Die Lauscherin im Beichtstuhl - Die Lauscherin im Beichtstuhl
gen Himmel gehoben wurde. Na, ob das alles so seine Richtigkeit hatte? Weder flatternde Menschenwelpen noch aufsteigende Wolkenkissen waren mir je begegnet. Aber sollten die Menschen ihre Träume vom Fliegen behalten. Es pinselte Meister Clemens an der Darstellung eines blitzblauen Himmelsgewölbes oben auf seinem Gerüst und summte dabei nicht gerade musikalischvor sich hin. Ich untersuchte den Deckelkorb, in dem er seine Utensilien und seine Esswaren zu transportieren pflegte. Schade, er hatte wohl schon sein Mahl zu sich genommen, und es war Schinken dabei gewesen. Ein paar Krümel Brot befanden sich noch unten am Boden, aber die reizten meinen feinen Gaumen nicht. Das Leinentuch, in dem die Sachen eingewickelt waren, duftete noch angenehm fettig, und ich rollte mich darunter im Korb zusammen, um die Zeit zu verdösen.
Nicht sehr viel später warf Meister Clemens nachlässig ein paar leere Tiegel auf mich, klappte die Deckel zu und nahm den Korb auf. Mein Gewicht schien ihn zum Glück nicht zu stören, und so schonte ich meine Pfoten auf dem Weg nach Dellenhofen, was mir aufgrund der kleinen Belastung in meinem Bauch ganz recht war.
»Ich bin zurück, Kristin!«, rief Clemens, als das Geschaukel aufhörte und der Korb auf dem Boden abgesetzt wurde.
»Schön, dass du da bist. Ich habe frisches Brot gebacken und ein Hasenschwarz gekocht.« Ich hörte Kristin kichern. »Ganz ländlich und deftig. Der Mattes hat mir den Hasen gebracht.«
Ich wand mich aus dem Lappen und zwischen den Tiegeln hervor, um den Korbdeckel aufzustoßen. Hasenschwarz hatte ich noch nie gekostet – einen jungen Hasen aber hatte ich in guter Erinnerung.
»Clemens, der Korb wackelt!«
»Bitte? Oh!«
Der Deckel hob sich, und ich wurde von zwei Paar braunen Augen verdutzt gemustert.
»Mirza!«
Kristin lachte auf, und Clemens stimmte ein.
»Oh weh, bist du im Korb eingeschlafen, Faulpelzchen? Da siehst du, was man davon hat, wenn man sein Lager nicht vorsichtig wählt!«
Würdevoll stieg ich aus dem Behältnis und sah mich um. Das war zwar noch die Hütte der alten Moen, aber sie sah jetzt ganz anders aus als damals. Ein bunter Flickenteppich lag auf den Dielen, Tisch und Bank waren verrückt, ein neues Bord an der Wand angebracht, auf dem Teller und Becher standen. Neue, kupferne Töpfe blinkten neben dem Kamin, und zwei gepolsterte Sessel standen am Fenster. Geblieben waren die Vase, jetzt gefüllt mit leuchtenden Herbstblumen, und ein paar duftende Kräutersträuße, die von der Decke hingen. Mir gefiel es, und ich schnupperte die Ecken ab. Sie waren ganz sauber, ohne Staub und Spinnenweben.
»Was machen wir mit ihr? Pater Melvinius wird sich Sorgen um sie machen.«
Kristin beruhigte ihren Bruder: »Ich glaube, keine allzu großen. Sie ist recht selbstständig, die hübsche Mirza. Ich bringe sie morgen früh im Korb wieder zurück. Wir wollen die Tür schließen, damit sie uns nicht fortläuft.«
»Das wird das Beste sein. Dann tisch mal dein ländliches Gericht auf. Und vergiss nicht, unseren Gast zu bewirten.«
Hasenschwarz schmeckte nicht schlecht, aber es war ein scharfes Gewürz dran, das mir im Rachen brannte, sodass ich für die Schüssel Wasser sehr dankbar war. Die Geschwister unterhielten sich über ihrTagwerk, und Clemens erwähnte, er habe Meiko kurz gesprochen.
»Er sah gut aus, Kristin. Er hat durch den Unfall keinen Schaden erlitten, und die Mönche haben ihm all seinen Besitz ersetzt. Ein Glück für ihn, dass er jene Nacht auf dem Clarenhof verbracht hat, nicht wahr?«
»Bei der hübschen Ermine, nicht wahr?«
Kristins Stimme klang etwas schnippisch. »Glaubst du?«
»Was sollte er sonst über Nacht dort zu suchen haben?«
»Bist du eifersüchtig, Schwesterchen?«
»Was interessiert mich schon der Gärtnerbursche vom Kloster!«
»Er sah mir gar nicht mehr wie ein Gärtnerbursche aus.«
»Eine gründliche Wäsche und neue Kleider können fast jeden verwandeln.«
»Sicher. Aber er hat dir auch schon gefallen, als er noch Lehm an den Händen hatte und unrasiert war. Sonst hättest du nach dem Brand nicht so bittere Tränen vergossen.«
»Was weißt du von Tränen!«, kam es patzig von Kristin.
»Liebes, ich bin dein Bruder. Ich habe dich nachts weinen gehört. Gesteh mir zu, dich ein wenig zu kennen.«
»Ach, Clemens. Ja, verdammt, ja. Er gefällt mir, aber... er ist ein Abenteurer. Er wird weiterziehen, wenn ihn das Fernweh packt. Und ich... na, du weißt doch, wir haben andere Pläne. Darin sind
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