Die Lauscherin im Beichtstuhl - Die Lauscherin im Beichtstuhl
mich los!«
»Aber warum denn, schöne Kristin? Ihr findet mich doch hoffentlich nicht abstoßend?«
»Herr...!«
Er beugte sich vor, um mit seinem Mund ihre Lippen zu berühren. Das kannte ich inzwischen, so fing das mit der Paarung an. Aber Kristin war diesem Kater nicht geneigt. Ich fragte mich, warum sie ihn nicht kräftig anfauchte und ihm eins überzog. Sie machte sich lediglich ganz steif in seinen Armen, was das völlig falsche Zeichen war.
»Ihr wollt Euch ein wenig zieren, mein Täubchen?« Sivert packte fester zu und benagte sie noch einmal. Der Korb fiel zu Boden.
Ich spürte eine Veränderung hinter mir. Da war ein Mensch.
Vorsichtig drehte ich mich um und entdeckte zu meinem Erstaunen Meiko, der sich fast so lautlos wie eine Katze angeschlichen hatte. Er hielt sich verborgen hinter einem Baum und verbreitete ungewöhnlich zornige Schwingungen. Das war mehr, als die Kater erzeugten, wenn sie um ein Weibchen balgten. Außerdem vermied er es sorgfältig, sich bemerkbar zu machen. Er schien nachzudenken. Dann bückte er sich und hob zwei Tannenzapfen auf. Den einen warf er nicht weit auf ein Brombeergestrüpp. Es raschelte leise.
Sivert reagierte prompt. Er entfernte seine Lippen von Kristins Mund und lauschte. Da machte Meiko etwas höchst Seltsames, was mich tief beeindruckte.
Er grunzte nämlich wie eine wütende Wildsau. Ich dachte immer, Menschen seien der Tiersprache nicht mächtig. Aber er war ziemlich überzeugend, und die Beleidigung zeugte wahrlich von schweinischer Delikatesse. Dann warf er den zweiten Tannenzapfen. Sivert stieß Kristin von sich und riss sich die Armbrust vom Rücken.
Kristin aber, plötzlich befreit, drehte sich um und rannte los. Sie folgte dem ausgetretenen Pfad, während Sivert ihr verblüfft nachschaute.
Meiko hingegen entfernte sich so lautlos, wie er gekommen war.
Ich folgte ihm ebenfalls lautlos.
Wir holten Kristin am Waldrand ein, wo sie keuchend an einen Stamm lehnte. Längere, schnelle Läufe taten weder Mensch noch Katze gut.
Meiko hingegen schien sein zügiger Schritt nicht anzustrengen, er trat auf sie zu und fragte lässig: »Wieder von einem Luchs gejagt worden, Jungfer Kristin?«
Sie schreckte zusammen und starrte ihn an.
»Ihr seid völlig außer Atem. Es muss ein großes Tier gewesen sein. Ein gefährlicher Kater, Jungfer Kristin?«
»Meiko...«
»Immer zur Stelle, um bedrängte Jungfrauen zu retten.«
»Du spottest.«
»Ein wenig.«
»Was... was hast du gesehen?«
»Den Herrn von Rommerskirchen, Jungfer Kristin. Ihr scheint Euch sehr nahe gekommen zu sein. Ein heimliches Stelldichein im Wald?«
»Es ist ganz anders, als du denkst.«
»Natürlich. Das ist es immer, nicht wahr? Hat Euer Besuch auf dem Gut zu dem gewünschten Erfolg geführt?«
»Ja. Ja, sicher.«
»Den Ihr heute im Wald auskosten wolltet?« »Meiko, was denkst du von mir?«
»Dass Ihr eine gutgläubige Jungfer seid.«
»Ich sagte doch schon, es ist... Ach, was muss ich mich vor dir rechtfertigen!«
»Richtig, das müsst Ihr nicht. Aber ich will Euch dennoch eine kleine Warnung mitgeben. Der Herr von Rommerskirchen strebt die Ehe mit Ermine van Heege an. Sie wird den Clarenhof zur Mitgift bekommen. Ich fürchte, selbst wenn die Gefühle des Herren Sivert für Euch feuriger sein könnten als für die junge Frau, habt Ihr doch weniger für ihn zu bieten.«
»Ich habe genug für jeden Junker zu bieten!«
Kristin reckte trotzig das Kinn hoch.
»Sicher habt Ihr das. Aber dennoch seid Ihr für einen reichen Gutsherren von der Art des derzeitigen Herrn von Rommerskirchen keine standesgemäße Partie.«
»Meine Familie ist standesgemäß für jeden Gutsherren, und ich habe sogar schon den Antrag eines Adligen abgelehnt.«
»Er war siebenundachtzig, tatterig und senil, nehme ich an. Sonst hättet Ihr mit Freuden zugesagt!«
»Du bist ein missgünstiger Stiesel, Meiko. Was willst du mir eigentlich für Vorschriften machen?«
Sie wollte sich umdrehen und fortgehen, aber er hielt sie am Arm fest.
»Ich wollte Euch nicht böse machen, Kristin.«
Seine Stimme klang plötzlich sehr sanft. »Ich will Euch nur vor einem Fehler bewahren.«
»Ich kann auf mich selbst aufpassen.«
»Ja?«
Er hatte eine geschickte Art, der Gärtnerbursche. Ehe Kristin es sich versah, hatte er sie an sich gezogen, und diesmal sah das Berühren ihrer Lippen sehr zart aus. Es mochte wohl an ihrer Verblüffung gelegen haben, dass sie sich diesmal nicht steif machte, sondern sich nach einer kurzen
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