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Die Laufmasche

Titel: Die Laufmasche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kerstin Gier
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er hatte eine Glatze und hörte auf, sich wie ein Idiot zu benehmen, als umgekehrt. Ich zündete Holz im Kamin an und machte uns einen heißen Grog.
    Während wir ihn tranken und darüber redeten, wie Jürgen, Wiebke und Britt wohl in Zukunft leben würden, kam Rothenberger von draußen herein, legte sich nass geschneit zwischen uns aufs Sofa und begann zu schnurren.
    »Ich habe auch schon eine gute Idee, was mit Britts Bett geschehen soll«, sagte Erik. »Beate sucht doch eins, und sie hat die gleichen Initialen wie Britt. Wenn es ihr gefällt, schenke ich's ihr.«
    Rothenberger drehte sich auf den Rücken und streckte alle viere in die Luft. Erik kraulte ihn sehr gründlich. Irgendwann begann er auch mich zu kraulen.
    »Wenn ich noch einen Grog trinke, kann ich aber nicht mehr nach Hause fahren«, sagte er schließlich und sah mich abwartend an.
    Und da war sie wieder, die günstige Gelegenheit, eine Nacht voller Leidenschaft und Romantik zu verpassen. Ich hätte Erik lediglich ein Mineralwasser anbieten müssen. Sicher werden Sie sich freuen zu hören, dass
    ich nichts dergleichen tat. Sechzehn verpasste Gelegenheiten waren genug.
    Ich goss das Glas randvoll mit Rum.

Was noch zu tun blieb
    »DAS KLEINE ARSCHLOCH hat dreimal nach dir gefragt«, sagte Beate, und da fegte es auch schon zur Türe herein.
    »Ich habe schon auf Sie gewartet«, sagte es zu mir.
    »Haben Sie mir denn nichts zu sagen?«
    »Doch«, entgegnete ich. »Eine ganze Menge sogar.
    Aber begleiten Sie mich doch nachher zu Herrn Hoppe. Mit dem habe ich um neun einen Termin.
    Dann muss ich nicht alles zweimal sagen!«
    Kernig fand offenbar keine Worte. Stumm suchte er das Weite.
    »Ich habe die ganze Nacht nicht geschlafen«, sagte ich zu Beate.
    »Ich auch nicht«, behauptete Beate. »Ich habe darüber nachgedacht, ob ich nicht auch kündigen soll. Gleich heute! Aber ich warte erst mal ab, ob dich nicht doch der Mut verlässt.«
    Die Zeit bis neun Uhr verbrachten wir mit Rollenspielen. Beate war Wolf und Kernig in einer Person, und ich konnte ich selber sein und an besonders treffenden Formulierungen feilen. Ich war ziemlich gut.
    »Zeig's ihnen«, sagte Beate schließlich.
    Zuerst ging ich zu Kernig nach nebenan.
    »Wenn Sie Lust haben, dann kommen Sie jetzt mit zu Herrn Hoppe«, sagte ich zu ihm.
    Kernig erhob sich widerspruchslos. »Worum geht es denn?«, fragte er unterwegs.
    Aber das wollte ich ihm dann doch noch nicht verraten. Etwas Spannung musste sein!
    Wolf saß hinter seinem riesigen Schreibtisch und rauchte wie üblich mehrere Zigaretten gleichzeitig.
    Er bot uns zwei Stühle an.
    »Ja, Felicitas«, sagte er, als wir saßen. »Was gibt es denn so Dringendes?«
    »Ich möchte kündigen«, antwortete ich freundlich.
    Wölf beugte sich vor. »Nein, nein«, sagte er. »Die Kündigung nehme ich nicht an.«
    Ich war vorübergehend aus dem Konzept gebracht. Auf diese Idee war Beate in unserem Rollenspiel vorhin nämlich nicht gekommen.
    »Heute ist mein letzter Tag«, sagte ich dennoch.
    "Heute?« Kernig, der bis dahin recht lässig in seinem Stuhl gehangen hatte, setzte sich kerzengerade auf. »Das ist ja wohl eindeutig ein Vertragsbruch.«
    »Welcher Vertrag denn?«, fragte ich ihn. »Und selbst wenn es einen gäbe, dann befänden wir uns noch in der Probezeit.«
    »Nun, nun«, machte Wölf begütigend. »Jetzt erzähl doch« - räusper, räusper -, »erzähl uns doch erst mal, was dir auf dem Herzen liegt.«
    »Oh, das ist eine ganze Menge«, sagte ich bereitwillig. Diesen Teil des Gespräches hatte ich mehrmals geübt. Ich zog ordentlich vom Leder.
    Zuerst sprach ich über allgemeine Missstände in der Firma, über das veraltete Com- puterprogramm und die ungleiche Verteilung der Code- wortkenntnisse.

    Und dann sprach ich über Kernig im Besonderen.
    Das war ein ergiebiges Thema, zumal ich es mit anschaulichen Beispielen aus dem Büroalltag unter-legte. Wie unfreundlich Kernig immer sei und wie wenig kooperativ. Dass er mich als Blitzableiter für verärgerte
    Kunden ausnutze und als verkaufsförderndes Sexobjekt begrabschen und beleidigen ließe. Dass er niemals zur Lösung von Konflikten beitrüge, überhaupt alle Mitarbeiter von oben herab behandele und ich daher jede weitere

Zusammenarbeit mit ihm kategorisch ablehnte.
    Wolf folgte meinen Ausführungen mit betroffenem Gesichtsausdruck. Ich hatte fast den Eindruck, als hörte er derartige Klagen nicht zum ersten Mal.
    •Nun«, sagte Kernig giftig, als ich zwecks Luftholens eine Pause

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