Die Lauscherin im Beichtstuhl - Die Lauscherin im Beichtstuhl
Melvinius im Bett liegt. Sie lassen dich nicht zu ihm rein, was?«
Er kraulte mich mit seiner verstümmelten Linken.
»Ist ein bisschen deine Schuld, du verfressene kleine Katze. Er hat dich gestern im Regen lange und verzweifelt gesucht.«
Ganz Unrecht hatte er nicht. Es war zwar weniger die Verfressenheit als die Neugier, aber meine Nachlässigkeit hatte mich in die dumme Lage gebracht, eingesperrt zu werden. Betreten sah ich zu Boden, und mein Schwanz schloss sich klugerweise meiner Meinung an und hing schlaff nach unten.
»Man könnte meinen, du verstehst mich, Mirza. Du siehst ja richtiggehend betroffen aus.«
»Mau.«
»Keine Angst, er kommt schon wieder auf die Beine. Es ist nur eine Erkältung, und er wird ausgezeichnet gepflegt. Wenn du möchtest, kannst du die Nacht in meiner Hütte verbringen. Draußen wird es jetzt schon recht kühl. Aber nicht wieder die Briefe und Geldbörsen unter dem Bett hervorzerren. Davon braucht niemand etwas zu wissen!«
»Mau.«
Nett vorgebrachten Bitten leiste ich natürlich Folge. In der Regel.
Ich blieb auf der Decke liegen, die er für mich vor dem Herd ausgebreitete hatte. Es war nicht ungemütlich.
Meine Schnurrhaare hatten mich nicht getrogen, der nächste Tag wurde sonnig, nachdem sich der Nebel verzogen hatte. Meiko wühlte im Kräutergarten, schnitt Büschel ab und band sie zusammen, um sie in der Sonne zu trocknen, ganz, wie die Moen es auch getan hatte. Andere vertrocknete Pflanzen grub er aus und warf sie auf einen Haufen.
Ich grub auch ein bisschen.
Aus Verdauungsgründen.
Er hatte den Boden herrlich aufgelockert!
Dann ein kurzer Besuch in der Meierei.
Ein Stückchen Käse lag herrenlos herum.
Nicht lange.
Als die Sonne ihren Höchststand erreicht hatte, wandte ich meine Schritte gen Waldrand. Ein rotes Eichhörnchen lud zum Spiel ein. Nicht, dass ich Eichhörnchen gerne fresse, sie haben so fusselige Schwänze. Aber sie können klettern, und das ist eine gute Übung. Außerdem haben sie einen wunderbar ordinären Wortschatz. Dieses hier schimpfte in allen Tonlagen, während es mich weiter und weiter in den Wald lockte. Ich lernte viel dazu. Die stumme Stella, die wieder sprechen gelernt hatte, war ein Waisenkind dagegen.
Später ruhte ich auf einem bequemen Ast aus und beobachtete von dort oben das Waldgeschehen. Ein Fuchs schnürte vorüber und warf mir einen fragenden Blick zu. Ich hatte kein Interesse an einer Auseinandersetzung und sah geflissentlich weg. Ein paar Waldtauben gurrten auf dem Nachbarbaum, ein junges Wildschwein stöberte mit seiner Nase nach verborgenen Pilzen unter dem Humus und grunzte befriedigt, als es fündig wurde. Es roch nicht besonders frisch. Es entfernte sich im Schweinsgalopp, als Menschenstimmen zu hören waren. Ich spitzte die Ohren.
Kristin, ein Korb mit Pilzen am Arm. Und der Herr von Rommerskirchen. Eine Armbrust über der Schulter.
»Schrecklich, Jungfer. Man kann den Menschen nicht mehr trauen. Wenn Ihr Wohnung bei uns nehmt, wird so ein heimtückischer Überfall nicht vorkommen, das verspreche ich Euch.
»Im Augenblick kann ich Euch nichts zusagen, Herr. Clemens geht es noch nicht besonders gut.«
»Ich verstehe. Er kann vermutlich deshalb in der Basilika nicht weiterarbeiten, und die Fertigstellung verzögert sich.«
Jetzt kamen sie näher, und das Erste, was mir auffiel, war Kristins hochrotes Gesicht. Ihr war offensichtlich gerade klar geworden, dass sie sich böse verplappert hatte.
»Er wird sich bemühen, so schnell wie möglich wieder auf die Beine zu kommen. Er ist sehr pflichtbewusst«, murmelte sie.
Sie blieben unter meinem Baum stehen, und der schöne Sivert hob mit einer Hand Kristins Kinn an.
»Jungfer Kristin, Ihr habt so hübsche rote Wangen. Warum habt Ihr gerade gelogen?«
»Ich... ich habe nicht gelogen.«
»Doch, doch. Soll ich raten? Ihr sucht eine Ausrede, um nicht auf das Gut ziehen zu müssen, nicht wahr?«
»Aber Herr, ich...«
»Gefällt Euch der Gedanke nicht, mit mir unter einem Dach zu wohnen?«
»Das hat damit nichts zu tun.«
Kristin wand sich unbehaglich. Sivert kam noch ein wenig näher.
»Ist Euer Bruder so streng mit Euch? Ihr habt keinen Freund, obwohl Ihr eine so schöne Frau seid, Kristin! Und ich hatte vergangene Woche das Gefühl, Ihr wäret einer kleinen Aufmerksamkeit gegenüber nicht unempfindlich.«
»Herr, den Eindruck wollte ich nicht erwecken.«
»Ihr tatet es aber«, schnurrte Sivert und legte Kristin den Arm um die Hüften.
»Bitte, lasst
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