Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Lanze des Herrn

Die Lanze des Herrn

Titel: Die Lanze des Herrn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arnaud Delalande
Vom Netzwerk:
sich.
    »Alles passierte rasend schnell. Die drei Soldaten fielen um wie die Fliegen, einer nach dem anderen… Wir wussten noch nicht einmal, aus welcher Richtung die Schüsse kamen! Es war entsetzlich! Sie fielen um, aber wir hörten keine einzige Detonation. Bevor wir begriffen, was los war, lagen vier Männer in ihrem Blut… Ich sah, wie um mich herum Staub aufwirbelte. Man hatte also auch mich im Visier. Ich bin in Windeseile den Hügel hinunter, zu der Stelle, wo wir die Gräben ausgehoben hatten. Eine Sekunde danach haben sie Pater Ungaro erwischt und mich beinahe auch. Ich hockte in meinem Loch wie eine Ratte! Sie blieben noch eine Weile. Wilde Tiere auf der Lauer. Dann machten sie sich auf und davon. Josi war noch in der Kapelle. Ihn haben sie beim Herauskommen erwischt. Ich habe Fersengeld gegeben! Nichts wie weg, mitten in der Nacht! So ist es gewesen. Ich habe ihnen nichts gegeben, verstehen Sie? Sie wollten mich umbringen, genau wie die anderen! Nur dass sie mich nicht erwischt haben.«
    »Wer sind ›sie‹?«
    Damien Seltzner schüttelte vehement den Kopf, eine Haarsträhne fiel ihm in die Stirn. Er war nicht mehr der gelassene Archäologe. Er sah mitleiderregend aus. Er warf einen Blick auf seinen Schlapphut, der neben ihm lag, aber man spürte, dass er den Tränen nahe war. Er nahm die Brille ab und putzte krampfhaft die Gläser mit seinem Taschentuch.
    »Noch einmal: Wer sind ›sie‹?«
    Damien Seltzner spürte einen großen Kloß im Hals. Dann schüttelte er leise den Kopf, biss die Zähne zusammen, zog die Schultern hoch und sah Judith in die Augen.
    »Sie haben wahrscheinlich die Wandmosaiken in der Kapelle gesehen, oder? Pater Ungaro und Enrico Josi haben Aufnahmen an den Vatikan geschickt. Kennen Sie sie? Von den Legionären auf Golgatha. Zumindest vermutete Josi, dass es sich um Legionäre handelte… Und der sternengekrönte Drache, der aus dem Ozean emporsteigt, der als Pietà dargestellte Dämon… Wissen Sie, worum es sich dabei handelt? Die Kapelle liegt zwar in einem Teil der Stadt Megiddo, der aus dem Jahr 4000 v. Chr. stammt, aber sie wurde erst zu Beginn unserer Zeitrechnung gebaut. Vielleicht sogar durch Longinus selbst… Diese Symbole sind nicht zufällig da. Für die, die sie geschaffen haben, bedeuteten sie die Zukunft. Die Wiederkehr des Messias oder des Antichristen, des falschen Propheten, der sich als Messias ausgibt. Als mischte sich die Endzeitvision der Essener auf einmal mit dem Entsetzen des Armageddon.« Plötzlich hob er belehrend den Zeigefinger und zitierte emphatisch:
     
    »Dann erschien ein großes Zeichen am Himmel: eine Frau, mit der Sonne bekleidet; der Mond war unter ihren Füßen und ein Kranz von zwölf Sternen auf ihrem Haupt. Sie war schwanger und schrie vor Schmerz in ihren Geburtswehen.
    Ein anderes Zeichen erschien am Himmel: ein Drache, groß und feuerrot, mit sieben Köpfen und zehn Hörnern und mit sieben Diademen auf seinen Köpfen. Sein Schwanz fegte ein Drittel der Sterne vom Himmel und warf sie auf die Erde herab.
    Der Drache stand vor der Frau, die gebären sollte; er wollte ihr Kind verschlingen, sobald es geboren war. Und sie gebar ein Kind, einen Sohn, der über alle Völker mit eisernem Zepter herrschen wird…« Damien Seltzer unterbrach sich mit einem erstickten Lachen, dann fuhr er fort:
    »Es gibt auch Leute, die behaupten, dass es sich dabei um die Lanze handelt, die Schicksalslanze…« Dann zitierte er weiter:  »Und ihr Kind wurde zu Gott und zu seinem Thron entrückt. Die Frau aber floh in die Wüste, wo Gott ihr einen Zufluchtsort geschaffen hatte; dort wird man sie mit Nahrung versorgen, zwölfhundertsechzig Tage lang.  Sagt Ihnen das etwas?«
    Judith runzelte die Stirn und fragte sich, worauf der Mann hinauswollte.
    »Natürlich sagt mir das etwas. Verse aus der Offenbarung des Johannes. Gleich vor dem Kampf Michaels und der Engel gegen den Drachen.«
    Der Archäologe beugte sich noch weiter vor. Der Schweiß stand ihm auf der Oberlippe.
    »Und wenn ich Ihnen sage, dass die Mosaiken recht haben? Dass sich genau das gerade abspielt? Die Apokalypse, das Ende der Welt, das Ende einer Rasse…? Wissen Sie, wofür die Schicksalslanze in der Überlieferung steht?«
    Jegliches Lächeln war aus seinem Gesicht gewichen.
    »Sie symbolisiert die allerhöchste Macht, die Waffe der Vernichtung, das Ende des Menschen. Wer die Lanze besitzt, soll die Welt beherrschen können… Darüber kann man sich heutzutage nur totlachen, was?
    In

Weitere Kostenlose Bücher