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Die Launen des Todes

Die Launen des Todes

Titel: Die Launen des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Reginald Hill
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abgehärtete Sonntagsangler, die sich damit brüsteten, dass noch nicht einmal das schlimmste Januarwetter sie von ihrem Sport abhalten konnte, sahen, wie der Himmel sich zuzog und dann der Regen mit einer Gewalt niederkam, die selbst ihre Toleranzgrenze überschritt, schoben sie kurzerhand ein gelockertes Brett zur Seite und traten in den Stollen, um dort Schutz zu suchen.
    Als sich ihre Augen an das fahle Dämmerlicht gewöhnt hatten, erkannten sie ein Seil, das auf dem Wasser trieb. Seile sind für Angler potenziell Gegenstände von Interesse, vor allem, wenn ein Ende steil in der Tiefe des Wassers versinkt. Mit seiner Angelrute holte er das Seil ans Ufer und begann es einzuholen.
    Nach einer Weile hakte es.
    »Hilf mir doch mal«, sagte er zu seinem Freund.
    Und zusammen zogen sie.
    Was immer am anderen Ende hängen mochte, es war auf jeden Fall schwerer als ein großer Monsterkarpfen.
    Und sicherlich schwerer als ein Paar Turnschuhe, die sie als Erstes zu Gesicht bekamen, als diese durch die Wasseroberfläche brachen.
    Dann enthüllte der nächste Zug am Seil, dass in den Turnschuhen noch Füße steckten und dass sich an den Füßen Beine befanden …
    An diesem Punkt ließ einer der beiden los, und der andere bemühte sich nur halbherzig, das Seil festzuhalten. Ungeachtet des Regens eilten sie nach draußen, um die Polizei zu rufen.
    Eine Stunde später – mehrere Polizeifahrzeuge und ein Sanitätswagen schickten auf der hundert Meter entfernten Straße ihre pulsierenden Lichter in den dichten Regen – wurde die Leiche, die auf den ersten Blick einem Kind gehörte, auf das Kanalufer gelegt. Das Seil war fest um beide Fußknöchel gebunden.
    Der Polizeiarzt erklärte, woran keiner zweifelte, dass der Tod bereits eingetreten sei. Blitzlichter der Fotografen erhellten die Szenerie inner- und außerhalb des Tunnels. Funkgeräte knarzten, der Regen rauschte.
    Dann war ein neues Geräusch zu hören, das Röhren eines schweren Motorrads, das voll ausgefahren wurde.
    Schlitternd kam es auf der nassen Straße zum Halt, der Fahrer stieg ab und lehnte die Maschine gegen eine Hecke. Er zog seinen Helm ab, und beim Anblick des Gesichts traten die Beamten, die ihn bereits zurückweisen wollten, wieder den Rückzug an.
    Er schob sich an ihnen vorbei, schlitterte den Abhang hinab aufs Feld und stapfte über die Grasbüschel zum Kanalufer.
    Dort stand er und sah hinab auf das kleine, junge Gesicht zu seinen Füßen.
    Dann schritt er durch die herausgerissene Planke in den Tunnel, und einen Augenblick später kam jede Arbeit zum Erliegen, als ein Schrei wie das Wüten eines verwundeten Minotaurus aus der Dunkelheit brach.
     
    Erst am darauf folgenden Morgen erfuhr Pascoe von der schaurigen Entdeckung. Den Sonntag hatte er in Lincolnshire beim Besuch von Ellies Mutter verbracht. Dem Dicken hatte er eine Zusammenfassung seiner offiziellen Mission in Sheffield zugefaxt und vorgeschlagen, sich am Montag, gleich am Morgen, zu treffen, um über die sich daraus ergebenden Folgen zu beratschlagen. Selbst wenn er sich auf einem Trip in der Umlaufbahn befunden hätte, wäre dies für Dalziel kein Hinderungsgrund gewesen, ihn aufzuspüren, wenn er einen früheren Termin gewünscht hätte. Die Entdeckung der Leiche aber hatte den großen Geist auf Trab gehalten.
    »Eindeutig Lubanski«, sagte Dalziel. »Bereits seit einigen Tagen tot. Da er im Wasser lag, lässt sich der genaue Zeitpunkt nur schwer angeben.«
    »Wie ist er gestorben?«, fragte Pascoe.
    »Ertrunken. Aber, nach den Indizien zu schließen, wurde er davor verprügelt. Danach, so sieht es jedenfalls aus, hat ihm jemand das Seil um die Knöchel gebunden und ihn in den Kanal geworfen, ein wenig durchs Wasser gezogen und wieder rausgeholt. Ging wohl mehrere Mal so.«
    Pascoe verzog das Gesicht. »Du meinst, Sie haben ihm Fragen gestellt.«
    »Möglich.«
    »Könnte also sein, dass sie ihn gar nicht umbringen wollten, sondern nur zu weit gegangen sind?«
    »Oder sie haben gehört, was sie hören wollten, und ihn dann reingeworfen und ertrinken lassen. So oder so, für mich ist es Mord.«
    »Keine Frage. Wie hat Wieldy es aufgenommen?«
    »Wie wird er es verdammt noch mal schon aufgenommen haben?«, giftete Dalziel. »Ich war kurz davor, ihn hier festzubinden, damit er nicht postwendend zum Rülpser läuft und ihm die Scheiße aus dem Leib prügelt.«
    »Scheint keine so schlechte Idee zu sein«, sagte Pascoe.
    »Ach ja? Unser alter Leisetreter und Mr. Menschenrechte hat sich

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