Die Lauscherin im Beichtstuhl - Die Lauscherin im Beichtstuhl
Herzensangelegenheiten nicht vorgesehen.«
»Pläne kann man ändern.«
»Vielleicht. Aber Menschen nicht. Und ganz bestimmt nicht Meiko.«
»Da wäre ich mir nicht so sicher.«
»Lass es, Clemens. Wir wissen ja noch nicht einmal, wer er ist. Selbst Pater Melvinius, der ihn schon lange und viel besser kennt, glaubt, er verberge etwas. Kümmere dich nicht weiter um meine Launen, Bruder. Das geht auch wieder vorbei.«
Kristin räumte resolut die geleerten Schüsseln ab und scheuerte sie über einem Eimer Wasser mit Sand aus. Clemens verschwand im Nebenraum, und ich beobachtete, wie seine Schwester sich mit dem Handrücken energisch die feuchten Wangen abwischte.
Das hatte wohl nichts mit Rolligkeit zu tun, was sie für den Meiko empfand. Ich drückte mich an ihr Bein und rieb meinen Kopf an dem weichen Stoff ihres Rockes.
»Ach Mirza!«, schnupfte sie und streichelte mich mit feuchten Fingern. Nett gemeint, aber nicht besonders angenehm. Ich ließ es mir dennoch gefallen.
Schließlich räumte sie das Geschirr fort, wischte den Tisch ab und richtete den Brei für den nächsten Morgen. Ich machte mich an die Arbeit. Zunächst einmal suchte ich die Stelle, in die ich immer die hübschen Goldscheibchen geschnickt hatte. Es gab da diesen Spalt zwischen den Dielen, in den sie fielen. Jetzt allerdings lag der Teppich darüber, und ich hatte einige Mühe, ihn mit den Pfoten und der Nase anzuheben, um darunter zu kriechen.
»Wo ist unsere Besuchskatze?«, hörte ich Clemensfragen, der zurückgekommen war. »Ich habe ihr einen Korb mit Sand gerichtet.«
»Mirza? Eben war sie noch hier. Mirza?«
Kristin rief mich, aber ich hatte gerade die richtige Spalte gefunden und untersuchte sie mit intensivem Schnüffeln.
»Sie wird doch hoffentlich nicht durch die Hintertür entwischt sein?«
»Ich habe sie nicht gesehen. Aber das Fenster ist offen, Kristin. Das hast du vergessen.«
Jemand trat mir auf den Schwanz.
Ich kreischte.
Verfing mich im Teppich.
Fauchte.
Versuchte zu entkommen.
Wurde umhergezerrt.
Rang nach Atem.
Plötzlich Luft und Helligkeit.
Ich flitzte in eine Ecke und sah mich verstört um. »Was treibst du denn da für einen Schabernack, Mirza?«
Schabernack? Also wirklich...
»Sie ist unter den Teppich gekrochen. Dummköpfchen! Tut mir Leid, dass ich auf dich getreten bin. Komm her, Mirza! Komm, Kleine!«
Clemens hockte auf dem Boden vor mir und streckte mir vorsichtig seine Hand entgegen.
Na ja, jetzt, nachdem der Schreck verflogen war, musste ich ihm in gewisser Weise Recht geben. Mein Schwanz hingegen zuckte noch immer beleidigt an meinem hinteren Ende herum. Mein vorderes näherte sich den Fingern.
»Wieder gut, Mirza?«
»Mau!«
Clemens kraulte mich, und ich kam näher. Es galt, die Gunst der Stunde zu nutzen. Der Teppich war zurückgeschlagen, die Dielen darunter lagen frei. Ich begab mich zu der Spalte, die mir von früher in Erinnerung war, und begann, daran herumzukratzen.
»Für diesen Zweck habe ich dir den Korb mit Erde hingestellt, Mirza«, mahnte Clemens mich und wollte mich aufheben. Ich fauchte ihn kurz an, wie ich es mit meinen Kleinen zu tun pflegte, wenn sie etwas taten, was nicht erlaubt war. Der Mensch verstand das gewöhnlich auch.
Kristin beobachtete uns, wie ich aus den Augenwinkeln feststellen konnte.
»Clemens, ich glaube, dieses Kratzen hat einen anderen Grund. Ich erinnere mich, Pater Melvinius hat mir einmal erzählt, Mirza sei früher die Katze der Moen gewesen, der Frau, die hier gewohnt hat. Meiko hat sie an dem Tag, als sie gestorben ist, mit ins Kloster gebracht, damit sie nicht zur Streunerin werden musste. Wahrscheinlich erinnert sie sich an irgendetwas. Ich habe mich schon gewundert, warum sie so gar nicht scheu ist.«
Kluge Kristin.
Ich sah fordernd zu ihr hoch.
»Ist da etwas Besonderes, Kleine?«
Sie kniete neben mir nieder. Ich schnüffelte nachdrücklich an der Diele und dann an den Latten, die sie fest hielten.
»Sie benimmt sich seltsam, Kristin!«
»Nein. Katzen benehmen sich nie seltsam. Sie hatsicher einen guten Grund, wir verstehen ihn nur nicht. Vielleicht riecht es dort nach irgendetwas, das sie an ihren früheren Aufenthalt hier erinnert.«
»Na, bestimmt an den berühmten Schatz, den die Moen angeblich besessen hat.«
Kristin setzte sich auf den Boden und beobachtete mich nachdenklich. Ich kratzte noch einmal kräftig an der Diele und maunzte sie auffordernd an.
Clemens war ebenfalls neugierig geworden und klopfte mit dem
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