Die Lanze des Herrn
Augenblick mit denen vom FBI und Interpol. Die Raelianer behaupten, sie hätten mit der Sache nichts zu tun. Wir vermuten, dass Axus Mundi ein eigenes Team von Forschern zusammengestellt hat. Wir versuchen, ihr wissenschaftliches Profil zu erstellen. Pater Fombert wird Ihnen Neues über die Pergamente des Longinus und die Mönche vom Katharinenkloster berichten. Auch dort sind Warnungen eingegangen, wie bei uns. Aber was meinten Sie eben mit ›Überraschung‹?«
»Wir sind gerade in Alexandria angekommen. Pater Fombert erwartet uns. Wir haben unser Treffen auf heute vorverlegt, aber es findet wie geplant in der Bibliothek statt. Wir haben eine Nachtsitzung vor uns. Es wäre gut, wenn sich Monsignore Almedoes mit den hiesigen städtischen Behörden, der Polizei und dem Verkehrsministerium in Verbindung setzen könnte. Wir hatten ein kleines Problem im Zug.«
»Was für ein Problem?«
Judith nahm den Pass, den sie an sich genommen hatte, und öffnete ihn.
»Sie sollten alles über einen gewissen Jörg Krenzler in Erfahrung bringen. Passnummer 01EY… 25926. Er ist Österreicher. Vermutlich befindet sich dort der Sitz von Axus Mundi. Krenzler ist bei uns. Wir übergeben ihn den hiesigen Behörden, und Sie nehmen, wie schon gesagt, am besten möglichst rasch Verbindung mit ihnen auf. Dieser Krenzler ist wahrscheinlich in das Massaker von Megiddo verwickelt.«
»Sie sind doch nicht etwa verletzt?«
»Alles in Ordnung. Ich melde mich in fünf Minuten wieder.«
»Judith?«
Die junge Frau hatte schon aufgelegt, denn sie hatte Pater Jean-Baptiste Fombert erkannt. Er trug einen schwarzen Anzug und breiten Hut und stand mit verschränkten Armen bei drei ägyptischen Polizeiwagen und wirkte nervös. Neben ihm stand ein etwa sechzigjähriger Mann mit Bart, brauner Kopfbedeckung, dunkler, grob gewebter Kutte und einem großen goldenen Kruzifix um den Hals. Das musste der Mönch aus dem Katharinenkloster sein. Von allen Seiten forderten Taxifahrer die Ankömmlinge auf, in ihren Wagen zu steigen. Judith begrüßte den Mönch und Pater Fombert, während die Polizei Jörg Krenzler in Gewahrsam nahm. Man stieß ihn in einen Wagen.
»Ich bin gleich losgefahren, als ich Ihre Nachricht erhielt«, sagte Pater Fombert. »Einer unserer Leute wird dabei sein, wenn der Mann verhört wird.«
»Ja, was er weiß, kann uns nützen, und ich bin sicher, er weiß eine ganze Menge. Wir müssen möglichst schnell wissen, was Sache ist«, sagte Judith. »Und dass sie ihn nicht mit Samthandschuhen anfassen!«, fügte sie hinzu.
Pater Fombert sprach eine Weile mit den Polizisten auf Arabisch, während der Mönch im Fond eines Zivilwagens der Polizei Platz nahm. Anselmo setzte sich zu ihm. Pater Fombert ging um das Auto herum, öffnete eine Tür für Judith und setzte sich ohne zu warten neben den Fahrer, den der Direktor der Bibliothek geschickt hatte.
»Ich habe neue Informationen«, sagte er. »Vor allem über den Weg, den die Pergamente des Longinus genommen haben, bevor sie im Vatikan landeten.«
Jean-Baptiste Fombert hatte weißes Haar, gegerbte, faltige Haut und war ungewöhnlich hager, doch sein Gesichtsausdruck und vor allem seine klaren blauen Augen waren gütig und hatten etwas Strahlendes. Das Grübchen in seinem Kinn verlieh ihm einen gewissen Charme. Er war ein früherer Mitarbeiter von Enrico Josi am Archäologischen Institut des Vatikans gewesen und arbeitete seit etwa fünfzehn Jahren an der Übersetzung der Manuskripte vom Toten Meer. Er war ein Kenner der »Kupferrolle«, die 1952 in der Qumran-Höhle Nr. 3 gefunden worden war, und träumte seit langem davon, den Schatz des im Jahr 70 von den Armeen des Titus zerstörten Tempels zu finden. Er hatte die Jagd noch immer nicht aufgegeben. Er hatte eine Liste von vierundsechzig möglichen Verstecken erstellt, an denen sich vorsichtig geschätzt zwischen achtundfünfzig und hundertvierundsiebzig Tonnen Kostbarkeiten verbargen. Auf seine Art war Pater Fombert ein Reliquienjäger. Leider hatte man bisher kein einziges Stück des Tempelschatzes gefunden. Die Kupferrolle enthielt keine weiteren Hinweise auf die Lanze des Longinus.
Beim Einsteigen sah Judith, dass Jean-Baptiste Fombert einige mit rotem Band umschnürte Pergamentrollen an sich drückte.
»Ich habe einige der Kopien bei mir, die Sie uns zur Verfügung gestellt haben«, erklärte er. »Vielleicht besteht ein Zusammenhang zwischen den Weissagungen und dem, was heute geschieht. Unser Freund Yoris wird uns dabei
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