Die Lauscherin im Beichtstuhl - Die Lauscherin im Beichtstuhl
Schlund. Fleisch ohne Haut und Knochen hat zur Abwechslung mal was!
»Ei, du hast aber einen bösen Kratzer auf der Nase, Mirza. Hast du gerauft?«
Und wie! Das Mitgefühl und die Streichelhände taten mir wohl, darum rollte ich mich zwischen ihnen zusammen, genoss die Sonne und das Gespräch der beiden.
»Wenn wir diesen Auftrag erledigt haben, sind wir fast so weit, unser eigenes Haus kaufen zu können«, sann Kristin nach. »Ich habe vorhin ein paar Berechnungen angestellt. Wollen wir uns etwas näher mitdem Herrn von Rommerskirchen befassen? Glaubst du, es ist ihm ernst damit, seine Halle ausmalen zu lassen?«
»Ich bin mir nicht ganz sicher, Kristin. Vielleicht wollte er dir nur schmeicheln.«
»Möglich. Jedenfalls könnte uns sein Angebot, auf dem Gut zu wohnen, etwas in Schwierigkeiten bringen. Ich meine, was die Arbeitsweise anbelangt.«
»Auch was die menschlichen Beziehungen anbelangt. Gefällt dir der Herr Sivert, Schwesterchen?«
»Er sieht gut aus, nicht wahr? Und er hat wunderbare Manieren.«
»Geld hat er auch.«
»Dazu ein großes Gut mit umfangreichen Ländereien. Aber ich weiß nicht, ob er ein so schlichtes Mädchen wie mich überhaupt ein zweites Mal ansieht.«
»Du bist ein sehr hübsches Mädchen. Dich haben schon oft Männer mehr als zweimal angesehen. Nur schaust du nie zurück.«
»Wie könnte ich denn, Clemens? Wir müssen unsere Arbeit gemeinsam erledigen. Und dass wir es auf diese Weise tun, darf eben noch niemand erfahren.«
»Kristin!« Meister Clemens streichelte seiner Schwester zärtlich die Wange. »Du gibst so viel für mich auf.«
»Nein, nein, mein Bruder. Nicht viel. Was ist schon ein bisschen Herzenssehnsucht gegenüber unserem großen Ziel? Wir beiden verzichten auf das eine oder andere, damit sich unsere Träume erfüllen. Für dich die Baukunst und für mich – vielleicht – eine Familie.«
»Willst du das Malen wirklich ganz aufgeben?«
»Nein, aber ich werde nur noch das tun, was mir wirklich Freude macht. Porträts anfertigen von Menschen, die nichts dagegen haben, von einer Frau gemalt zu werden.« Kristin lachte plötzlich auf. »Oder von Katzen! Ich glaube nicht, dass es Mirza etwas ausmacht, von weiblicher Hand abgebildet zu werden.«
Ich schnurrte laut und zustimmend.
»Sie scheint da keine Vorlieben zu haben. Ein hübsches Kätzchen. Später, wenn wir sesshaft geworden sind, wollen wir uns auch eines halten.«
»Ganz bestimmt.«
»Aber zurück zu Rommerskirchen. Kristin, wollen wir die Einladung annehmen? Wir können uns zumindest die Halle ansehen und uns von ihm erklären lassen, was er sich vorstellt.«
»Und was er zu zahlen bereit ist. Ja, tun wir das. Ablehnen können wir noch immer.«
Kristin blinzelte in die Sonne. Sie schien eigenen Gedanken nachzuhängen.
»Was ist, Kristin? Worüber denkst du nach?« »Über ein Luftschloss.«
»Das dumme Gerücht?«
Kristin lachte noch einmal auf, aber diesmal ein wenig bitter.
»Du kennst mich sehr gut, Clemens. Aber sag selbst, wäre es nicht die Lösung aller Probleme, wenn es wahr wäre?«
»Selbst wenn es wahr ist und die Moen einen Goldschatz gehortet hat, dann müssten wir ihn zuerst finden. Und – er würde nicht uns gehören.«
»Nein, er gehört den Erben.«
»Oder den Besitzern des Hauses.«
»Dem Kloster. Aber die haben genug Geld. Es ist eine ausgesprochen reiche Pfründe.«
»Wohl wahr.«
Ich fragte mich wieder einmal, was so wichtig an der Sache Geld und Gold für die Menschen ist. Eine Antwort hatte ich noch nicht gefunden, und sie erklärten es mir auch nicht, denn eben überquerte der Diakon Arnoldus mit gewichtigen Schritten den Vorplatz der Basilika und verschwand in der Kirche. Ich machte mich sehr klein und unscheinbar.
»Keine Angst, Mirza, wir lassen nicht zu, dass er dir etwas tut«, flüsterte Kristin. »Außerdem kommt er zu spät zum Mittagsgebet und hat jetzt erst einmal ein paar Psalmen zu singen.« Ihrem Bruder erklärte sie: »Der Kerl ist ein Schleimer, wie ich noch nie einen zuvor getroffen habe. Ist dir am Sonntag aufgefallen, wie er um den Herrn Sivert geschwänzelt ist?«
»Oh ja. Aber ich hatte mehr den Eindruck, er schwänzelte, wenn du diesen Ausdruck schon verwenden musst, eher um die Frau Johanna van Heege herum.«
»Also auch noch ein unkeuscher Schleimer. Dazu ein Katzenhasser. Er hat Mirza getreten, wusstest du das, Clemens? Er bewirft auch die anderen Katzen hier mit Steinen.«
»Er hat wahrscheinlich Angst vor ihnen. Weißt du noch –
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