Die Lauscherin im Beichtstuhl - Die Lauscherin im Beichtstuhl
müsstest sonst auch dem heiligen Franziskus seine Liebe zu den Tieren anlasten.
Und nun berichte – was hat dich so lange in Rommerskirchen fest gehalten?«
»Meine seelsorgerische Arbeit!«, kam es trotzig von dem Diakon, der versuchte, möglichst weit von mir abzurücken.
»Ist der Herr Sivert ein solcher Sünder, dass du vierzehn Tage darauf verwenden musstest, ihn zu läutern?«
Ich sah, wie Meiko hinter seinem Rücken ein Grinsen zu unterdrücken versuchte.
»Er lebt nicht alleine dort.«
»Sünder allesamt? Fanden sie dich in weltlicher Kleidung vertrauenswürdiger als im Ordensgewand?« Arnoldus schwieg verstockt.
»Oder haben sie ihre Sünden bei der Jagd und bei den Feiern und Gelagen offener gebeichtet?«
»Ich habe Verpflichtungen gegenüber dem Gutsherrn«, knurrte Arnoldus.
Diabolo sprang auf den Tisch neben die Lampe und starrte Arnoldus ebenso eindringlich an wie ich. Der Diakon saß nun zwischen uns beiden und versuchte, nach hinten auszuweichen. Da aber stand Meiko unerschütterlich. Melvinius gönnte dem schwarzen Kater einen leicht überraschten Blick, sagte aber nichts zu seinem Erscheinen, sondern fauchte Arnoldus an:
»Etwa auch solche, der jungen Ermine auf dem Clarenhof Einladungen zu einem heimlichen Treffen zu überstellen, Diakon Arnoldus?«
Ich roch wieder die Angst. Diabolo zwinkerte mir zu und gab mir mit erhobener Tatze und gespreizten Krallen zu verstehen, auf welche Weise er die Fragegerne vertieft hätte. Ich schüttelte kaum merklich den Kopf.
»Jehan hat uns davon berichtet, Arnoldus ...«
Die Züge des Diakons erstarrten. Offensichtlich war er davon ausgegangen, auch dieser Anschlag sei geglückt.
Mich juckte es plötzlich hinter dem Ohr, und mit der Hinterpfote kratzte ich mich flink dort im Fell. Ein paar der feinen Härchen tanzten im Lichtschein auf und ab, und Arnoldus nieste.
»Wie lange kennst du Sivert von Rommerskirchen
schon, Arnoldus?«, wollte Melvinius jetzt wissen. »Was hat das denn für eine Bedeutung?« »Beantworte meine Frage!«
Mich juckte es nochmals, und wieder flogen einige meiner Härchen durch die Luft.
Arnoldus nieste zweimal.
Diabolo grinste diabolisch und kratzte sich ebenfalls.
Das Niesen setzte sich fort.
Manchmal, wenn ich feinen Staub in die Nase bekam, musste ich auch niesen. Der Diakon schien sehr empfindlich auf Katzenhaare zu reagieren, und lustvoll fetzte ich mir mit den Krallen durch den Pelz, dass die Haare meiner feinen, wärmenden Unterwolle nur so flogen.
Der Schleim floss ihm aus der Nase, die Augen tränten ihm, und ein donnerndes Niesen folgte dem anderen.
»Katzen raus!«, röchelte er.
Melvinius sah zu mir, dann zu Diabolo und wieder zurück zu Arnoldus.
»Seit wann kennst du Sivert von Rommerskirchen?« »Katzen...!«
»Lass es gut sein, Mirza!«, flüsterte Melvinius. »Er wird jetzt antworten.«
Er tat es. Wir erfuhren also unter Schnoddern und Schniefen, welche Beziehung zwischen den beiden Männern bestand. Arnoldus, jüngster Sohn eines Landjunkers, hatte keine große Wahl gehabt, er war für die Kirchenlaufbahn bestimmt. Über ein paar Beziehungen seines Vaters gelang es ihm, in dem Prämonstratenserorden aufgenommen zu werden und hier sogar die erste Weihe zu erlangen. Sivert lernte er kennen, als ihn der Bruder, der noch vor vierzehn Jahren die kleine Gemeinde von Rommerskirchen betreute, dorthin mitnahm. Die beiden jungen Männer, Arnold war zwanzig, Sivert achtzehn, freundeten sich bald an. Siverts Mutter unterstützte die Freundschaft ihres Sohnes mit dem Ordensbruder. Doch wie Arnold sagte, war es Sivert, der ihn immer wieder verführte, an seinen heimlichen Ausschweifungen teilzunehmen. Widerwillig habe er sich an den Trinkereien beteiligt, an den Würfel- und Kartenspielen, an den Hahnenkämpfen und auch den Tändeleien mit den Mägden. Es wurde sogar noch schlimmer, als Magdalene von Rommerskirchen starb. Zwar habe der alte Herr dann und wann, wenn er Sivert erwischte, versucht, seinem Treiben Einhalt zu gebieten, aber es hatte nicht viel genutzt. Auch er, Arnold, habe immer wieder mahnend darauf hingewiesen, wie sündig sein Lebenswandel sei, und versucht, ihn auf den rechten Weg zu bringen.
An dieser Stelle gab Meiko ein trockenes Lachen von sich.
»Mein Bruder mag ein sittenloser Mensch sein, aber um jemanden zu einem sündigen Leben zu verführen, braucht es zwei. Ihr, Diakon, seid zu keinem Zeitpunkt gezwungen gewesen, Euch an seinen zweifelhaften Lustbarkeiten zu beteiligen. Und –
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