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Die Lauscherin im Beichtstuhl - Die Lauscherin im Beichtstuhl

Titel: Die Lauscherin im Beichtstuhl - Die Lauscherin im Beichtstuhl Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
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scheinen, jeder glaubt an den Gott, wie er ihn selbst gerne hätte.«
    Ein verblüfftes Lachen entfuhr Meiko.
    »Hast du etwa häretische Schriften gelesen, mein Sohn?«
    »Ich? Nein. Ich denke nur nach.«
    »Es sind erstaunliche Gedanken, die du dir da machst. Gott erscheint in vielen Gestalten. Da magst du nicht ganz falsch liegen. Pater Melvinius beispielsweise glaubt an einen weisen, allwissenden Gott, der die Welt nach seinem wohl durchdachten Plan geschaffen hat, in dem alles seinen Platz hat. Diakon Arnoldus hingegen sieht in ihm den strafenden Rächer, der jeden Verstoß ahndet und dessen forschendem Auge man sich tunlichst entziehen sollte, wenn man sich seiner kleinen Sünden hingibt. Und du, mein Junge?«
    Wie ein Pfeil von der Sehne schnellte Jehans Antwort von seinen Lippen.
    »Er ist wie ein gerechter Vater, der seine Kinder liebt und ihnen den Unfug verzeiht, den sie dann und wann machen.«
    Meiko lachte laut auf und drückte Jehan fest an sich.
    »Das ist eine wunderbare Vorstellung, Jehan. Halt an ihr fest.«
    »Und Ihr, mein Vater?«
    »Ich glaube nichts.«
    »Und ich glaube nicht, dass Er nichts ist.«
    »Wie kann ein dreizehnjähriger Junge seinen leiblichen Vater nur so in die Enge treiben.« »Entschuldigt. Ich bin nur neugierig.«
    »Ich werde dir irgendwann eine Antwort geben. Aber höre, die Glocken rufen schon zur Sext, es wird Zeit für mich, meiner Arbeit nachzugehen. Und die Dame Caroline wird sich Sorgen machen, wenn du so lange ausbleibst.«
    »Treffen wir uns morgen wieder?«
    »Nein, mein Sohn. Es ist zu gefährlich. Warte, bis ich wieder auf den Clarenhof komme.«
    »Na gut.«
    Meiko nahm seinen Sohn noch einmal in die Arme, sah dann zu, wie er sein Pferdchen bestieg und es behutsam durch den Wald leitete. Er folgte ihm langsam.
    Ich blieb noch einen Moment auf meinem Ast sitzen und versuchte, das Gehörte zu verdauen. Sie waren Vater und Sohn. Menschen wissen offensichtlich, wer ihre Mutter geschwängert hat, Katzen haben da so ihre Probleme. Wir kennen unsere Mutter. Aber selbst ein gemeinsamer Wurf kann von verschiedenen Katern stammen. Vielleicht ist das auch der Grund, warum uns die Vorstellung eines Gottvaters ziemlich absurd vorkommt. Meiko schien allerdings eine recht kätzische Einstellung zu haben, zumindest in dieser Angelegenheit. Hingegen – was das Feenhaar anbelangte, unterlag er gewiss einem Irrtum.
    Wunder gibt es nämlich. Nicht ständig.
    Aber manchmal.
    Und Feen auch!
     
    Es begann zu nieseln. Langsam und nachdenklich kehrte ich ins Klostergebiet zurück und kam in meiner Unaufmerksamkeit tatsächlich Laus und Wanze in die Quere.
    Kurzes Geplänkel, ein paar hässliche Schimpfworte. Hastiger Rückzug meinerseits.
    Schnurstracks ins Räucherhaus.
    Wanze warf sich an die Tür.
    Sie fiel zu und ließ sich von innen nicht mehr bewegen.
    Feuchtes Holz ist eben dicker als trockenes Holz. Ich saß zusammen mit einem Haufen toter Fische gefangen.
    Rattenpisse!
    Na gut, man muss das Beste aus seiner Lage machen. Erst mal war es noch einigermaßen warm, es war trocken, es roch gut, und Futter war auch greifbar. Ich war rechtschaffen müde von meinem vormittäglichen Ausflug, rollte mich also ergeben zusammen und versank in die Welt der Träume.
    Später hörte ich dicke Regentropfen auf das Dach plätschern, naschte einen halben Fisch und döste bei dem angenehmen Geräusch wieder ein.
    In heller Panik wachte ich auf.
    Melvinius würde mich vermissen!
    Er würde Angst um mich haben, und sein Herz würde holpern und stolpern.
    Ich musste hier raus!
    Splitter flogen vom Holz der Tür, als ich wie wild daran kratzte.
    Ich schrie auch, was das Zeug hielt.
    Musste eine Pause machen.
    Dann ein neuer Angriff auf die Tür.
    Kreischen!
    Die Tür flog auf, und ich schoss an Meiko vorbei in den pladdernden Regen.
    Erst da erkannte ich Melvinius, der neben ihm stand. Halt und zurück.
    Dicht an des Paters Beine schmiegen.
    Er hob mich hoch.
    Sein Herz polterte etwas, aber nicht zu schlimm. Meiko machte dumme Bemerkungen.
    »Habe ich Euch doch gesagt, diese Katze findet immer einen gemütlichen Unterschlupf. Ich werde ein festes Schloss an der Tür der Räucherkammer anbringen müssen, damit Ihr und Eure Brüder überhaupt noch etwas von den Fischen abbekommt!«
    »Tu das. Dennoch bin ich froh, sie wieder zu haben, Meiko. Was sind schon ein paar Fische.«
    »Ihr hängt sehr an ihr.«
    »Ja.«
    »Nun, Ihr habt sie wieder, und ich begleite Euch zurück zum Kloster. Ihr seid völlig

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