinen Strom verbraucht habe, sondern eher, als ob die Elektrizitätswerke noch Strom von mir zu bekommen hätten – dann könnten die mir wegen der Sonnenbank Unsummen an Nachzahlung und Strafe aufbrummen! Wie soll ich da wieder heil rauskommen!? - Ich möchte einfach wieder normal leben und schlafen können! Ich will nicht, dass dieser Scheißzähler und diese Mistkiste von Sonnenbank weiter mein Leben beherrschen!“
Jojo hatte Gary untergehakt und in sein Zimmer begleitet.
„Danke, Jojo, und auch dir, Hanif!“, murmelte Lissy, nachdem sie die Sonnenbank ausgeschaltet hatte, „jetzt kümmere ich mich um ihn!“
„Weißt du, Meister Jojo“, meinte Hanif, als sie nach diesem Schreck im Garten unter dem Fliederbaum beim Tee saßen, „Melinda hat mir neulich gesagt, sie hält nichts von Männern, die nicht arbeiten und das Geld anderer Leute ausgeben!“
„Ich habe auch schon gezweifelt, ob deine Ausgaben bei Melinda in Ordnung sind“, antwortete Jojo, „schließlich haben Hubertus und Mathilda nur
Weitere Kostenlose Bücher