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Die Laufmasche

Titel: Die Laufmasche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kerstin Gier
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Das wird es in meinem Laden nicht geben. Immerhin, statt einer lebendigen Kröte kann man ohne weiteres Krötenpulver nehmen, und wir brauchen auch nicht dein Blut. Fingernagelschnipsel tun es genauso.«
    »Aber du glaubst doch nicht wirklich an so was!«
    Beates Augen bekamen sekundenlang wieder jenen unheimlichen Silberblick, den ich neulich schon beobachtet hatte.

    »Ach, was«, sagte sie dann. »Aber du solltest daran glauben, wenn du deinen Fluch endlich loswerden willst.« Sie begann, die einzelnen Tütchen aufzureißen und den Inhalt in ein leeres Marmeladenglas zu schütten.
    »Schwanzhaare einer schwarzen Katze, Pulver vom Amethyst, getrocknete Veilchen und Eibenbeeren, ein Teelöffel Krötenpulver, in dem Fläschchen hier ist echter Tau, zehn Tropfen, das gelbe Zeug ist Schwefel, und das hier sind Klettenwurzeln.«
    Die geheimen Zutaten hatten gerade mal den Boden des Marmeladenglases bedeckt.
    »So ein Schwachsinn«, murmelte ich. »Wie geht es weiter?«
    »Jetzt trinken wir erst mal ein Glas Sekt«, sagte Beate. »Du bist ja ekelhaft schlecht gelaunt.«
    Der Sekt tat mir gut. Ich goss mir ein zweites Glas ein und lächelte Beate an. »Und jetzt?«
    »Jetzt feilst du deine Fingernägel direkt über dem Glas«, befahl Beate und holte mir ihre Nagelfeile aus dem Badezimmer.
    Ich betrachtete meine Hände und fand, dass eine Maniküre an dieser Stelle wirklich nicht schaden konnte. Der weißliche Staub rieselte sanft hinab ins Marmeladenglas.
    »Hast du einen Nagelweißstift?«, fragte ich Beate, als ich fertig war.
    »Schscht.« Beate mischte die

Zauberingredienzien mit einer Kuchenschaufel.
    »Man braucht echtes Silber zum Rühren«, erklärte sie ernsthaft. »Der Tortenheber ist der
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    einzige echt silberne Gegenstand in meinem Haushalt. Er ist noch von meiner Großmutter.«
    »Aha«, sagte ich und grinste ein bisschen.
    »Jetzt haben wir alles zusammen. Wenn wir die Asche des Briefes unter diese Zutaten mischen, ist der Fluch darin gefangen. Und wenn wir mit dem Vermischen der letzten Zutat einen Namen aussprechen, und zwar dreimal hintereinander, dann geht der Fluch automatisch auf denjenigen über, dessen Namen wir genannt haben. Und du bist ihn für immer los. Den Fluch, meine ich.«
    »Warum kann man den Fluch nicht einfach aufheben? In Luft auflösen?«
    »Das geht eben nicht«, sagte Beate kategorisch.
    »Aber es fällt dir doch sicher jemand ein, den wir verhexen können?«
    Ich dachte spontan an Kernig. »Und was passiert, wenn wir die Asche von dem Kettenbrief nur in das Marmeladenglas sperren?«, fragte ich dennoch.
    »Dann ist der Fluch zwar gebunden, aber jeder, der ein bisschen was von Zauberei versteht, kann ihn dir schon morgen wieder anhexen! Erst wenn jemand anders mit deinem Fluch belegt ist, bist du endgültig von ihm befreit. Das heißt, wenn es funktioniert. Denn der Zauber ist dummerweise nicht komplett. Tote Fliegen waren nämlich leider gerade aus. Aber ohne Fliege ist der Zauber vermutlich genauso wirkungsvoll.«
    Ich sah sie streng an. »Vermutlich?«
    »Ja. Das ist das gleiche wie mit der Kröte. Eine lebendige Kröte ist natürlich wirkungsvoller als ein Teelöffel Krötenpulver. Aber es funktioniert trotzdem.« Sie sah auf die Uhr. »Wir müssen uns beeilen. Gleich kommt mein Bruder mit den Getränken.«
    Ich leerte mein Sektglas und pulte den Kettenbrief aus meiner Hosentasche. »So wurde Heather Matthews von ihrem Knochenmarxkrebs geheilt, hahaha.« Beate lachte. »Man kann kaum glauben, dass einen so ein Briefchen so tief in die Scheiße reiten kann.«
    Sie faltete ihrerseits ein kariertes Ringbuchblatt auseinander. »Das hier ist der Zauberspruch, den ich herausgesucht habe. Du musst ihn während des Verbrennens aufsagen.«
    Sie reichte mir ein Feuerzeug. Ich ließ den unheilvollen Kettenbrief über dem Marmeladenglas wehen und hielt die Flamme des Feuerzeugs an eine Ecke. Der Brief brannte sofort lichterloh. Beate hielt mir den Zettel mit dem Zauberspruch unter die Nase.
    Gehorsam las ich: »Ki. Ritschti, libiki, rischti la libiki, la libi, pisch, pitschti scha anzischti ...-« Die Flammen drohten mir die Finger zu verbrennen.
    Ich ließ den Brief ins Marmeladenglas fallen und fing an zu lachen.
    »Weiter«, zischte Beate.
    »Scha anzisch) schu anzisch, anzisch«, kicherte ich. Der Brief im Glas war zu Asche zerfallen.
    Gleichzeitig stieg ein eigenartiger Geruch auf.
    »Geschafft«, sagte Beate. »Jetzt fehlt noch der NameU
    »Was war das für eine Sprache?«,

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