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Die Lauscherin im Beichtstuhl - Die Lauscherin im Beichtstuhl

Titel: Die Lauscherin im Beichtstuhl - Die Lauscherin im Beichtstuhl Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
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wie dieser Quacksalber, der Mutter behandelt hat. Er hasste Katzen so sehr, er konnte sie nicht anfassen und bekam schon Zustände, wenn sie nur im gleichen Raum waren.«
    »Ja, an ihn erinnert mich Diakon Arnoldus. Aber er braucht uns nicht weiter zu kümmern. Mirza wird ihm aus dem Weg gehen, denke ich.«
    Aber ganz sicher, liebe Kristin, ganz gewiss.
    »Der Gärtner hingegen scheint sie zu mögen.«
    Was? Das wäre ja das Neueste! Wie kam Kristin denn auf den abwegigen Gedanken? Na gut, er hatte mich vor zwei Tagen recht ordentlich verarztet, aber mögen?
    »Er ist ein interessanter Bursche, der Meiko. Ich habe mich mit ihm vor ein paar Tagen unterhalten. Mir scheint, er ist schlauer, als er zugibt. Sei ein wenig vorsichtig, wenn du hier arbeitest. Er hat scharfe Augen.«
    »Ich bin immer vorsichtig. Mich stört derzeit viel mehr, dass der Geselle vom Fassbender, dieser Mattes, ständig an meinem Rockzipfel hängt.«
    Clemens grinste sie belustigt an: »Du bist eben eine begehrte Person. Soll ich den Mattes mal nach seinen Absichten fragen?«
    »Um Himmels willen.«
    Sie plauderten noch ein wenig über ihre Tagesarbeit, und schließlich raffte sich Kristin auf und meinte: »Komm, Clemens, wir haben genug getrödelt. Die Mönche haben ihr Gebet beendet und verlassen die Basilika.«
    Sie packten den Korb zusammen, und Kristin streichelte mir noch einmal den Kopf.
    »Mach’s gut, Mirza.«
    Mache ich fast immer!
     
    Ich blieb noch eine Weile auf der Mauer sitzen und ließ die Welt und meine Gedanken vorbeiziehen. Also, die beiden Maler waren wirklich Wurfgeschwister, und sie betrieben eine gewisse Heimlichkeit damit.
    Das Dumme an der Neugier ist, dass, sowie man eine Frage beantwortet hat, sich sofort mehrere neue stellen. Warum konnte Meister Clemens beispielsweise nicht alleine arbeiten? Warum musste Kristin sich als Mann verkleiden? Was hat das alles mit dieser komischen Sache Geld zu tun? Was war das mit dem Goldschatz der Moen?
    Das Denken ging in Dösen über.
    Wütende Männerstimmen zerrten mich unbarmherzig aus diesen erholsamen Grübeleien.
    Ärgerlich öffnete ich erst ein, dann auch das andere Auge.
    Hoppla, da war ja eine Streiterei im Gange. Und Meiko mit dabei.
    »Mattes, du bist verrückt! Die Katryn interessiert mich keinen Deut!«
    »Du hast sie angetatscht!«
    »Unsinn. Ich hab ihr geholfen, den Korb mit Wäsche zu tragen.«
    »Das kann sie allein. Du brauchst dich nicht an sie heranzumachen!«
    Meiko zuckte mit den Schultern.
    »Mache ich nicht. Und wenn dir die Katryn so wichtig ist, warum bist du dann hier, um der Kristin nachzusteigen?«, fragte er und wollte den vierschrötigen Mattes stehen lassen. Aber der hatte nun mal die Absicht, sich zu balgen.
    »Das geht dich einen feuchten Dreck an. Du lässt die Finger von meinem Mädchen, verstanden?«, brüllte er Meiko an. Er fügte noch ein paar Beleidigungen hinzu, die auch ein streitsüchtiger Kater nicht besser hätte formulieren können. Meiko ließ ihn herumblöken,was Mattes nur zu neuen Kraftausdrücken reizte. Ein wenig cholerisch, wie Melvinius ihn bezeichnen würde. Als Meiko ihm den Rücken zudrehte, seinen Korb aufnahm und fortgehen wollte, bezichtigte er ihn der Feigheit und warf, hochrot vor Wut, einen Stein nach ihm. Er traf den Gärtner im Kreuz.
    Ich muss schon sagen: Achtung, wem Achtung gebührt! Meiko hatte eine ausgezeichnete Art, mit dem wild gewordenen Mattes umzugehen. Zwei Schritte, zwei Fäuste, und der Geselle lag platt auf dem Boden.
    Es gefiel mir. Denn der Mattes war der Mann, der letztes Jahr im Herbst meine drei kleinen Stoppelkätzchen ertränkt hatte.
    So etwas verzeiht eine Mutter nur schwer.
     
    Nach diesem erquicklichen Schauspiel wanderte ich zurück und fand auch noch die Kraft, zwei Bibliotheksmäuse aufzustöbern. Dann ruhte ich ein wenig bei Pater Melvinius, der von seinem Leibdiener Yvain umsorgt und mit köstlichem Essen verpflegt wurde.
    »Hier Mirza, probier das mal!«
    Ich bekam ein Stückchen zarter Forelle und erfuhr, dass die Klosterregel es vorsah, den Kranken und Schwachen Mahlzeiten aus der Küche des Abtes zu servieren. Eine sehr sinnvolle Regel, urteilte ich und fühlte mich plötzlich so schwach, dass mir Melvinius noch ein weiteres Stückchen anbot. Flusskrebs. Wirklich nicht schlecht, so ein kleiner Schwächeanfall.
     
    Wenn auch die Nahrungsregel ganz vernünftig war, schien mir doch jene, die ich am nächsten Morgen vernahm, hochgradig absurd.
    Ich hatte einen neuen Weg erkundet.

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