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Die Lauscherin im Beichtstuhl - Die Lauscherin im Beichtstuhl

Titel: Die Lauscherin im Beichtstuhl - Die Lauscherin im Beichtstuhl Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
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Begriff, denn sie können ja nur in Worten miteinander reden.«
    »Versuche Meiko zu warnen. Mehr kannst du nicht tun.«
    Frustrierend, aber richtig.
    Ich grübelte noch lange an diesem Tag, und es ermüdete mich unsäglich.
    Aber am nächsten Morgen hatte ich eine Idee. Sie war wirklich gut.
     
    Meiko hatte sich schon von seinem Lager erhoben und sich draußen aus dem Brunnen einen Eimer Wasser geholt, um sich zu waschen. Manchmal könnten einem die Menschen richtig Leid tun. Kaltes, nasses Wasser gießen sie sich über den nackten Leib. Kein Wunder, dass manche das verabscheuen und dann so streng riechen.
    Nun ja, ich gönnte mir eine gründliche Bürstenwäsche mit Massage und machte mich dann an die Arbeit. Das Ledertäschchen, in dem sich die Briefe befanden, die Meiko so wichtig waren, steckte wieder unter der Bespannung des Bettes. Ich zupfte und zerrte so lange daran herum, bis es vor mir lag. Ich bekam mit ein wenig Krallenarbeit eine der zusammengerollten Seiten heraus. Dann wartete ich, bis Meiko wieder in die Hütte kam und präsentierte ihm stolz mein Werk.
    »Mirza, schon wieder! Gib den Brief her!«, forderte er ungehalten.
    O nein. Den nicht!
    Ich spurtete los, die Rolle im Maul.
    Wenn ich will, kann ich sehr schnell sein. Schneller als ein Mensch, um das klarzustellen.
    Meiko raste hinter mir her.
    Ich sprang über den Zaun.
    Er auch. Mäusemist!
    Ich bin schnell, aber leider nicht ausdauernd. Also rauf auf das Dach der Meierei.
    Meiko brüllte hinter mir her.
    Aber er kam nicht rauf!
    Ich verschnaufte ein wenig. Dann weiter.
    An Jako vorbei. Der tobte.
    Auf das Backhaus. War zum Glück noch nicht angeheizt.
    Meiko schon! Er schnaufte.
    Und verlegte sich aufs Locken. Hörte sich gut an, aber ich musste hart bleiben. Als ich genug Luft hatte, machte ich mich an den letzten, schwierigsten Teil. Die lange Strecke über den schrecklich leeren Platz vor der Kirche.
    Meiko hatte mich vor der Kirchentür eingeholt. Ich ließ die Briefrolle fallen und kratzte auffordernd an der schweren Tür, die an diesem frühen Morgen noch geschlossen war.
    »Mirza, der Maler ist noch nicht da.«
    Er hob das Schreiben auf und verstaute es in seinem Wams.
    Ich kratzte weiter.
    »Melvinius ist auch nicht da drin. Die Laudes ist eben erst zu Ende.«
    Ich verlegte mich aufs Jammern. Wenn ich will, kann das ziemlich herzerweichend klingen.
    »Heilige Mutter Gottes, was ist nur in dich gefahren?«
    Aber Meiko war wirklich nicht ganz unsensibel. Er schüttelte noch einmal den Kopf und meinte dann: »Na, dann sollst du deinen Willen haben. Mal sehen, was du da drin anzustellen wünschst.«
    Er zog die Tür einen Spalt weit auf, ich warf ihm einen auffordernden Blick zu und schlüpfte hinein. Er folgte mir leise.
    Mein Ziel waren die Farbtöpfe.
    »Riechen die so gut wie Katzenminze und Baldrian, dass du dich unbedingt daran berauschen musst?«, fragte er, als ich vorsichtig die Tiegel abschnupperte. Dann hatte ich den mit dem gelben Zeug gefunden, das angeblich so giftig war, und schob ihn vorsichtig an den Rand des Bords.
    »Mirza!« Meiko griff zu, damit es nicht herunterfiel. »Vorsicht, verdammt! Das Zeug ist gefährlich!«
    Ich machte einen Buckel, sträubte mein Rückenfell und gab ein warnendes Fauchen von mir. So hätte ich meinen Kindern demonstriert, dass sie Pfoten und Nasen davon lassen mussten.
    Meiko jedoch verstand mich nicht, sondern betrachtete mich mit einem verwirrten Blick.
    »Versteh einer die Katzen!«, murrte er und verließ die Kirche.
    Ich trottete missmutig hinter ihm her und stieß an der Friedhofsmauer auf Diabolo, der das Geschehen offensichtlich beobachtet hatte.
    »Klappt nicht«, knurrte ich ihn an.
    »Menschen sind eben blöd.«
    »Sind sie nicht!«
    »Warum hat er dich denn nicht verstanden?« »Vielleicht bin ich zu blöd.«
    »Auch möglich. Aber dann halt du dich besser von ihnen fern!«
    Diabolo war wirklich keine Hilfe, so muffelig, wie er war. Ich streunte zum Bienenhaus und nahm dannKurs auf Melvinius’ Fenster. Vielleicht war es inzwischen wieder offen.
    Noch eine Enttäuschung.
    Der ganze Tag war eine Enttäuschung, denn es kamen auch weder Kristin noch Clemens vorbei, und Raguna hatte eine größere Revierrunde unternommen. Die Tür zum Räucherhaus war verriegelt, und das Schloss trug die Spuren von Meiko. Einzig der Sonnenschein war angenehm, und ich bereitete mir in dem Haufen aus den vertrockneten Kräutern und Blättern neben Meikos Hütte ein weiches Nest, um darin dem

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