Die Lauscherin im Beichtstuhl - Die Lauscherin im Beichtstuhl
Katzenhasser Arnoldus hatte sich offensichtlich auf Siverts Seite geschlagen. Da ich dem jedmögliche Boshaftigkeit zutraute, gab ich mir gewaltige Mühe, zu verstehen, was er weiter zu sagen hatte.
»Es wäre auch ein Ärgernis für Ermine. Sivert wird sich bald erklären, habe ich den Eindruck.«
Arnoldus gab ein hässliches Lachen von sich.
»Wenn nichts daraus wird, hättest du keinen Anspruch mehr auf Wohnung im Herrenhaus von Rommerskirchen.«
Johanna giftete zurück: »Deine bequeme Stelle könnte auch in Gefahr geraten. Keine Jagden, keine Gelage, keine nächtlichen Kartenspiele, keine gefüllte Börse...«
»Wir müssen nachdenken, Johanna.«
»Und zwar schleunigst. Bevor er etwas in die Wege leitet. Oder glaubst du, er hat schon etwas unternommen?«
»Er hat sich mit dem Maler und seiner Schwester angefreundet, scheint es.«
»Das ist uninteressant.«
»Ist es nicht, denn die bewohnen jetzt das Haus seiner alten Kinderfrau, der Moen. Sivert hatte seit einiger Zeit den Verdacht, dass sie seit dem Tod seines Vaters irgendetwas zu verbergen hatte. Es ging, nachdem sie gestorben war, das Gemunkel los, sie habe einen Schatz besessen. Welcher Art der auch immer war.«
»Die Moen ist tot. Sie hat Meinhard nichts mehr übergeben oder verraten können.«
»Vielleicht. Vielleicht aber doch. Briefe, Dokumente, was weiß ich, was sie sich unter den Nagel gerissen hat. Mit Siverts Vater hat sie mehr verbunden, als schicklich sein kann.«
»Man sollte ihn aus dem Weg schaffen!«, knurrte Johanna vor sich hin.
»Das wäre das Bequemste, da stimme ich dir zu. Aber ein Mann wie Meinhard, der sechzehn Jahre zur See gefahren ist und überlebt hat, wird sich als ein zäher Brocken erweisen.«
Die beiden standen nebeneinander, und es umgab sie eine Wolke brütenden Hasses. Mir stellten sich die Rückenhaare auf.
»Man könnte ihn vergiften«, flüsterte Johanna. »Wenn er schon mit diesem Malergesindel zusammen ist, kann man den Verdacht auf sie lenken. Einige dieser Farbpulver sind geradezu tödlich giftig!«
Stimmt, hatte Kristin mich vorgestern nicht selbst vor dem gelben Auripigment gewarnt? – Dieses Rattenhirn von einem Weib, diese Johanna.
Arnoldus hingegen grunzte nur unwillig.
»Gift! Warum denken Frauen nur immer an Gift?« »Wenn dir was Besseres einfällt...«
In diesem Moment öffnete sich die Tür zur Kirche, ein Schwall Weihrauchduft durchzog den Kreuzgang, und der Abt, gefolgt von zwei Mönchen, betrat den Säulengang. Arnoldus und Johanna fuhren auseinander und gaben sich den Anschein tiefster Kontemplation.
Abt Ignaz nickte den beiden zu und schritt, die Hände in den Kuttenärmeln verborgen, schweigend an ihnen vorbei. Seine Trabanten folgten ihm auf die nämliche Weise.
»Gehen wir, Johanna. Hier wird es jetzt zu belebt.« »Ja, denken wir in Ruhe nach. Sprich du mit Sivert. Aber halte mich auf dem Laufenden.«
Die beiden gingen in die Kirche zurück. Ich wäre ihnen gerne gefolgt, aber es kamen nun in der Tat mehr und mehr Mönche in den Kreuzgang. Darum blieb ich lieber noch ein wenig unsichtbar im Schatten hocken und wartete, bis sich die Menschen verlaufen hatten. Dann nahm ich den Weg durch die Küche, aber ich hatte weder Appetit noch Lust auf einen Schwatz mit Engelbert. Ich suchte mir einen stillen Platz in der Hecke zu den Obstwiesen und ordnete meine Gedanken.
Meiko war Meinhard – und anscheinend auch eine Weile in einem anderen Land mit anderer Zunge der Islandfischer Menard Romarus gewesen. In jener Zeitund in diesem Land musste er seinen Sohn Jehan gezeugt haben.
Jetzt war er hergekommen und beanspruchte offensichtlich das Revier von Sivert, dem Herrn von Rommerskirchen. In meiner kätzischen Welt würde das zu herben Auseinandersetzungen führen. Die aber hatte Meinhard bisher vermieden. Ja, wenn ich es recht bedachte, er hatte sich sogar am Tag zuvor sehr peinlich bemüht, dem Sivert nicht unter die Augen zu kommen, als er ihn mit Kristin im Wald überrascht hatte. Wahrscheinlich wartete er auf den rechten Augenblick, um ihn zum Kampf zu stellen. Sehr klug. Einerseits. Sehr unklug andererseits, da der Sivert offensichtlich eine Art Gefolgschaft um sich versammelt hatte, die ihm treu ergeben war. Ganz übel war die Tatsache, dass ausgerechnet der Diakon Arnoldus dazu gehörte.
Der aber war offenbar völlig skrupellos. Genau wie diese Johanna. Unseresgleichen trägt zwar seine Kämpfe aus, wir verpassen uns Schrammen, rupfen uns das Fell aus und zerfetzen uns
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