Die Laufmasche
dich getan haben, wäre es wirklich mehr als selbstverständlich, dass du uns diesen kleinen Gefallen tust.«
Meine Mutter sagte das Gleiche, als sie später anrief. Dabei würde mir kein Zacken aus der Krone brechen, sagte sie, und es sei eine gute Möglichkeit zu beweisen, dass ich Wolfs und Roswithas Bemühungen zu schätzen wisse.
Da ich ohnehin nichts Besseres vqrhatte, stand ich pünktlich um sieben bei Hoppes vor der Tür. Ich hatte mich echt in Schale geschmissen, um den Hoppes keine Schande zu bereiten. In Mamas schwarzem Kaschmirkleid, dem geerbten Diamantkollier und einem locker geflochtenen Zopf im Nacken würde ich Natalie in jedem Fall ausstechen, ganz gleich, was sie trug. Frau Hoppe zog mich gleich in die Küche und erklärte mir die Menüabfolge. Es war soweit alles vorbereitet, ein Feinkostservice hatte die Speisen geliefert. Meine Aufgabe war es, die einzelnen Gänge, wenn nötig, in der Mikrowelle zu erhitzen, auf den Tellern anzurichten und zu servieren.
»Den Champagner anfangs bitte unbedingt in der Küche ausschenken«, sagte Frau Hoppe, »und sei so lieb und binde dir diese Schürze um.«
Sie hielt mir ein weißes Rüschenungetüm hin. Es passte zu dem engen Kaschmirkleid wie die Faust aufs Auge.
»Nein«, sagte ich. »Niemals.«
»Bitte«, beharrte Frau Hoppe. »Das sieht einfach hygienischer aus. Und ich möchte, dass Natalies zukünftige Schwiegereltern einen guten Eindruck von uns bekommen.«
Ich schüttelte weiter den Kopf. Als die Hoppe ein-sah, dass alle Bemühungen, mich in ein hygienisches Küchenmädchen zu verwandeln, vergeblich sein würden, fügte sie sich widerwillig.
Es ist ja heutzutage so schwer, gutes Hauspersonal zu bekommen.
Natalie kam in einem nachtblauen Samtkleid im Empirestil und einem neuen Haarschnitt nach unten.
Beides sah gut aus. Ich fragte mich, wem sie es nachgeäfft hatte.
»Hast du Felicitas schon mein
Verlobungsgeschenk gezeigt?«, fragte sie.
Ich verneinte neugierig, und Mutter und Tochter führten mich ins Wohnzimmer unter den blau-goldenen Baum. Dort reichten sie mir ein lederüberzogenes Kästchen.
»Ein Erbstück seiner Großmutter«, sagte Frau Hoppe. »Jetzt sind die beiden offiziell verlobt.«
Das Verlobungsgeschenk war ein Saphirkollier, so geschmackvoll, dass ich einen entzückten Seufzer ausstieß.
»Wahnsinn, oder?«, fragte Natalie.
»Stimmt«, gab ich zu. »Es würde wunderbar zu deinem Kleid passen, warum ziehst du es nicht an?«
»Ja, warum nicht?«, fragte auch Frau Hoppe.
Aber in diesem Augenblick klingelte der Besuch an der Haustüre, und Natalie schob das Kästchen zurück
unter den Baum. Frau Hoppe schob mich eilig in die Küche.
»Den Champagner!«, sagte sie, und ich machte mich an die Arbeit. Wie geheißen trug ich das Tablett mit den gefüllten Gläsern anschließend ins Esszimmer.
Natalies Verlobter hieß Mark und sah nicht mal übel aus. Allerdings eine Spur zu jung für meinen Geschmack, und eine Spur zu viel Gel in den Haaren. Natalie hatte sich an seinen Arm gehängt und übte sich im Dauergrinsen. Seine Eltern sahen nett aus. Sie hatten Blumen mitgebracht und schüttelten allen die Hand. Mir wollten sie auch die Hand schütteln.
»Natalies kleine Schwester?«, tippte Marks Vater, und Natalie und ich ärgerten uns gleichermaßen über diese Unterstellung.
»Gott bewahre!«, sagte Natalie, und Frau Hoppe ergänzte: »Das ist nur unsere Hilfe.«
Ich beschloss, die Form zu wahren und lächelte.
»Felicitas Trost, die Nachbarstochter. Möchten Sie ein Glas Champagner zur Begrüßung?«
»Sehr feiner Tropfen«, lobte Marks Vater.
»Von Aldi«, informierte ich ihn bereitwillig.
»Fünfzehn fünfundneunzig die Flasche.«
Frau Hoppe lief feuerrot an. »In der Gourmet heute wurde der so gelobt, dass ich den auch mal ausprobieren wollte«, sagte sie schnell. Jetzt wusste ich, warum ich den Champagner in der Küche einschenken musste. »Wir kaufen sonst nicht bei Aldi.«
Sie fasste sich an die schamgeröteten Wangen und sah aus, als würde sie gleich im Boden versinken.
»Das ist aber ein wunderschönes Schmuckstück, das Sie da tragen«, meinte Marks Vater ablenkend zu mir. »Sicher sehr alt.«
»Von meiner Großtante. Aber Natalies Kollier ist auch sehr schön«, sagte ich charmant und deutete unter den Weihnachtsbaum.
»Es geht doch nichts über alten
Familienschmuck!«, sagte Frau Hoppe, die sich wieder gefasst hatte.
»Also, in unserer Familie gibt es da leider nichts zu erben«, sagte Marks
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