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Die Lauscherin im Beichtstuhl - Die Lauscherin im Beichtstuhl

Titel: Die Lauscherin im Beichtstuhl - Die Lauscherin im Beichtstuhl Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
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mit.«
    »Danke, gerne!«
    Kristin nickte, tauchte den Pinsel erneut in die Farbe, und ihre Zungenspitze lugte wieder zwischen den Lippen hervor. Es war aber auch ein sehr kompliziertes Muster.
    Ich sah dem Gärtner jedoch lange nach, als er aus der Basilika ging. Offensichtlich hatte er das Verwechseln der roten und grünen Farben vor einer Woche auch bemerkt und seine Schlüsse daraus gezogen. Mit Sicherheit wusste er nun, dass Meister Clemens heute von seiner Schwester vertreten wurde. Aber er hatte nichts gesagt. Erstaunlich.
    Mir jedoch brauchte Kristin ja nichts vormachen, und als sie mit dem Kleid der Maria von Magdala fertig war, machten wir beide eine nette Pause. Dann verabschiedete sie sich von mir, weil sie sich wirklich einen Krug Apfelmost holen wollte, und ich mauste ein wenig in der Hecke zur Pferdekoppel.
    Daher wurde ich Zeuge, wie der Herr von Rommerskirchen vorbeiritt. Wieder prachtvoll gewandet, der Mann. Er zügelte sein Pferd vor der Kirche und gab es einem der herbeieilenden Stalljungen zum Halten. Ganz als ob er hier zu Hause wäre, spazierte er in die Basilika und rief nach Meister Clemens.
    Nun, der war nicht da.
    Ich sah ihn wieder herauskommen. Betrübt schien er deshalb jedoch nicht zu sein, sondern er schwang sich wieder in den Sattel und nahm in geschwindem Trab die Straße nach Dellenhofen.
    Ich hingegen besann mich meiner Pflichten Melvinius gegenüber und leistete ihm einige Zeit lang Gesellschaft bei seinen Studien. Dabei versuchte ich, meine Erkenntnisse zu Meiko ein wenig zu sortieren. Aber noch immer blieb mir seine Geschichte rätselhaft. Warum trieb er sich ziellos im Wald herum? Warum folgte er Kristin und Clemens? Warum suchte er das Geheimnis der beiden herauszufinden, verriet sie aber nicht? Warum besuchte er so oft die Dame Caroline? War an Melvinius’ Vermutung – und die Frage hatte er ja indirekt gestellt – etwas Wahres, er könne der verschollene Sohn der Dame sein?
    Dieser Mann war ein Buch mit sieben Siegeln, und ein Kapitel war verwirrender als das nächste.

Ein aufschlussreiches Kapitel
    Auch Melvinius war am Fortschreiten der Malerei interessiert. Mich jedenfalls freute es, dass er am folgenden Tag wieder zur Basilika wanderte, obwohl aller Wahrscheinlichkeit nach heute Clemens die Arbeiten übernahm. Die beiden wechselten sich ja einen über den anderen Tag ab.
    Daher war ich milde erstaunt, Kristin eifrig pinseln zu sehen.
    Eifrig allerdings, aber der Faltenwurf, den sie gerade gestaltete, wirkte zitterig, und ihre Schürze war bekleckerter als sonst.
    Als Pater Melvinius sie grüßte, fuhr sie zusammen und ließ den Pinsel fallen. Er streifte meinen Rücken, und sie schlug die Hände vor den Mund.
    »Jungfer Kristin, was ist geschehen?«, fragte Melvinius sehr leise. »Ihr seht blass und übernächtigt aus.« »Es... oh, verzeiht, Pater...«
    »Legt Euer Handwerkszeug zusammen, und spaziert mit mir durch die Obstwiesen. Dort wird niemand unseren Gesprächen lauschen. Hier scheint Eure Arbeit heute sowieso nicht besonders erfolgreich zu sein.«
    Kristin nickte und legte die Schürze ab.
    Ich fühlte die Angst, die sie umgab. Also schlich ich auf leisen Sohlen hinter ihnen her. Erst als wir das Bienenhaus erreicht hatten, begann sie zu sprechen.
    »Clemens ist gestern verunglückt.«
    »Großer Gott, Kind, was ist ihm geschehen?«
    »Er war gestern in unserem Haus, wie immer, wenn ich hier arbeite. Er verlässt dann sein Zimmer nicht, damit es kein Gerede gibt, und stellt die nächsten Vorzeichnungen für das Fresko her. Es... es ist jemand ins Haus gekommen. Er hat es zunächst nicht mitbekommen, weil er vertieft in seine Arbeit war. Aber dann ist er aufgestanden und wollte zum Herd gehen. Da hat ihn jemand hinterrücks niedergeschlagen. Als ich nach Hause kam, lag er mit einer blutenden Kopfwunde vor der Feuerstelle. Ich... ich dachte, er sei tot!«
    Kristin unterdrückte ein Schluchzen, aber ihre Hände zitterten, und ich schlich mich an ihr Bein, um mich daran zu drücken.
    »Heilige Mutter Maria. Wer tat das?«
    »Er hat ihn nicht gesehen.«
    »Demnach ist er also zumindest wieder aufgewacht.«
    »Ja, ich habe mit kaltem Wasser sein Gesicht gewaschen und versucht, ihn aufzusetzen. Da kam er wieder zu sich. Aber er hatte erbärmliche Kopfschmerzen. Es flimmert ihm vor den Augen, und er muss liegen, weil ihm so schwindelig ist.«
    »Ein schwerer Schlag auf den Kopf zeitigt solche Beschwerden. Aber das mag bald vorübergehen. Wir werden den Infirmarius um

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